Leben mit einem dementen Partner – Lesung in der Gemeindebücherei

Demenz – ein Wort, das Ängste weckt.

Eine Annäherung der ganz anderen Art an das Thema bot die Gemeindebücherei bei einer Lesung. Was Büchereileiterin Martina Weber aus dem Buch „Der heutige Tag“ von-Helga Schubert vorlas, machte sicherlich betroffen, aber nicht trostlos. Die Geschichte des Lebens der Autorin mit ihrem demenzkranken Mann zeigte, dass bei allen Höhen und vor allem Tiefen des Alltags doch die Liebe nicht verlorengehen muss, sondern andere Formen findet. Ohne Druck auf die Tränendrüse, Kitsch oder Verharmlosung schreibt Helga Schubert authentisch über das Fremdwerden genauso wie das Aufblitzen der Persönlichkeit, die der Partner früher war, Lachen und Weinen, Überforderung und Glücksmomente, die Tücken des Blasenkatheters, das empathische oder lieblose Verhalten von Bekannten und Familienmitgliedern, die Schwierigkeit, auch nur die allernötigsten kleinen Atempausen in der strapaziösen Pflege zu organisieren. Die zahlreichen ZuhörerInnen waren gefesselt von den Texten. Manche konnten aus persönlicher Betroffenheit oder beruflicher Erfahrung Vieles nachvollziehen.

Die Vertreterinnen des Arbeitskreises Demenz Wetterau hatten zwei ihrer Demenzstationen mitgebracht, an denen die BesucherInnen in der Pause ausprobieren konnten, wie schwierig es für Demente ist, auch die einfachsten Alltagsdinge zu bewältigen, z.B. Essen mit Messer und Gabel auf dem Teller zurechtzuschieben oder etwas zu malen. Wer gerade nicht mit dieser neuen horizonterweiternden Erfahrung beschäftigt war, hatte Gelegenheit zur Unterhaltung bei einem Imbiss in der Cafeteria – an Gesprächsstoff war kein Mangel.

Ein bewegender Abend, der Zugang zu einem heiklen Thema eröffnete und Berührungsängste abbaute.