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Wochenzeitung für die Gemeinde Eschenburg
Ausgabe 39/2022
Goure
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Kommunale Intelligenz: Gemeinsam vorgehen statt einander vorführen

Ich hielt das 125 Seiten umfassende Büchlein mit dem Titel „Kommunale Intelligenz“ erst für eine politische Schrift. Doch der Autor Gerald Hüther, Jahrgang 1951, ist ein deutscher Hirnforscher, neudeutsch: Neurobiologe, dem die Fachwelt nicht selten vorwirft, dass er verständlich schreibt. Das mag ich. Erst Verständlichkeit und Verständnis schaffen Verstehen. Umdenken beginnt im Kopf. Das menschliche Hirn hat, trotz seines durch die Schädeldecke begrenzten Wachstumsmöglichkeiten, eine Lösung gefunden: Verbesserung der Verknüpfungen unter den Nervenzellen. Auf eine Stadt oder eine Gemeinde übertragen bedeutetet das: Nicht mehr Geld, mehr Bürger, mehr Gewerbe…sondern das mehr an Miteinander lässt uns wachsen.

Soweit ging mein Verdacht auch schon, aber Hüther beschreibt verständlich, wie Kinder Miteinander erlernen und weshalb Kommunen die nachwachsende Generation schlau und stark werden lassen und einen sozialen Lernraum bilden. Den besten Freiraum fürs Erfahrungslernen ist, so Hüther, nicht die Schule, sondern die Kommune. „Und das größte Spektrum an Vorbildern mit unterschiedlichen Kompetenzen, inneren Einstellungen und Haltungen, an denen sich Heranwachsende orientieren, die sie für sich auswählen, denen sie nacheifern können, bietet nicht die Kleinfamilie, sondern die Kommune.“ Negative Erfahrungen hindern den Horizont unseres Hirns. Hüther: „Der Frontallappen in unserem Gehirn, in dem ursprünglich einmal die innere Einstellung verankert worden war, dass wir Gestalter unseres Lebens sind, hat sich bei vielen unserer Zeitgenossen zu einem Jammerlappen verformt.“ Dabei will ich nicht stehen bleiben, sondern das Buch in Ruhe zu Ende lesen. Wie eine Beteiligung von Kindern und Jugendlichen eine Kommune zu einer „Problemlösungsgemeinschaft“ machen kann, weiß ich. Ein früherer Bürgermeister-Kollege riet: Wenn Du nicht mehr weiter weist, dann geh morgens um halb zehn in einen Kindergarten… da kommt immer Freude auf. Und man bekommt die Zukunft wieder in den Blick.

Ähnlich habe ich es kürzlich erlebt, als ich das Gefühl hatte, jede Frage ist eine Falle. Hier geht es nicht um die weitere Vorgehensweise – am besten zu gemeinsamen Zielen -, sondern ums Vorführen. Zum Glück gibt es in Kommunen Schulen. In dem Fall war es die Klasse 9R2. Die hatte eine Liste mit 14 Fragen, bei denen ich immer das Gefühl hatte: Die haben noch etwas vor. Die haben Erwartungen, Wünsche, Visionen. Und fragen ehrlich, wie man die Zukunft gemeinsam gestalten kann. Das hat mir Mut gegeben: Die wahren Experten zum Thema Zukunft sind unter uns! Miteinander geht nur Miteinander.

Ihr
Götz Konrad
Bürgermeister