Wissenbach sollte schon 2020 Austragungsort des Kreisfußballtages sein. Guter Anlass dafür war das 100-jährige Bestehen des dortigen SSV. Das Jubiläum sollte eigentlich gebührend gefeiert werden. Dann kam Corona. Turnusgemäß vier Jahre später sind wir nun mit dem Kreisfußballtag endlich in Wissenbach - und das ist gut so: Dort hat derweil - wie wohl in allen Vereinen des Fußballkreises - die „Mannschaft hinter der Mannschaft“ die Herausforderung angenommen, unter erschwerten Bedingungen den Klub am Laufen gehalten, das Training ganz anders gestaltet, viel Neues ausprobiert und nicht nachgelassen. Im Gegenteil!
Nach all den Absagen und Ausfällen kam in Wissenbach mitten in Corona die Idee, einen Jugendförderverein für die Nachwuchsarbeit in Eschenburg und Dietzhölztal zu gründen. Unter Corona hat der SSV einen Kunstrasenplatz für mehr als eine halbe Million Euro gebaut - in eigener Regie und in eigener Verantwortung.
Der Kunstrasen im Hans-Haas-Weg dürfte weithin das einzige Stadion sein, das sich weitestgehend selbst rechnet. Hätte die Gemeinde die halbe Million investiert, wäre die Sportstätte dauerhaft teuer geworden für die Allgemeinheit. Denn nach der Investition, für die man erst das Geld aufbringen muss, folgt in den nächsten 25 Jahren der Aufwand namens Abschreibung.
Das kannte in Eschenburg noch niemand, als die Gemeinde 2001 in Eibelshausen und Simmersbach gleich zwei Kunstrasenplätze auf einmal gebaut hatte. Das ging damals ohne Zuschüsse, aber mit Gewerbesteuer-Nachzahlungen in Millionenhöhe. Mit Beginn der doppelten Buchführung - bei uns war das 2008 - musste die Abschreibung nicht nur dargestellt, sondern auch erwirtschaftet werden. Für das Holderbergstadion waren das jährlich 33.718,60 € und für den Kunstrasen Simmersbach 19.043,00 € Jahr für Jahr. Zusammen jährlicher Aufwand in Höhe von 52.761,60 € für „nix und wieder nix. Das Geld kann man nachhaltiger in die Nachwuchsarbeit investieren, meine ich. Den Gremien der Gemeinde wurde klar, dass die Kommune selbst keinen Kunstrasenplatz mehr bauen kann im Alleingang. Die Abschreibungen bringen uns sonst ins absolute „Abseits“.
Der SSV Wissenbach indes hatte sich schon 2015 getraut, beim Bundesprogramm SJK einen Antrag zu stellen und ließ sich von der Absage nicht entmutigen. Sportfreund Hans Haas hinterließ dann dem SSV Wissenbach eine Erbschaft als Startkapital für den Stadionbau. Kreis, Land und Sportbund halfen mit brauchbaren Zuschüssen. Viel Eigenleistung, Spenden und Solidarität bildeten das Fundament für die Finanzierung. Für die letzte Lücke nahm der SSV ein Darlehen auf, dessen Schuldendienst nun die Gemeinde stemmen kann. Diese rd. 7.000 € jährlich sind leichter aufzubringen als das Dreifache an Abschreibung.
Für das Ergebnis ist die Ergebnisrechnung entscheidend - und die läuft bei Kommunen anders als bei Konzernen. Die Zukunft ist eine Frage der Waage: Es geht nicht mehr darum, Geld zu verteilen oder von Gebühren zu befreien, sondern es geht darum welchen Aufwand wir wie aufwiegen und (er)tragen können.
In Eschenburg geht dieser „Ausweg aus dem Abschreibungs-Abseits“ weiter: Der SV "Grün-Rot" Eibelshausen ist daran, das Holderbergstadion ebenso zu sanieren. Das hilft uns allen.