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Geisaer Zeitung
Ausgabe 18/2023
Gestaltung Seite 9
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30 Jahre Wasser- und Abwasserverband (WVS) Bad Salzungen

Viele Gäste waren der Einladung zum 30jährigen Jubiläum des WVS gefolgt

Werkleiter Heiko Pagel begrüßte die Gäste beim offiziellen Festakt

Bad Salzungen. Vergangene Woche feierte der WVS Bad Salzungen sein 30jähriges Bestehen mit einem offiziellen Festakt und einem Tag der offenen Tür für die Familien auf der Kläranlage in Bad Salzungen. Auch die Stadt Geisa ist seit 1993 Mitgliedskommune im Verband. Geisas Bürgermeisterin Manuela Henkel gratulierte stellvertretend Werkleiter Heiko Pagel zum Jubiläum und bedankte sich für die gute Zusammenarbeit. „In den letzten drei Jahrzehnten haben wir gute Projekte für das Geisaer Land gemeinsam umgesetzt“, so Henkel. Aktuell setzen die Stadt und der Verband die Gemeinschaftsmaßnahme im Papiermühlenweg in Geisa um. Ebenso schließt der WVS Straßen in Geismar an das Netz an. „30 Jahre Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung in der Region sind einmal mehr ein Anlass, den Verband zu präsentieren, die letzten drei Jahrzehnte Revue passieren zu lassen und über künftige Herausforderungen zu sprechen“, so WVS-Werkleiter Heiko Pagel.

Herausforderungen nach der Gründung

Um 30 Jahre WVS Revue passieren zu lassen, muss bei der Zeit nach der Wiedervereinigung Deutschlands begonnen werden, in der die Städte und Gemeinden der ehemaligen DDR vor großen Herausforderungen, neuen Erfüllungspflichten und Selbstverwaltungsrechten standen. So auch bei der Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung. Die bezirksweiten volkseigenen Betriebe des VEB WAB mussten in neuen Strukturen wirtschaftlich aufgefangen werden. „Im Zuge dessen hat man sich dazu entschlossen, mit dem Wasser- und Abwasserverband Bad Salzungen einen kommunalen Zweckverband zum 1. Januar 1993 zu gründen, in dem sich damals 32 Städte und Gemeinden im Altkreis Bad Salzungen zusammengeschlossen haben“, berichtete Pagel. Von dem „Blauen Wunder“ war damals die Rede als die erste Übertragungsbilanz und der Übernahmevertrag bei der Verbandsgründung Schwarz auf Weiß vorlagen. Damit war die Zeit für Neugestaltung und Strukturaufbau gekommen.

Die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung musste damals zwar nicht neu erfunden werden, es gab jedoch in beiden Bereichen einen erheblichen Erneuerungsstau im Altbestand. Im Trinkwasser gab es damals schon eine funktionierende Versorgungsstruktur, die einen nahezu 100-prozentigen Anschlussgrad an die öffentliche Wasserversorgung gewährleistete. Die zu DDR-Zeiten errichteten Anlagen – zum Beispiel das Gruppenwasserwerk in Barchfeld, die angebundenen Fernleitungen sowie eine Vielzahl von Hochbehältern - bilden zu großen Teilen noch heute das Rückgrat der Gruppenwasserversorgungen des Verbandes. Die Abwasserbeseitigung fand in den vorhandenen Kläranlagen in Bad Salzungen und Frauensee statt. Die Klärwerke entsprachen natürlich noch nicht dem heutigen Stand der Technik. Das Kanalnetz, sofern vorhanden, war überwiegend veraltet. Zahlreiche Abwassernetzschäden und Kanaleinbrüche galt es zu beseitigen. Auf den Grundstücken waren mechanische Kleinkläranlagen im Einsatz, die einen schlechten Reinigungsgrad aufwiesen und für eine hohe Belastung der Gewässer sorgten. Die Mitgliedsgemeinden vertrauen dem WVS damals wie heute wesentliche Teile der öffentlichen Daseinsvorsorge an. Deshalb investiert der Verband bis heute in die Sanierung, Modernisierung und in den Ausbau des Ver- und Entsorgungsnetzes.

Zukunftsoffensive des Verbandes

Der Verband startete 1994 seine Zukunftsoffensive und begann mit der Umsetzung der ersten Etappe der EU-Kommunalabwasserrichtlinie, mit der bis heute daran gearbeitet wird, die Belastung der Gewässerqualität durch unzureichend gereinigtes Abwasser zu verhindern. „Kommunales Abwasser, das nicht ordnungsgemäß gesammelt und behandelt wird, ist eine der Hauptquellen für die Verschmutzung der Gewässer. Deshalb ist grundsätzlich eine Zweitbehandlung dieses Abwassers erforderlich“, erläutert Pagel. Im Rahmen der EU-Vorschrift übernahm der Verband die damals noch im Bau befindliche Kläranlage Meimers von der Stadt Bad Liebenstein, stellte die Bauarbeiten fertig und nahm die Anlage in Betrieb. Anschließend wurde bis 1998 die Kläranlage Bad Salzungen erstmalig mit einer biologischen Reinigungsstufe ausgebaut. Bis 2005 folgte die Umsetzung der zweiten Etappe der EU-Vorschrift zur Behandlung des kommunalen Abwassers in den Gebieten bis 2.000 Einwohner. Die zentralen Kläranlagen Barchfeld, Dorndorf, Dermbach, Vacha und Unterbreizbach wurden gebaut. „Mithilfe der EU-Fördermittel war es überhaupt erst möglich, die Kanalisationen und Klärwerke zu bauen - und unserem Auftrag als Verband nachzukommen, für eine ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung zum Schutz der Umwelt zu sorgen,“ berichtet Pagel. Die derzeit geltende Richtlinie ist heute auch mehr als 30 Jahre alt. Seit ihrer Verabschiedung hat sich die Qualität der Gewässer erheblich verbessert.

Demonstrationen und Stimmungswandel

Die Öffentlichkeit begehrte in den Jahren 2002 bis 2004 jedoch gegen den geplanten Kläranlagenbau auf. Bürgerinitiativen richteten Plakataktionen gegen den Verband. „Auch gegen die Dimensionierung der Anlagen und die mit dem zentralen Anschluss verbundenen Abwasserbeiträge wurde protestiert. Die Bilder der Demonstrationen wirken bis heute nach. Eine herausfordernde Zeit für den Verband und seine Mitarbeiter“, weiß Pagel, der 2007 den Posten als Werkleiter übernahm. Intensive Gespräche sowohl in Einwohnerversammlungen, im Verbraucherbeirat als auch in den Verbandsgremien der Verbandsversammlung und des Werksausschusses wurden zu geplanten Investitionen geführt. „Das Stimmungsbild wandelte sich mit der Zeit und das Verständnis in die Notwendigkeit der Maßnahmen wuchs. Heute sind die Bürgerinitiativen Befürworter des Kläranlagenbaus in unserer ländlichen Region,“ weiß der Werkleiter des WVS.

Daseinsvorsorge aus öffentlicher Hand

In den letzten 30 Jahren sind zahlreiche Baumaßnahmen umgesetzt und Großinvestitionen getätigt wurden. Heute zählen 24 zentrale Kläranlagen, davon die in Buttlar, Ketten, Geismar und Kranlucken sowie 11 Trinkwasseraufbereitungsanlagen sowie zahlreiche Pumpwerke, Trinkwasserhochbehälter, Stauraumkanäle, Regenüberlaufbecken und 1.385 Kilometer Versorgungsleitungen und 765 Kilometer Kanal zum Trinkwasser- und Abwassernetz des Verbandes. Das Ver- und Entsorgungsgebiet hat sich durch Zusammenschlüsse mit benachbarten Zweckverbänden sowie infolge von Gemeindefusionen über die Jahre vergrößert. Als Zweckverband der kommunalen Daseinsvorsorge zählen heute 19 Städte und Gemeinden zu den Mitgliedern des WVS. Darunter: Bad Liebenstein, Bad Salzungen, Barchfeld-Immelborn, Birx, Buttlar, Dermbach, Empfertshausen, Geisa, Gerstengrund, Kaltennordheim, Krayenberggemeinde, Leimbach, Oberweid, Oechsen, Schleid, Unterbreizbach, Vacha, Weilar und Wiesenthal. Heute versorgt der WVS rund 73.000 Menschen der Region mit sauberem Trinkwasser und kümmert sich um die fachgerechte Entsorgung der Abwässer - im Einklang mit einem nachhaltigen Schutz der Ressourcen und der Umwelt. „Rund um die Uhr haben wir unsere Anlagen und Leitungen im Blick. Mit zahlreichen Baumaßnahmen, modernster Technik und dem naturnahen Ausbau der Infrastruktur leisten wir einen wichtigen Beitrag für nachhaltige Entwicklung der Region“, so Pagel.

Ziele und Herausforderungen

„Die Funktionsfähigkeit unserer Infrastruktur stetig aufrecht zu erhalten, ist die Zukunftsvorsorge für unsere Kinder und Enkelkinder“, sagt Pagel. Die Krisen der heutigen Zeit haben vor Augen geführt, dass stabile Daseinsvorsorge ein hohes Gut und nicht selbstverständlich ist. Die Ver- und Entsorgungsstabilität auch in Zeiten von Energiekrisen zu sichern, wird zu einer weiteren Zielgröße für den Verband. Beim Schutz der Umwelt und der Ressourcen muss sich der WVS zudem auf strenge Regularien einstellen. „Wir beschäftigen uns intensiv mit der Wasserrahmenrichtlinie, der neuen Trinkwasserverordnung, mit den Vorgaben zur Verwertung von Klärschlamm“, zählt Heiko Pagel auf. Des Weiteren gilt es, die Auswirkungen des Klimawandels genau zu beobachten und entsprechende Anpassungsstrategien in der Wasserversorgung zu entwickeln. „Bei dem Thema Digitalisierung befinden wir uns gerade in der Testphase für die Einführung elektronischer Wasserzähler, die viele Vorteile für die Kunden und uns mitbringen. Und auch die Elektromobilität zieht mehr und mehr in den Verbandsalltag ein“, so Pagel.