Titel Logo
Wochenzeitung für die Gemeinde Echzell
Ausgabe 32/2023
Vereine und Verbände
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Weltweit einmalige Storchen-Familie

In Niedersachsen haben sich ein Weißstorch und eine Schwarzstörchin gepaart und zwei Küken zur Welt gebracht, die inzwischen beringt sind und vielleicht bald das Nest verlassen. Eine solche Paarung wurde noch nie in freier Wildbahn dokumentiert.

Schwarzstörche und Weißstörche haben generell ganz andere Lebensweisen und bevorzugen unterschiedliche Lebensräume, Nistmaterialien und Beutetiere. Trotz dieser Hürden fand sich das Paar zusammen. Der stolze Vater ist der Wissenschaft bekannt – „Heinrich“ nistet seit 2019 in der Nähe der niedersächsischen Gemeinde Lüder, in vergangenen Jahren zusammen mit der Weißstörchin „Ilse“. Lokale Vogelexperten meinen laut NDR auch seine neue Partnerin zu erkennen: Zwar ist die Schwarzstörchin nicht beringt, dennoch meint der ehrenamtlicher Schwarzstorchbetreuer Arne Torkler, es sei wahrscheinlich „Isis“. Sie war in vergangenen Jahren demnach durch erfolglose, teilweise auch aggressive Kontaktversuche zu Weißstörchen aufgefallen. Ihre Annäherungsversuche wies Heinrich auch dieses Jahr erstmal zurück. Als Partnerin „Ilse“ aus dem Überwinterungsquartier aber nicht zurückkehrte, zeigte sich der Weißstorch offenbar für eine neue Liebe bereit.

Auch nach dem Beginn des Nestbaus gab es anscheinend noch Reibungsverluste. Kaum schmückte die Schwarzstörchin den Horst mit Moos, entfernte der Weißstorch dieses wieder und ersetzte es mit Gras. Immerhin: Das Nest stand am Ende und wurde im April mit drei Eiern belegt, aus denen einen Monat später zwei Küken schlüpften – eins mit weißem Kopf und grauem Körper, das andere mit grauem Kopf und schwarzem Körper.

Die Verschiedenheiten der Eltern zeigen sich auch in Sachen Nahrungsbeschaffung für die Jungvögel: So bringt Papa Storch vorwiegend Mäuse und Insekten für die Kleinen, während Mama für Fische sorgt. Schwarzstörche sind nämlich Kulturflüchter, die normalerweise in ungestörten Wäldern brüten und ihre Nahrung in Bächen suchen, erklärt Kai-Michael Thomsen, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Storchenexperte des Michael-Otto-Instituts im NABU. Dagegen sind Weißstörche Kulturfolger, die sich dem Menschen angepasst haben und auf Wiesen und Weiden nach Nahrung suchen. Deshalb ist eine solche Paarung laut Thomsen ungewöhnlich in freier Natur.

Auch Schwarzstorchexperte Torkler hebt die Einzigartigkeit dieser Verbindung hervor: „Die Laune der Natur hat hier komplett zugeschlagen.“ Das Paar sei zwar durchaus eine Sensation. „Trotzdem macht man sich natürlich Gedanken. So soll es nicht sein. Der Schwarzstorch gehört für mich in den Wald und nicht auf den Mast, um dann Hybriden auszubrüten“, sagt er. Dass es trotzdem dazu kam, könnte ein isolierter Fall von ungewöhnlichem Paar-Verhalten bei dieser einen Störchin sein. Oder aber auch ein Hinweis darauf, dass etwas mit dem Schwarzstorch-Bestand nicht in Ordnung sei.