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Geisaer Zeitung
Ausgabe 5/2023
Gestaltung Seite 4
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Im Geisaer Land zählen Familie und Gemeinschaft

Ansicht der Stadt Geisa

Das Geisaer Ämter Kreuz

Ortsansicht von Ketten

Auszüge aus der Power-Point-Präsentation der TU Kaiserslautern - Grundorientierungen des Lebens

Freizeitaktivitäten

Umzugsbereitschaft der Babyboomer in den Modellkommunen

Zufriedenheiten mit Angeboten vor Ort

Zufriedenheit mit Aspekten der Wohngegend

Befragung unter den „Babyboomern“ im Geisaer Land ergibt, dass trotz niedriger Einkommen und einer schlechteren Infrastruktur als in vergleichbaren Regionen die Menschen zufriedener sind und sich ihrer Heimat besonders verbunden fühlen.

Geisa. Im Rahmen des Forschungsprojektes „Ageing Smart“ der Technischen Universität Kaiserslautern wurden Anfang März im Rathaussaal der Stadtverwaltung die Ergebnisse der Umfrage der Generation der Babyboomer aus dem Geisaer Land veröffentlicht. Das Ergebnis war für die Forscher erstaunlich, da es doch so ganz anders als in den vergleichbaren anderen kooperierenden Kommunen ausfiel. „Die Menschen im Geisaer Land legen Wert auf Familie und Gemeinschaft und fühlen sich trotz relativ niedriger Einkommen und teilweise fehlender kultureller Angebote hier pudelwohl“, fasste die Soziologin Prof. Dr. Annett Spellerberg die Ergebnisse zusammen. Diese stellte sie gemeinsam mit ihrem Kollegen Benjamin Stefan der interessierten Öffentlichkeit vor. Das interdisziplinäre Forschungsprojekt beschäftigt sich mit den Bedarfen der sogenannten Babyboomer, der geburtenstarken Jahrgänge von 1955 bis 1969. „Da diese nach und nach ins Rentenalter eintreten, sind wir als Kommunen gefordert, altersgerechte Wohnstandorte und Versorgungstrukturen zu schaffen“, erläuterte Geisas Bürgermeisterin Manuela Henkel die Beteiligung am Forschungsprojekt. Ziel ist es, ein datengestütztes System zu entwickeln, das öffentlichen Akteuren als Entscheidungshilfe in ihren Planungsprozessen dient. Dazu hatten in einem ersten Schritt die Forscher gemeinsam mit der Stadt Geisa und den Gemeinden Buttlar, Schleid und Gerstengrund im Herbst 2022 die Geburtenjahrgänge ab 50 Jahren aufwärts angeschrieben und um das Ausfüllen eines recht umfangreichen Fragebogens gebeten. Dabei ging es um Fragen zum Wohnstandort, zu den Angeboten im Wohnumfeld, zur Mobilität, das Verhalten hinsichtlich Freizeit- und Erholungsaktivitäten sowie um die Versorgung mit medizinischen Angeboten und Dienstleistungen. Von 2570 versendeten Fragebögen kamen etwa 20 % der Fragebögen wieder ausgefüllt zurück und wurden ausgewertet. Im Ergebnis kann festgestellt werden, dass das Geisaer Land mit der Stadt Geisa und 21 Orten mit insgesamt 7.500 Einwohnern eine handwerklich und landwirtschaftlich geprägte Region ist. Der Bildungsstand, sprich die Quote bei Abitur und Studium, ist im Vergleich zu anderen Regionen eher niedrig. „Das liegt wohl auch daran, dass man zu DDR-Zeiten meist staatskonform sein musste, um studieren zu können“, machte Roland Schel vom Gemeinderat Buttlar deutlich. Die Quote an Wohnungseigentum liegt sehr hoch bei 91 %. Im Vergleich zu den anderen am Projekt beteiligten Kommunen war dies der höchste Wert. „Fast niemand aus der Altersgruppe 50+ will umziehen, fast alle wollen hier wohnen bleiben“, berichtete Annett Spellerberg. Auch die Ergebnisse beim ehrenamtlichen Engagement, der Bedeutung von Familie und Gemeinschaft schlugen die der anderen Kommunen um Längen. 2,24 % der befragten Bürger sind in Vereinen aktiv, 4,64 % ist die Familie besonders wichtig und haben eine hohe Verbundenheit mit ihrem Geisaer Land. „Sie fühlen sich einfach hier wohl und lieben ihre Heimat“, so Spellerberg. Und das, obwohl das monatliche Einkommen mit 1.086 EURO weit deutlich unter dem der anderen befragten Kommunen liegt. „Das Materielle ist den Menschen nicht so wichtig“, fasste Manuela Henkel zusammen. „Im Geisaer Land zählen Familie und Gemeinschaft und das ist gut so!“ Im Alter wollen 55 % selbständig im eigenen Haus oder mit ihrer Familie leben. „Die Familienorientierung ist deutlich stärker als in anderen Kommunen“, betonte Spellerberg. Im Alter spielen die altengerechte, barrierefreie Wohnung, die Nähe zu den Kindern und eine gute Gesundheitsversorgung für die Befragten die größte Rolle. Grundsätzlich war die Gesundheitsversorgung bei den Befragten ein größeres Thema als bei anderen. Die Digitalisierung steht als Thema hier wieder zurück. „Bei der Digitalisierung müssen die Kommunen die Menschen besonders mitnehmen, damit sie nicht den Anschluss verlieren“, sagte Benjamin Stefan. Die Erreichbarkeit der Verwaltung bewerteten die meisten Bürger als sehr gut, was besonders Bürgermeisterin Manuela Henkel freute.

Abschließend kann man feststellen, dass die hohe Verbundenheit mit der Region, das ehrenamtliche Engagement und die Zufriedenheit im Geisaer Land bei den Altersgruppen 50+ außerordentlich hoch ist. „Im kulturellen Bereich und bei der medizinischen Infrastruktur haben wir Nachholbedarf“, so Manuela Henkel. Ebenso müssen die Kommunen vor Ort Angebote für altersgerechtes Wohnen schaffen. „Was wird man mit den Ergebnissen nun machen“, fragte Sylvia Busold vom Ortsbeirat Borsch. „Manches lässt sich mit schmalem Geldbeutel umsetzen, z.B. die Verbesserung des kulturellen Angebotes“, sagte Henkel. Hier sei man bereits seit letztem Jahr in Planung. „Ein Schwimmbad, so schön es auch wäre, ist leider ausgeschlossen“, betonte die Bürgermeisterin. Auch an der Schaffung von altersgerechten Wohnungen sei die Stadt Geisa schon dran. Dazu habe man Ende des Jahres eine geeignete Fläche in der Innenstadt von Geisa erworben. Thema ist weiterhin die Mobilität. „Die älteren Bürger nutzen kaum den Rufbus, weil die Zeiten nicht optimal sind“, meinte Franziska Göb, Ortsteilbürgermeisterin von Otzbach und Geblar. Hier seien Gespräche mit Wartburgmobil zu führen.

In einem nächsten Schritt werden die zehn beteiligten Forscher aus den Disziplinen Raumplanung, Stadtsoziologie, Klimatologie, Informatik und Mathematik die Ergebnisse aufarbeiten und Handlungsoptionen für die Kommunen des Geisaer Landes ausarbeiten.

Das Forschungsprojekt wird seit April 2021 über einen Zeitraum von 5 Jahren von der Carl-Zeiss-Stiftung mit rund 4,3 Mio. Euro sowie von der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau mit rund 0,9 Mio. Euro gefördert.