Nach einer kurzen musikalischen Einleitung, begrüßte Ulrich Messerschmidt aus Dillheim die 50 Besucher im kleinen Saal der Volkshalle Ehringshausen mit einem „Buen Camino“. Das ist der Gruß der Pilger auf dem Jakobsweg und Ulrich Messerschmidt hat ihn oft ausgetauscht, denn er ist seit 2007 auf Pilgerwegen durch Deutschland, Frankreich, Spanien und Portugal unterwegs gewesen. 8.000 km hat er bis 2023 absolviert.
Im Mai 2023 ist er gemeinsam mit Karin Stopperka auf dem Camino Francés bis zum „Ende der Welt“ gelaufen. Sein Vortrag beschrieb diesen Weg mit vielen Bildern.
Seit dem 11. Jahrhundert schnürten bereits Millionen Menschen ihr Bündel und begaben sich auf den Weg zur Grabstätte des Heiligen Jakobus oder Santiago, wie er in Spanien genannt wird. Der Jakobsweg ist eine tausendjährige Pilger-Route, die in die galicische Hauptstadt (Santiago de Compostela) führt, um das Grab des Apostels Jakobus in der Kathedrale der Stadt zu besuchen.
Es gibt nicht nur einen Jakobsweg in Spanien. Ganz Europa ist mit Jakobswegen überzogen. Aus dem Osten kommt die Via Baltika. Aus dem Norden kommt die Via Skandinavia. Auch aus England die ikonische Pilgerroute.
Der schönste Weg ist mit rund 1000 km die Via de la Plata, die in Sevilla in Andalusien anfängt und über Caceres Salamanca in Santiago endet.
Der zweite Hauptweg in Spanien ist der Camino Norde, auch Küstenweg genannt. Er führt entlang des Golfs von Biskaya über Bilbao Santander und ist sehr schön, aber auch sehr anstrengend.
Der bekannteste und am meisten gegangene ist der Camino Francés, der von der französischen Grenze über 800 km durch Nordspanien führt. Er beginnt in dem französischen Ort Saint-Pied de Port, von dem aus es steil aufwärts in die Pyrenäen geht. Diesen Weg hat Ulrich Messerschmidt in seinem Bildervortrag beschrieben.
Kurz vor dem Ziel in Santiago de Compostela laufen die verschiedenen Jakobsweg-Routen zusammen und erreichen gemeinsam das langersehnte Ziel: Die berühmte Kathedrale von Santiago.
Hier kann sich die „Compostela“ abgeholt werden, eine Urkunde, die dem Pilger den Besuch der Kathedrale von Santiago de Compostela und damit das Ende ihrer Wallfahrt auf dem Jakobsweg bescheinigt.
Um die Compostela zu erhalten, muss man zumindest die letzten 100 km zu Fuß oder 200 km mit dem Fahrrad zurückgelegt haben. Als Nachweis dafür dient der Pilgerausweis und es müssen pro Tag 2 Stempel gesammelt werden.
Von Santiago bis zum Cap Finestere sind es noch einmal 90 km. Hier endet der Camino Frances am Kilometerstein 0 km.
Der Pilgerausweis und eine Jakobsmuschel sind die beiden Kennzeichen der Pilger auf dem Jakobsweg: die Jakobsmuschel hängt am Rucksack und der Pilgerausweis wird benötigt, um in den staatlichen Herbergen übernachten zu dürfen.
Früher wurden für die Pilger Räume in Kirchen und Klöster bereitgehalten. Als immer mehr Pilger unterwegs waren wurden auch gemeindeeigene Räume zum Übernachten zur Verfügung gestellt, wie Amtsstuben oder auch mal der Bereitschaftsraum der Feuerwehr. Der Jakobsweg verläuft meist durch dünn besiedelte Gegenden mit kleinen Ortschaften. Die jungen Leute arbeiten in den Städten und die älteren vermieten oft Räume als Privatpension an Pilger, was gerne angenommen wird.
Ulrich Messerschmidt verstand es, seine Begeisterung für das Pilgern seinen Besuchern zu übermitteln und er gibt zu, dass Pilgern süchtig macht. Wurden 2001 noch 60.000 Pilger gezählt, so hatte sich die Zahl bereits 2007 beinahe verdoppelt auf 117.000. 2022 waren es schon 438.000 und 2023 sogar 446.000.
Zu keiner Reise passt der Spruch „Der Weg ist das Ziel“ besser als zu einer Pilgerwanderung. Als Pilger wird man sich bald des Besonderen eines jeden neuen Tages bewusst, Jeder Tag markiert einen Anfang, ist Geschenk und Aufgabe zugleich.
Die Dinge gelassen annehmen so wie sie sind, manchmal erweisen sich Umwege im nachhinein als Bereicherung.
Jeder kann auf dem Jakobsweg zu sich selbst finden. Manche beschreiben es so:
Anfangs die Frage: was mach ich da eigentlich und warum? Aber nach ein paar Tagen kamen Kraft, Kondition und ein freier Kopf. Es gibt viele schöne Momente, jedoch auch Momente der Verzweiflung, das Aufgeben wollen… - es ist immer wieder eine Herausforderung, sich diesem zu stellen.
Qual und Offenbarung - das eine am Anfang, das andere am Ende. Der Camino gibt einem nicht, was man will, sondern was man braucht, nur das muss man erst lernen.
Der zum Abschluss gezeigte Film über den Jakobsweg, konnte die Strapazen und Gefühle einer solchen Wanderung noch einmal verdeutlichen.
Ulrich Messerschmidts beendete seinen Vortrag mit den Worten:
Dieser Weg ist hart und wundervoll.
Er ist eine Herausforderung und eine Einladung.
Er macht dich kaputt und leer, und er baut dich auch wieder auf.
Er nimmt dir die Kraft und gibt sie dir dreifach zurück.
Der Beiratsvorsitzender Rolf Westerhausen bedankte sich für den kurzweiligen Vortrag bei Ulrich Messerschmidt und überreichte für ihn und seiner Frau Edda jeweils einen Gutschein zum Senioren-Mittagstisch.
Der nächste Vortrag findet wieder in der kleinen Volkshalle am Dienstag, 6. August um 16.00 Uhr statt. Diesmal geht es um „Frühjahrserwachen in Holland und Belgien“ unterwegs mit dem Schiff von Düsseldorf - Nijmegen - Rotterdam bis Antwerpen.