Geschichte ist nie „rum“. Mit der „Gnade der späten Geburt“ hat Helmut Kohl gewiss nicht gemeint, dass irgendwann „auch mal gut sein muss“. Dafür war sich der Altkanzler zu sehr der Verantwortung für die (gemeinsame) Zukunft bewusst. „Ein Volk, das seine Geschichte nicht kennt, kann die Gegenwart nicht gestalten und die Zukunft nicht gestalten“, hat er (und andere ähnlich) gesagt, aber der Tonfall ist mir im Ohr geblieben.
„Dass sowas von sowas kommt“, ist nach Nenas Lied „99 Luftballon“ die Botschaft, sich mit dem Thema Krieg zu befassen. Auch 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs sind noch lange nicht alle Schicksale geklärt. Auch wir haben Kriegsgräber auf unseren Friedhöfen, auf denen noch nicht mal ein Name steht, sondern „Unbekannt“.
Für 17 Einzelgräber und acht Quadratmeter Sammelgrabfläche bekommt die Gemeinde vom Land 421,50 € für die Pflege. Das ist, wie der Volkstrauertag, eine staatliche Veranstaltung - und bleibende Verpflichtung. Unter den Toten sind nicht nur bekannte Kriegsopfer wie der junge Pilot Willi Ehrecke, der im Luftkampf am 21.03.1945 abgeschossen wurde und - nachdem er es noch aus dem Flugzeug geschafft hatte - am Fallschirm von alliierten Fliegern getötet wurde. Der Tod der Zwangsarbeiter, die in den Massengräbern beerdigt worden sind, ist eine stille Tragödie gewesen. Wer ungeklärten Schicksalen heute noch nachspürt und in den Wirren des Weltkrieges durchblicken möchte, ist Claudio Becker. Geschichte ist für den Mann aus Sinn mehr als ein Hobby. Das hat er schon vor 20 Jahren beim Buch „Der Luftkrieg im Dillgebiet“ gezeigt, an dem er nicht nur mitgewirkt hat, sondern das Quellen-Studium fortsetzte. Vor Jahren konnte uns Claudio Becker von einigen Zwangsarbeitern berichten, die von Breitscheid nach Eibelshausen verlegt wurden und hier beigesetzt worden sind. „Spurensuche - Vergangenheitsbewältigung 80 Jahre nach Kriegsende“ ist das Thema des Vortrags. Unter www.eschenburg.de/volkstrauertag werden wir die ausführlichere Ausarbeitung später veröffentlichen. Die Gedenkfeier der Gemeinde am Sonntag um 14 Uhr ist eine gemeinsame Spurensuche, Verpflichtung für die Geschichte und Mahnung für die Zukunft.