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Geisaer Zeitung
Ausgabe 22/2024
Gestaltung Seite 2
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Vorwort Bürgermeisterin Manuela Henkel

Bürgermeisterin Manuela Henkel

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

wenn man Verantwortung hat, dann muss man abwägen, das große Ganze im Blick behalten und Entscheidungen treffen. In der Kommunalpolitik gibt es viele erfreuliche Entscheidungen, Vorhaben und Projekte, wie z. B. den Erhalt von Fördermitteln, den Banddurchschnitt einer sanierten Straße, die Einweihung eines neuen Gebäudes oder die Anschaffung eines Feuerwehrautos. Es gehören aber auch unbequeme Entscheidungen dazu, zu denen die Kommunen auch aufgrund äußerer Umstände gezwungen werden und die mir und dem Stadtrat nicht immer leichtfallen.

2018 hat das Bundesverfassungsgericht eine Reform der Grundsteuer angeordnet, da das bisher bestehende System als verfassungswidrig angesehen wurde, da es gleichartige Grundstücke unterschiedlich behandelte. Das Bundesverfassungsgericht hatte daraufhin entschieden, ab dem 1. Januar 2025 die Grundsteuer auf Grundlage des neuen Rechts zu erheben. Durch die neue Festsetzung des Grundsteuermessbetrages bei der Grundsteuer B für Gebäude entsteht dabei im neuen Jahr im Verwaltungshaushalt der Stadt Geisa eine Lücke von etwa 80.000 EURO. Bürgermeister und Stadtrat tragen jedoch die Verantwortung dafür, dass der Verwaltungshaushalt ausgeglichen ist. Die Grundsteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der Gemeinden. Sie zählt im Übrigen zu den ältesten direkten Steuern und war bereits in der Antike bekannt. Die Einnahmen aus dieser Steuer benötigen wir als Stadt, um Kindergärten, die Feuerwehren, die Sanierung von Straßen oder Brücken und vieles mehr umzusetzen. Die Reform kommt meiner Meinung nach zum ungünstigsten Zeitpunkt und zwingt uns als Kommune zu Entscheidungen, die wir so nicht getroffen hätten.

Nach langer und intensiver Beratung haben wir uns nun in der letzten Stadtratssitzung entschieden, für die Stadt Geisa und die elf Ortsteile den Hebesatz der Grundsteuer B von 389 auf 460 Prozent anzupassen, um die Lücke von 80.000 EURO zu schließen. Diese Entscheidung ist uns allen nicht leichtgefallen. Die letzte Anpassung der Grundsteuern wurde vor 13 Jahren in unserer Kommune in 2011 vorgenommen.

Die Grundsteuer A bleibt laut Stadtratsbeschluss weiterhin stabil bei 389 Prozent. Ebenso bleibt die niedrige Gewerbesteuer mit 370 Prozent unverändert, um den Gewerbestandort Geisa für Unternehmen weiterhin attraktiv zu halten. Eine Grundsteuer C auf Bauland wird es auch weiterhin nicht geben.

Sicher ist, dass aufgrund der Reform die meisten Kommunen die Hebesätze nun anpassen müssen und sicher ist auch, dass diese Anpassung zu einem sehr ungelegenen Zeitpunkt kommt, in dem viele andere Ausgaben für die Bürger ebenso steigen. Das macht die Sache für uns nicht einfacher, jedoch bleibt die Verantwortung für einen stabilen Haushalt und die Gewährleistung der weiteren Erfüllung der kommunalen Aufgaben.

Ihre Bürgermeisterin
Manuela Henkel

Allgemeine Informationen des Bundesfinanzministeriums zur Grundsteuer

Wie wird die Grundsteuer konkret berechnet?

Die Grundsteuer berechnet sich in drei Schritten: Wert des Grundbesitzes x Steuermesszahl x Hebesatz.

1. Schritt: Berechnung des Grundsteuerwerts – wesentliche Faktoren sind der jeweilige Wert des Bodens (Bodenrichtwert) und die Höhe der statistisch ermittelten Nettokaltmiete, die u. a. von der sogenannten Mietniveaustufe der jeweiligen Gemeinde abhängt (je höher die Mietniveaustufe, desto höher ist tendenziell die Miete in einer Gemeinde). Weitere Faktoren sind die Grundstücksfläche, Grundstücksart und das Alter des Gebäudes. Die Bodenrichtwerte sind in den Bodenrichtwertinformationssystemen der Länder einsehbar (z. B. für NRW: BORIS NRW – Aktuelle Informationen zum Immobilienmarkt). Die Einordnung der Gemeinden in Mietniveaustufen hat das Bundesfinanzministerium auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes über die Durchschnittsmieten in allen 16 Ländern vorgenommen (Mietniveau-Einstufungsverordnung vom 18. August 2021, BStBl. I S. 1871).

2. Schritt: Um den Wertsteigerungen, die im Vergleich der aktuellen mit den seit dem Jahr 1935 beziehungsweise 1964 nicht mehr aktualisierten Werten entstanden sind, zu begegnen, wird die sogenannte Steuermesszahl – ein Faktor, der für die Berechnung der Grundsteuer wichtig ist – kräftig etwa auf 1/10 des bisherigen Werts gesenkt, das heißt von 0,35 Prozent auf 0,031 Prozent für Wohngrundstücke (Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum) beziehungsweise 0,034 Prozent für Nichtwohngrundstücke (Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke, Teileigentum, sonstige bebaute Grundstücke). Außerdem werden der soziale Wohnungsbau sowie kommunales und genossenschaftliches Wohnen weiter, auch über die Grundsteuer, gefördert. Deshalb erhalten solche Gesellschaften, die günstiges Wohnen möglich machen, sowie Wohnungen der sozialen Wohnraumförderung einen zusätzlichen Abschlag bei der Steuermesszahl um 25 Prozent, der sich steuermindernd auswirkt.

3. Schritt: Anpassen der Hebesätze durch die Gemeinden: Sollte sich in einzelnen Gemeinden das Grundsteueraufkommen wegen der Neubewertung verändern, besteht für sie die Möglichkeit, ihre Hebesätze anzupassen und so dafür zu sorgen, dass sich insgesamt ihr Grundsteueraufkommen nicht erheblich verändert. Die Gemeinden haben angekündigt, dass sie dies auch tun werden – denn insbesondere eine Erhöhung der Grundsteuer anlässlich der verfassungsrechtlich gebotenen Neuregelung wäre politisch nicht vermittelbar.

Warum musste die Grundsteuer reformiert werden?

Das Bundesverfassungsgericht hat das derzeitige System der grundsteuerlichen Bewertung im Jahr 2018 für verfassungswidrig erklärt, da es gleichartige Grundstücke unterschiedlich behandele und so gegen das im Grundgesetz verankerte Gebot der Gleichbehandlung verstoße. Es hat weiterhin entschieden, dass spätestens bis zum 31. Dezember 2019 eine gesetzliche Neuregelung getroffen werden musste. Die Grundsteuer kann jedoch in ihrer jetzigen Form übergangsweise bis zum 31. Dezember 2024 weiter erhoben werden. Ab dem 1. Januar 2025 wird dann die Grundsteuer auf Grundlage des neuen Rechts erhoben.

Die bisherige Berechnung der Grundsteuer basiert auf Jahrzehnte alten Grundstückswerten (den sogenannten Einheitswerten). Im Westen werden die Grundstücke nach ihrem Wert im Jahr 1964 berücksichtigt. In den ostdeutschen Ländern sind die zugrunde gelegten Werte sogar noch älter, sie beruhen auf Werten aus dem Jahr 1935. Diese Einheitswerte werden mit einem einheitlichen Faktor, der sogenannten Steuermesszahl, und anschließend mit dem sogenannten Hebesatz multipliziert. Während die Steuermesszahl nach altem Recht bundeseinheitlich festgelegt ist, wird der Hebesatz – und damit letztlich die Grundsteuerhöhe – von den Gemeinden bestimmt.

Da sich die Werte von Grundstücken und Gebäuden seit den Jahren 1935 und 1964 sowohl im Westen als auch im Osten sehr unterschiedlich entwickelt haben, kommt es aktuell zu steuerlichen Ungleichbehandlungen, die nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts mit dem Grundgesetz nicht mehr zu vereinbaren sind. Im Ergebnis hat sich die Einheitsbewertung von den tatsächlichen Werten der Immobilien entkoppelt. Das heißt, gegenwärtig können für vergleichbare Immobilien in benachbarter Lage erheblich unterschiedliche Grundsteuerzahlungen fällig werden.

Handelt es sich um eine bundeseinheitliche Regelung?

Das Bundesministerium der Finanzen und nahezu alle Länder haben sich bereits früh auf das geschilderte Bundesmodell verständigt. Zugleich wurde Ländern, die sich diesem Modell nicht anschließen wollen, aufgrund einer entsprechenden Grundgesetzänderung die Möglichkeit gegeben, ein eigenes Grundsteuermodell oder punktuell vom Bundesmodell abweichende landesgesetzliche Regelungen einzuführen („Öffnungsklausel“). Ohne diesen Kompromiss wäre das Gelingen der Reform gefährdet gewesen. Ein Wegfall der Grundsteuer als eine ihrer wichtigsten Einnahmequellen hätte verheerende Konsequenzen für die Gemeinden bedeutet.

Welche Änderungen ergeben sich für andere als Wohngrundstücke?

Die Reform der Grundsteuer betrifft nicht nur Wohn-, sondern auch Geschäftsgrundstücke. Anders als bei Wohngrundstücken werden für vermietete Geschäftsgrundstücke keine statistischen Daten erhoben, die für die Bewertung genutzt werden könnten. Daher orientiert sich die Grundsteuer hier am vereinfachten Sachwertverfahren, das für die Wertermittlung auf die gewöhnlichen Herstellungskosten für die jeweilige Gebäudeart und den Bodenrichtwert abstellt. Auch hier ist die Grundsteuer deutlich einfacher geworden, und zahlreiche bisher erforderliche Angaben sind entfallen: Beispielsweise zur Höhe des Gebäudes, der Heizungsart, zur Art der Verglasung der Fenster oder zur Zahl der offenen Kamine.

Grundsteuer A

Bei der Bewertung eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft (sogenannte Grundsteuer A) ist es beim Ertragswertverfahren geblieben, das jedoch vereinfacht und typisiert wurde. Die Grundsteuerwertermittlung für land- und forstwirtschaftliche Betriebe erfolgt nunmehr durch eine standardisierte Bewertung der Flächen und der Hofstellen. So kann auf einzelbetriebliche Differenzierungen und Abgrenzungen des Grund und Bodens weitgehend verzichtet und ein weitgehend IT-basiertes Bewertungs- und Besteuerungsverfahren ermöglicht werden.

Wann weiß ich, wie viel Grundsteuer ich ab 2025 zahlen muss?

Die ab 2025 zu zahlende Grundsteuer ergibt sich aus dem Grundsteuerbescheid Ihrer Gemeinde. Die für das Kalenderjahr 2025 zu zahlende Grundsteuer können Sie aber vorab selbst ermitteln, wenn Sie den Bescheid über den Grundsteuermessbetrag auf den 1. Januar 2025 erhalten haben und die Kommune die Höhe der ab 2025 geltenden Hebesätze für die Grundsteuer beschlossen hat. Multiplizieren Sie hierzu den Grundsteuermessbetrag mit dem maßgeblichen neu beschlossenen Hebesatz (also z. B. Grundsteuermessbetrag 250,00 Euro x Hebesatz 460 Prozent = 1.150 Euro Jahres-Grundsteuer).

Ist das neue Recht verfassungswidrig?

Das neue Bewertungsrecht setzt die vom Bundesverfassungsgericht geforderte relations- und realitätsgerechte Bewertung des Grundbesitzes um. Es gewährleistet eine gleichmäßige Neubewertung des Grundbesitzes nach objektiven Kriterien und beseitigt damit den bisherigen verfassungswidrigen Zustand. Gleichwohl sind derzeit bundesweit mehrere finanzgerichtliche Verfahren anhängig, in denen die Kläger die Verfassungsmäßigkeit des reformierten Rechts beanstanden. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist hierzu noch nicht ergangen.