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Mitteilungsblatt der Gemeinde Ehringshausen
Ausgabe 22/2024
Aus dem Rathaus wird berichtet
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Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz



Merkblatt zum datenschutzkonformen Betrieb von Tierbeobachtungskameras im öffentlich zugänglichen Raum in der freien Landschaft

Allgemeiner Grundsatz:

Das Betreten der freien Landschaft auf Straßen und Wegen sowie auf ungenutzten Grundflächen ist zum Zweck der Erholung allen gestattet (gem. § 59 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz)).

Das Betreten des Waldes ist grundsätzlich zum Zwecke der Erholung jedem erlaubt, so dass der Wald - selbst im Privateigentum - als öffentlich-zugänglicher Raum gilt, sofern kein erkennbares Betretungsverbot besteht (§ 15 Abs. 1 Hessisches Waldgesetz, § 14 Abs. 2 Bundeswaldgesetz).

Für die Überwachung von Flächen in der freien Landschaft (Feldflur und Wald) mittels einer Tierbeobachtungskamera (Wildkamera, Fotofalle, Drohne etc.) gilt Art. 6 Absatz 1 lit. f) Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO).

Gemäß Art. 6 Absatz 1 lit. f) DS-GVO ist die Verarbeitung nur rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen […].

Das rein private Betreiben von Tierbeobachtungskameras im öffentlich zugänglichen Raum und somit auch in der freien Landschaft, das heißt im Wald und in der Feldflur, ist datenschutzrechtlich grundsätzlich - auch z.B. zum Schutz von Eigentum - nicht erlaubt.

Liegt im Ausnahmefall ein berechtigtes Interesse des Überwachenden vor, dem kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse der von der Überwachung betroffenen Person entgegensteht, kann eine Überwachung mit einer Tierbeobachtungskamera zulässig sein.

Es gelten folgende Grundsätze:
  1. Für den Bereich des Waldes ist im Hinblick auf die forstliche Bewirtschaftung grundsätzlich davon auszugehen, dass in der Regel kein berechtigtes Interesse für eine Videoüberwachung vorliegt.
  2. Im Hinblick auf die Jagdausübung ist überwiegend nicht von einem berechtigten Interesse für eine Videoüberwachung auszugehen. Dies gilt gleichermaßen für Kirrungen, da grundsätzlich mildere Mittel anwendbar sind.
  3. Als mögliche Ausnahmen, die ein berechtigtes Interesse rechtfertigen, gelten Forschungsprojekte sowie hilfsweise der Einsatz von Tierbeobachtungskameras zur Verhinderung übermäßigen Wildschadens gemäß § 27 Bundesjagdgesetz (Anordnung zur Reduzierung des Wildbestandes durch die zuständige Behörde). Auch zur Seuchenbekämpfung in von Behörden ausgerufenen Gefährdungszonen kann der Einsatz der Tierbeobachtungskameras für eine notwendige Reduktion bzw. für unterstützende Detektionen hilfreich sein. In diesen Fällen sind ebenfalls die nachfolgenden Maßnahmen zu berücksichtigen.
  4. Beim Einsatz von Tierbeobachtungskameras im Rahmen von behördlich beauftragten oder genehmigten Untersuchungen wie Monitoringprojekten u.a. ist von einem berechtigten Interesse auszugehen.
  5. Vor Einsatz einer Tierbeobachtungskamera ist immer zu prüfen, ob mildere Mittel in Frage kommen (z. B. Wilduhren). Sofern mildere Mittel möglich sind, sind diese anzuwenden.
Umsetzungshinweise für den Einsatz von Tierbeobachtungskameras bei Vorliegen eines berechtigten Interesses:
  1. Eine Aufnahme von Menschen sollte äußerst unwahrscheinlich sein und mit allen verfügbaren Mitteln verhindert werden, z. B. durch

den Einsatz von Tierbeobachtungskameras, die selbständig erkennen, ob es sich bei dem Objekt um einen Menschen handelt und diesen Bereich vollständig aus dem Bild tilgt, • das Anbringen der Kamera auf maximal 1 Meter Höhe,

der Ausrichtung direkt auf den Boden,

der Ausrichtung gegen den Himmel (Vogelerkennungskameras zur Vermeidung von Vogelschlag z.B. an Windenergieanlagen)

  1. Bei der Einrichtung der Tierbeobachtungskamera ist auf Datensparsamkeit zu achten (z. B. keine Videosequenzen, Einzelbilder mit einigen Sekunden Abstand aufnehmen, geringe Auflösung der Kamera).
  2. Bereiche, die sich in unmittelbarer Nähe zu einer Grillstelle und insbesondere einem Spielplatz befinden, dürfen nicht überwacht werden.
  3. In unmittelbarer Nähe zu Wegen (z. B. zur wissenschaftlichen Vogel-, Wolf- oder Luchsbeobachtung) müssen besondere Maßnahmen getroffen werden, um Aufnahmen von Personen zu verhindern (z. B. ggf. Ausrichtung auf den Boden oder in den Himmel, ggf. Überwachung ausschließlich nachts).
  4. Ist die Überwachung von Tieren bei Nacht geplant, ist die Kamera tagsüber auszuschalten.
  5. Die Hinweisbeschilderung mit den Informationspflichten gem. Art. 13 DS-GVO (u. a. Name und Kontaktdaten des Verantwortlichen, Zwecke und Rechtsgrundlage der Datenverarbeitung) muss gut sichtbar angebracht werden (Beispiel, siehe Anlage 1).
Speicherung:

Gespeicherte Daten sind unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht weiter erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen Betroffener einer weiteren Speicherung entgegenstehen (vgl. Art. 17 Abs. 1 lit. a) DS-GVO). Der Europäische Datenschutzausschuss geht von einer Speicherdauer von maximal 72 Stunden aus (Guidelines 3/2019 on processing of personal data through video devices, Adopted on 29 January 2020, Rn. 121).

Ein Verstoß gegen die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung sowie eine mangelnde Transparenz (fehlende Hinweisbeschilderung) erfüllen den Bußgeldtatbestand nach Art. 83 Abs. 5 DS-GVO und können mit bis zu 20.000.000 € oder im Fall eines Unternehmens von bis zu 4 % seines gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahrs verhängt werden, je nachdem, welcher der Beträge höher ist.