Anlässlich der Reichspogromnacht 1938 beeindruckten acht MitarbeiterInnen des Weltladen/Café FAIR-Teams mit einer zweistündigen Lesung aus dem Briefwechsel zwischen der jüdischen Ärztin Lilly Jahn und ihrer Kinder. Die Briefe beleuchten das Schicksal der deutsch-jüdischen Familie Jahn in Immenhausen und Kassel. Für die Ärztin Lilli endet es mit dem Tod in Auschwitz.
Gerhard Jahn, Sohn von Lilly, ist den älteren ZuhörerInnen aus seiner Zeit als Bundesjustizminister in der Regierung Willi Brandts (1969-1974) bekannt. Nach seinem Ausscheiden aus der Politik lebte er mit seiner Familie in Marburg. Zum Erstaunen der vier Schwestern sind nach Gerhard Jahns Tod 1998 in seinem Nachlass mehr als 250 Briefe gefunden worden, die 2002 vom Enkel Martin Doerry, ehem. Chefredakteur des SPIEGEL, als Buch veröffentlicht wurden.
Der Gruppe des Lese-Teams (D. Häring, H. Karches, R. Klingelhöfer, M. Lange, E. Müller-Zimmermann, H. Steiner, M. Thiel, I. Veyl), gelang es eindrucksvoll, den Zuhörern und Zuhörerinnen die historische Bedeutung dieser Zeitzeugnisse zu vermitteln und einen persönlichen Zugang zu schaffen. Jazzklänge aus Israel und Bilder aus dem Leben der Lilli Jahn in Immenhausen, Kassel und im Arbeitslager Breitenau veranschaulichten wirkungsvoll die Worte.
Der Abend folgte einer inzwischen mehrjährigen Tradition, nach der im Café FAIR in Gladenbach im Gedenken an den 9. November 1938 u.a. Zeitzeugnisse aus der näheren Region vorgestellt werden.