Titel Logo
Mitteilungsblatt der Gemeinde Greifenstein
Ausgabe 45/2025
Aus dem Rathaus wird berichtet
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Haushaltsrede der Bürgermeisterin der Gemeinde Greifenstein zum Haushalt 2026

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Mitglieder der Gemeindevertretung,

liebe Bürgerinnen und Bürger,

verehrte Vertreterinnen und Vertreter der Presse,

wir legen heute einen Haushalt vor, der kein Wunschkonzert ist – sondern ein ehrlicher Spiegel der Realität.

Und diese Realität ist ernüchternd: Die Kosten steigen, die Einnahmen sinken – und der Handlungsspielraum der Kommunen schrumpft von Jahr zu Jahr. Ein Gemeindehaushalt ist mehr als nur eine Ansammlung von Zahlen. Er ist ein Spiegel dessen, was wir als Gemeinde leisten können – und was wir leisten wollen.

Wir haben in den vergangenen Jahren verantwortungsvoll geplant, sparsam gewirtschaftet und Prioritäten gesetzt. Aber das reicht nicht mehr.

Denn trotzdem stehen wir jetzt vor einem Defizit, das nicht hausgemacht ist, sondern strukturell bedingt ist.

Das heißt: Wir können noch so sparsam sein – wenn Bund und Land uns immer neue Aufgaben übertragen, ohne für die Finanzierung zu sorgen, dann ist das schlicht nicht mehr auszugleichen.

1. Rückblick auf die Jahre 2024 und 2025

Beginnen wir mit einem kurzen Blick zurück.

Das Jahr 2024 war für Greifenstein finanziell ein gutes Jahr. Entgegen der ursprünglichen Planung konnten wir das Haushaltsjahr mit einem positiven Ergebnis von rund 369.000 Euro abschließen. Das war möglich, weil sich wichtige Ertragsquellen besser entwickelten als erwartet:

  • die Gewerbesteuer brachte etwa 720.000 Euro mehr als geplant,
  • auch der Forstbereich und die Abwasserbeseitigung erzielten deutliche Mehreinnahmen.

Gleichzeitig konnten wir durch Einsparungen bei Personal- und Sachkosten über 800.000 Euro an Ausgaben vermeiden. Das Ergebnis: keine Kreditaufnahme, keine Liquiditätskredite – und ein erfreulicher Kassenbestand von über 1,1 Millionen Euro zum Jahresende 2024.

Für das Jahr 2025 hatten wir ursprünglich mit einem geringen Fehlbedarf gerechnet.

Doch die wirtschaftliche Entwicklung und rückläufige Einnahmen, insbesondere bei der Gewerbesteuer, der Einkommensteuer oder den Steinbrüchen haben uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Am Ende wird das Jahr 2025 voraussichtlich mit einem Fehlbedarf von rund 877.000 Euro abschließen. Diese Entwicklung zeigt: Wir bewegen uns in einem schwieriger werdenden finanziellen Umfeld, das uns auch 2026 weiter fordern wird.

2. Ausgangslage für das Haushaltsjahr 2026

Der neue Haushalt steht – wie viele kommunale Haushalte in Hessen – unter großen finanziellen Belastungen.

Immer neue Aufgaben, aber keine Mittel

Die Liste ist lang: Kinderbetreuung, Integration, Klimaschutz, Digitalisierung, Katastrophenschutz, Gesundheitsversorgung – überall wird von den Kommunen erwartet, dass sie liefern.

Aber die Mittel dafür werden nicht mitgeliefert.

Manchmal bekommt man eine Förderung, ja – aber mit so viel Bürokratie, Auflagen und Eigenanteilen, dass man sich fragt, ob das ernst gemeint ist oder nur zur Beruhigung dienen soll.

Wir sind am Punkt, wo wir Pflichtaufgaben kaum noch stemmen können, geschweige denn freiwillige Leistungen, die unser Gemeindeleben ausmachen: Vereinsförderung, Kultur, Infrastruktur, welche nicht zu den Pflichtaufgaben gehört.

Das alles steht unter Druck. Und das ist bitter, weil gerade diese Dinge das Rückgrat unseres Zusammenlebens sind.

Wir rechnen für 2026 mit einem Fehlbedarf im ordentlichen Ergebnis von rund 1,57 Millionen Euro. Das liegt vor allem an rückläufigen Einnahmen und deutlich steigenden Umlagen und Personalkosten.

Die Steuereinnahmen – also Grundsteuer, Gewerbesteuer und Anteile an der Einkommens- und Umsatzsteuer – liegen insgesamt bei etwa 8,8 Millionen Euro.

Damit machen sie fast die Hälfte aller Erträge aus, bleiben aber hinter der allgemeinen Kostenentwicklung zurück. Besonders die Gewerbesteuer, geht spürbar zurück.

Auf der anderen Seite steigen die Kreis- und Schulumlagen an den Lahn-Dill-Kreis massiv an: Zusammen zahlen wir im Jahr 2026 voraussichtlich 6,3 Millionen Euro an Kreis- und Schulumlage – das ist rund ein Drittel unseres gesamten Haushaltsvolumens! Jeder Prozentpunkt der an Umlage erhöht wird bedeutet für Greifenstein mehr als 100.000 Euro Mehrbelastung.

Gleichzeitig steigen auch unsere Personalkosten weiter an – um etwa 220.000 Euro im Vergleich zum Vorjahr. Das hat mehrere Gründe:

  • die tarifliche Lohnerhöhung ab Mai 2026,
  • zusätzliche Aufgaben in der Verwaltung u. a. Digitalisierung,
  • sowie die Stärkung unserer Kindertagesstätten, in denen wir gesetzliche Betreuungsvorgaben und Qualitätsanforderungen erfüllen müssen.

Allein in unseren Kitas arbeiten mittlerweile mehr als ein Drittel aller Beschäftigten der Gemeinde. Das ist eine Investition in Familienfreundlichkeit und Zukunft – aber sie kostet kommunales Geld.

Einnahmen brechen weg/ Ausgaben steigen – Verantwortung bleibt

Unsere Gewerbesteuer stagniert, die Schlüsselzuweisungen reichen nicht aus, und die Grundsteuerreform sorgt eher für Unsicherheit als für Stabilität.

Der kommunale Finanzausgleich ist und bleibt ein Dauerärgernis

Die Wahrheit ist: Die Kommunen sind strukturell unterfinanziert.

Wir tragen Verantwortung für Straßen, Wasser- und Abwasserleitungen, Bushaltestellen, Schulen, Kitas, Feuerwehr, Bauhöfe – aber das Geld dafür wird woanders verteilt.

Die Bürgerinnen und Bürger wenden sich an uns, wenn etwas nicht funktioniert. Doch die finanziellen Spielräume, um etwas zu verbessern, werden immer enger.

Und so entsteht Frust – bei den Menschen, bei den Beschäftigten, bei uns in der Kommunalpolitik.

Was wir brauchen, sind keine immer neuen Förderprogramme, die von heute auf morgen ins Leben gerufen werden – mit komplizierten Anträgen, Fristen und Bedingungen.

Wir brauchen Verlässlichkeit.

Wir brauchen eine solide, auskömmliche Finanzausstattung, die planbar ist.

Denn was nützt ein Fördertopf, wenn die Gemeinde den Eigenanteil gar nicht mehr aufbringen kann?

Ich sage es deutlich:

Wir brauchen keine Almosen – wir brauchen faire Bedingungen und Verlässlichkeit.

Nun, trotzdem müssen wir was tun:

3. Notwendige Anpassungen – Steuern und Personal

Um die steigenden Ausgaben zumindest teilweise aufzufangen, müssen wir handeln.

Wir schlagen vor, die Grundsteuer B von bisher 200 auf 260 Prozentpunkte anzuheben und die Gewerbesteuer leicht um 15 Prozentpunkte auf 380 Prozentpunkte zu erhöhen. Diese Maßnahme ist uns nicht leichtgefallen – aber sie ist notwendig, um den Handlungsspielraum der Gemeinde ein wenig mehr zu sichern und wichtige Investitionen weiterführen zu können.

4. Investitionen 2026 – Wir gestalten weiter Zukunft

Trotz angespannter Finanzlage investieren wir auch 2026 gezielt in die Zukunft der Gemeinde Greifenstein.

Das Investitionsvolumen liegt bei rund 2,0 Millionen Euro, davon sollen etwa

1,5 Millionen Euro durch Zuschüsse, Beiträge und Baulandverkauf finanziert werden.

Zu den wichtigsten Projekten zählen:

  • die Erneuerung von Wasser- und Kanalleitungen in der Ortsdurchfahrt Allendorf,
  • der Erwerb eines neuen Traktors für den Bauhof,
  • der Investitionszuschuss zum Breitbandausbau im Ortsteil Rodenberg
  • der barrierefreie Ausbau von Bushaltestellen,
  • Investitionen in unsere Feuerwehr, darunter die Beschaffung eines Staffellöschfahrzeugs,
  • der barrierefreie Umbau des Rathauses Beilstein,
  • und Anteile an der Gesundheitsgenossenschaft Waldhof

All das sind notwendige Maßnahmen, die wir nicht verschieben dürfen, weil sie die Funktionsfähigkeit unserer Gemeinde sichern und verbessern.

5. Schuldenentwicklung

Nach elf Jahren ohne neue Kreditaufnahme wird Greifenstein im Jahr 2025 wieder einen Kredit aufnehmen. Der Schuldenstand wird sich dadurch auf voraussichtlich 7,57 Millionen Euro erhöhen.

Das ist kein schöner, aber ein notwendiger Schritt. Denn wir finanzieren damit keine laufenden Ausgaben, sondern werthaltige und notwendige Investitionen – in Wasser- und Kanalleitungen, Breitbandausbau und Feuerwehrfahrzeuge.

Meine Damen und Herren, der Haushalt 2026 ist kein leichter Haushalt. Er zeigt aber auch, dass Greifenstein handlungsfähig bleibt – weil wir in den vergangenen Jahren solide gewirtschaftet haben und Rücklagen aufbauen konnten.

Diese Rücklagen helfen uns jetzt, die schwierige Zeit zu überbrücken.

Dieser Haushalt ist kein Grund zum Jubeln, aber er ist ehrlich.

Er zeigt, wo wir stehen – und er zeigt, wie dringend sich etwas ändern muss.

Ich werde nicht versprechen, dass wir alle Wünsche erfüllen können.

Was unsere Gemeinde stark machen wird, sind:

Zusammenhalt, Verlässlichkeit, und das Bewusstsein, dass wir hier vor Ort mehr sind als nur die unterste Verwaltungsebene des Staates.

Wir können stolz sein auf das, was in Greifenstein geleistet wird – in unseren Kitas, im Bauhof, im Forst, in der Verwaltung, in unseren Feuerwehren, Vereinen und Initiativen.

Mein Dank gilt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gemeinde, den Mitgliedern der politischen Gremien und den vielen Ehrenamtlichen, die Greifenstein lebendig halten.

Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass unsere Gemeinde in Zukunft finanziell stabil, lebens- und liebenswert bleibt. Mit Weitblick und Verantwortungsbewusstsein.

Vielen Dank.