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Amtsblatt Beckingen
Ausgabe 16/2025
Tourismus und Kultur
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Erinnerungen an RAD-Lager in Beckingen

Blick auf das einstige RAD-Lager (hier Berliner Lager) mit Wachposten in Beckingen

Bürgermeister Thomas Collmann (links) und Initiator Willi Ehrl bei einem Ortstermin am ehemaligen RAD-Lager in Beckingen

An einem Feldweg in der Beckinger Gemarkung „Grosbruch“, die sich auf der linken Seite der verlängerten Mühlenbachstraße in Richtung Margaretenhof befindet, stehen zwei aus Kalksteinen gemauerte Pfeiler, von denen einer noch bestens erhalten ist. Die meisten Spaziergänger sehen zwar die steinernen Zeugnisse der Vergangenheit, wissen aber nicht, um was es sich dabei handelt. Ein Blick in die von dem in der Nähe wohnenden, heimatverbundenen Mitbürger Willi Ehrl aufbewahrten geschichtlichen Unterlagen aus den Vorkriegsjahren gibt hierzu die Antwort. Die beiden Pfeiler gehörten zum Eingangstor der beiden ehemaligen Reichsarbeitsdienstlager in diesem Bereich. Der Reichsarbeitsdienst (kurz RAD genannt). entstand mit dem Gesetz vom 26. Juni 1935. In § 1 dieses Gesetzes wurde der Reichsarbeitsdienst als Ehrendienst am Deutschen Volke bezeichnet. Alle jungen Deutschen beiderlei Geschlechts waren verpflichtet, ihrem Volke im Reichsarbeitsdienst zu dienen. Der RAD sollte die deutsche Jugend im Geiste des Nationalsozialismus zur Volksgemeinschaft und zur wahren Arbeitsauffassung, vor allem zur gebührenden Achtung der Handarbeit erziehen. Der RAD war zur Durchführung gemeinnütziger Arbeiten bestimmt. Die Vorschriften über die Arbeitspflicht der weiblichen Jugend blieben einer besonderen gesetzlichen Regelung vorbehalten. Im Frühjahr 1938 erhielt die RAD-Abteilung 1096 in Mangelhorst bei Berlin die Order, dass sie in den Westen des Reiches verlegt werde. Ein paar Tage später wurden die Männer in einen Zug verladen. Das Ziel wurde wegen der strengen Geheimhaltung nicht bekanntgegeben. Ein Nach-Kommando zum Abbau und Verladen der Wohnbaracken blieb zurück. Bis zum Halt des Zuges am Beckinger Bahnhof war es, wie von einem Betroffenen später geschildert, „eine Fahrt ins Blaue“. Die eine Hälfte der Mannschaft bezog ihr Quartier im Saal des Gasthauses Müller (später Gläsener) in Beckingen, die andere im Saal des Gasthauses Jungmann in Haustadt. Eine paar Wochen später kamen endlich die in Berlin abgebauten Unterkünfte wie Zug- und Mannschaftsbaracken, Wirtschaftsbaracken, Abortanlage und Schuppen per Güterzug in Beckingen an. Mit Hilfe ortsansässiger Zimmerleute wurden die Gebäude auf dem bereits von Arbeitsmännern des Lagers Reimsbach vorbereiteten Gelände errichtet und die Notunterbringung in den Gasthäusern hatte ein Ende. Das neue Beckinger RAD-Lager bestand aus zwei Einheiten, nämlich dem Brandenburger Lager und dem Oldenburger Lager mit jeweils 160 Mann, die von ihren bisherigen Standorten, wie sie der Name bezeichnet, nach Beckingen verlegt wurden. Der Kontakt zur Bevölkerung war gut. Zweck der beiden Beckinger Lager war der Aufbau des Westwalls. Die Aufgaben der Mannschaften, denen Ordnungsdienst, Drill, Schulungen, Märsche und Reinigungstätigkeiten zur Disziplin auferlegt waren, bestanden aus dem Aushub von Gräben, Verlegen von Drainagerohren, dem Bau von Flächendrahthindernissen, Wegen, Wasserpumpen, Stollen und Bunkern sowie deren Tarnung. Zu den mühsamen Arbeiten gehörten auch solche wie das Zementschleppen und Fahren der Muldenkipper. Einsatzgebiete der Beckinger RAD-Leute waren in Beckingen selbst, Haustadt, Honzrath, Düppenweiler sowie Dillingen und Pachten. Ein Teil der Baracken des Lagers wurde später an den Sportplatz in Düppenweiler verlegt, ein anderer diente im Krieg als Unterkunft für französische Gefangene. Wenn auch heute das einstige Lagergelände mit Bäumen und Gebüsch überwuchert ist, soll es jedoch nicht ganz in Vergessenheit geraten. Bei einem Ortstermin mit Bürgermeister Thomas Collmann hat der geschichtsbewusste und für bleibende Erinnerungen an historische Stätten seines Heimatdorfes engagierte Rentner Ehrl als Initiator seine Vorstellung über das Aufstellen einer entsprechenden Info-Tafel als Erinnerung an einstige zum Ausdruck gebracht. Der Bürgermeister stimmte dem Vorschlag zu und wird neben der Tafel auch noch eine Ruhebank an dem historischen Ort in freier Natur, der zum Verweilen einlädt, aufstellen lassen. Ferner soll der viel begangene Wanderweg Beckinger Talblicke um das Teilstück des hier vorhandenen Weges sowie den Waldweg auf dem Reihersberg und den Deutschherrenpfad unter dem Begriff „Vom Ritterorden zur Industrie“ erweitert werden.