Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Louis,
sehr geehrte Damen und Herren des Rates und der Verwaltung,
unsere finanzielle Lage ist nicht rosig. Für das Jahr 2025 und 2026 müssen wir mit Verlusten im Ergebnishaushalt von je rd. 1 Millionen Euro rechnen. Investitionskredite 2025 liegen im Rahmen von 2,8 Millionen Euro und im Jahr 2026 von 5,4 Millionen Euro sprechen eine klare Sprache. Betrachtet man die mittelfristige Finanzplanung und die anstehenden Investitionen so schwant einem nichts Gutes.
Der stetige Anstieg der Kreisumlagen setzte sich auch im Haushaltsjahr 2025 fort. Landrat Patrik Lauer bringt es bei der Vorstellung des aktuellen Haushaltsentwurfs auf den Punkt: „Das Ende der Fahnenstange ist erreicht.“ Der Haushaltsentwurf des Landkreises beinhaltet einen Anstieg von 16 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr. 99,74 Prozent dieser Ausgaben fließen in Pflichtaufgaben wie Sozial- und Jugendhilfe sowie in den Bereich Schule. Da der Kreis keine eigenen Steuereinnahmen hat, müssen die Kommunen einen Großteil ihrer Einkünfte als Kreisumlage abgeben, was zu einer drastischen Erhöhung der Umlage um mehr als 23 Millionen Euro führt. Immer wieder formulieren die Kommunen erfolglos die Erwartung nach einer angemessenen Finanzausstattung durch das Land. Auch eine Lösung für die Altschuldenproblematik durch den Bund lässt immer noch auf sich warten. Der vorliegende Koalitionsvertrag der GroKo in Berlin gibt dort keinen Anlass zur Hoffnung.
Grund- und Gewerbesteuer sind die Einnahmequellen, von denen die Kommune direkt profitiert. Gute Rahmenbedingungen für Gewerbe und Industrie sind ein Gewinn für alle Seiten. Ein wichtiger Standort wie das Stahlwerk Bous muss daher erhalten bleiben und parallel dazu muss für zusätzliche Ansiedlungen massiver geworben werden.
Um nach der Grundsteuerreform das Aufkommen neutral zu halten, hatte eine Mehrheit im Rat aus unserer Sicht ohne Not und natürlich nach der Kommunalwahl den Hebesatz von 380% auf 420% erhöht. Timing ist oftmals kein Zufall. Zu den konkreten Auswirkungen ist Stand heute im Verhältnis zur Grundsteuerreform immer noch nicht belastbares zu sagen. Die von uns seit Jahren geforderte Einführung der Grundsteuer C in Bous, ein wirksames Instrument zur Mobilisierung von ungenutztem Bauland und zur Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum ist überfällig. Mit der Verzögerung der Grundsteuer C verpassen wir es bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und gleichzeitig die Innenentwicklung von Bous voranzutreiben. Die zahlreichen Baulücken in unserer Gemeinde bleiben somit weiterhin ungenutzt. Die vom Bürgermeister dargestellte Priorisierung ist sicher richtig, zuweilen gezwungenermaßen durch Personalengpässe, die aber auch notwendige Projekte ausbremsen können.
Die Personalfluktuation, die latente Unterbesetzung der letzten Jahre tut der Gemeindeverwaltung an vielen Stellen dann auch nicht gerade gut. Wir sind in einem Wettbewerb um gute Mitarbeiter, die in anderen Kommunen für vergleichbare Tätigkeiten mehr Geld bekommen, oftmals unterlegen.
Einschränkungen bei freiwilligen Leistungen soll es dennoch nicht geben. Nach unserer Ansicht muss aber mittelfristig alles auf den Prüfstand. Zusammengefasst ist eine Verbesserung der finanziellen Lage auch in den Folgejahren kaum zu erwarten, wenn wir nicht selber kreative Lösungen entwickeln. Der von allen beschworene soziale Zusammenhalt wird dann beschädigt, wenn nicht rechtzeitig Maßnahmen greifen die uns zukunftssicher aufstellen.
Einige Projekte in Bous werden unsere ökologische und soziale Handschrift tragen, ob Sie zeitnah von der Verwaltung realisiert werden ist fraglich. Andere Maßnahmen konnten aber vor dem Hintergrund der Stimmmehrheiten von FWG und CDU in diesem Gemeinderat nicht realisiert werden. So funktioniert halt Demokratie.
Das Festhalten an der Schuldenbremse schlug vom Bund über das Land auch auf die Kommunen durch. Gott sei Dank ist damit jetzt hoffentlich einmal Schluss. Jedoch als Kommune sind wir am Ende der Nahrungskette und warten gespannt darauf wie sich der Geldsegen aus Berlin konkret bei uns niederschlagen wird.
Auf die vorgenannten Zahlen möchte ich nicht nochmals vertiefend eingehen. Es ist alles gesagt und mir hatte mal ein Bekannter empfohlen die Menschen nicht mit der Wiederholung von Haushaltszahlen zu langweilen.
Deshalb lohnt sich an dieser Stelle vielleicht mal ein Blick über den kommunalen Tellerrand.
Wir bewegen uns seit geraumer Zeit im Krisenmodus. Noch immer tobt Krieg in der Ukraine, ehemalige transatlantische Partnerschaften sind hinfällig und die zunehmende Erderwärmung mit ihren verheerenden Extremwetter-Ereignissen wird uns auch in Zukunft in Atem halten.
Die diesjährige März-Temperatur in Europa war dem EU-Klimadienst Copernicus zufolge historisch hoch. Die Durchschnittstemperatur lag demnach bei 6,03 Grad Celsius und damit rund 2,4 Grad über dem März-Mittel der Jahre 1991 bis 2020.
Die Klimakrise ist eine soziale Krise. Ihre Auswirkungen treffen besonders diejenigen, die am wenigsten dazu beigetragen haben: Zukünftige Generationen – Menschen mit geringem Einkommen und Länder des globalen Südens. Das fordert auch von der kommunalen Politik zielgerichtetes Handeln. Wer dabei hofft, durch Übernehmen zweifelhafter Narrative von rechts verschont zu bleiben, schadet den Menschen und der Demokratie.
Die aktuelle Trockenheit verursacht erste Schäden auch in der saarländischen Landwirtschaft. Der Deutsche Wetterdienst warnt aktuell vor einer hohen Waldbrandgefahr im Saarland.
Für die Flussschifffahrt wird das zunehmend auch zum Problem. Während an Saar und Mosel durch Schleusen und tiefere Fahrrinnen das Niedrigwasser noch ausgeglichen werden kann, können Schiffe auf dem Rhein nur noch mit halber Ladung unterwegs sein. Aber auch Starkregenereignisse wie zuletzt auch bei uns in Bous werden zunehmen.
Angesichts dieser ständig zunehmenden, globalen und lokalen Herausforderungen wird es immer notwendiger, mutige und zukunftsweisende Perspektiven auch lokal zu entwickeln.
Wir als GFB-Fraktion verstehen Soziale Gerechtigkeit, Umwelt, Klima und Natur als die wichtigsten Themen unserer Zeit, die überall hineinwirken: In Politik, Wirtschaft und Alltag, in das Streben nach Gerechtigkeit und Frieden. Eines ist klar: Wenn Deutschland und auch die Städte und Gemeinden nicht in den Klimaschutz investieren, wird das sehr teuer. Einer Studie des Bundeswirtschaftsministeriums zufolge kosten die Folgen des Klimawandels bis 2050 unser Land bis zu 900 Mrd. Euro. Das wird auch vor Bous nicht haltmachen.
Die Energiewende ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die dem Erreichen der Klimaschutzziele zum Wohle aller dient und von der Kommune entschlossenes Handeln fordert. Bei der Umsetzung der Wärmeplanung, die sich an den technischen Möglichkeiten orientiert, nachhaltig das Klima schont und Energiekosten reduziert sind wir konkret mit der Thematik konfrontiert. Leider erst am Anfang und nicht schon in der Umsetzung. Wir brauchen eine breite Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger bei Planung und Umsetzung von klimafreundlichen Zukunftsthemen wie der Quartiersentwicklung und der Nahwärmeversorgung. Viele Bouser stellen sich die konkrete soziale und ökologische Frage wie Sie Ihre Häuser zukünftig kostengünstig und klimaneutral heizen sollen. Hier müssen wir lokale Unterstützung und Entscheidungshilfen anbieten.
NachhaltigeMobilität für alle! Wir müssen uns stark machen für ein gut ausgebautes Radwegenetz und einen attraktiven öffentlichen Nahverkehr. Ein Mobilitätskonzept ist wichtig aber in erster Linie auch immer nur ein Konzept. Auch hier sind wir leider erst am Anfang und leider nicht schon in der Umsetzung.
Die beiden letzten Punkte fanden in der Haushaltsrede des Bürgermeisters und der anderen Fraktionen zu wenig Beachtung. Ich meine damit die gesamte Klima- und Verkehrsproblematik. 40 Bäume zu pflanzen kann da nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein.
Der öffentliche Diskurs kreist zu sehr um die Flüchtlingsthematik. Demokratische Parteien übernehmen zunehmend Positionen von Rechtsaußen. In Bous werden die Herausforderungen bisher ganz gut gemeistert: Das darf auch gerne von der Rathausspitze und den Parteien mal erwähnt werden.
Die Wirkungskette ist ja einfach zu verstehen. Klimaextreme machen Regionen der Erde unbewohnbar. Also flüchten die Menschen in Nachbarländer und nach Europa. Auch wer durch Krieg bedroht ist, verlässt seine Heimat und das bestimmt nicht gerne. Reiche werden bei uns auch immer Reicher und die Armut wächst. Das führt zu Konflikten.
Ja, wir stehen vor Herausforderungen, aber wir sind in der Lage, diese zu meistern. Ja, wir müssen priorisieren. Ja, es geht nicht immer so schnell voran, wie wir uns das alle wünschen.
Meine Damen und Herren! Auch wenn wir den Haushalt an einigen Stellen kritisch betrachten und eine zukunftsweisende Strategie vermissen, werden wir dem Doppelhaushalt zustimmen, denn das Credo unserer Fraktion lautet „Wenn es gut und sinnvoll für Bous ist dann tragen wir es mit, auch dann wenn es nicht unserer Feder entspringt oder, wenn wir vielleicht auch bessere Ideen gehabt hätten.“ Ein Haushalt darf sich allerdings nicht nur auf finanzielle Aspekte konzentriert. Wir brauchen eine Perspektive, die unsere Werte widerspiegelt: soziale Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und demokratische Teilhabe.
Den Aufruf zum Neujahrsempfang von Ihnen Herr Louis fand ich angesichts der verbalen Schärfen und Entgleisungen im letzten Wahlkampf mehr als angebracht. Ihr Appell: zu prüfen ob vermeintlich einfache Lösungen wirklich bis zum Ende gedacht sind, sich die Geschichte unseres Landes in Erinnerung zu rufen und sich zu vergegenwärtigen, dass wir uns im Saarland im Herzen von Europa befinden. Es geschieht nicht oft, aber an der Stelle kann ich Ihnen nur zu 100% beipflichten.
Die Hoffnung vieler auf einfache Lösungen und Abstreiten von Fakten lässt die Umfragewerte von extremen Parteien steigen und steigen. Wenn dann aus Gründen des Zweckopportunismus, von jungen aufstrebenden Kommunalpolitikern, mit zusätzlicher Verantwortung im Land, die es eigentlich besser wissen müssten, im Wahlkampf wie wild verbal rechts und lösungsfrei geblinkt wird, muss man sich nicht wundern, wenn die Mitmenschen dies für einen gangbaren Weg halten und in der Folge bei Wahlen dann auch scharf rechts abbiegen! Die Breite der Vorwürfe und Unterstellungen gegenüber z.B. dem BUND und anderen Organisationen aus der Berichterstattung der vergangenen Wochen hat mich mehr als irritiert. Gerade die Umweltverbände standen in den vergangenen Jahren in einem kontinuierlichen Austausch über manchmal kontroverse, aber durchaus auch gemeinsame Positionen in ökologischen Fragen. Mit ihrer Anfrage leistete die Unionsfraktion daher dem demokratischen Diskurs und dem Miteinander in unserem Land einen Bärendienst. Respektvoll und sachlich streiten – andere Standpunkte aushalten – mit echten Fakten statt nur mit einfachen Stammtischparolen diskutieren, ist für die Demokratie überlebenswichtig, auch auf der kommunalen Ebene, Bürgerinnen und Bürger eingeschlossen.
Es sind aber auch die kleinen Dinge die wichtig sind wie z.B., eine gelebte Städtepartnerschaft, ein Integrationsfest oder z.B. auch dass nach unserer Meinung der gebotene Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit in unserer Gemeinde zur Verantwortung der Historiker und auch des Gemeinderates zählt. Konkret bedeutet dies, dass die Liste der vierzehn Bouser Euthanasieopfer des dritten Reiches seit letztem Jahr vorliegt und darauf wartet eine historische Würdigung durch die Gemeinde zu erfahren.
Eine Haushaltsdebatte ist auch der geeignete Rahmen am Schluss all denen Dank zu sagen, die mit ihrem hohen persönlichen Einsatz, sei es in der Verwaltung, im bürgerlichen Engagement, in den Vereinen, in der Feuerwehr und im Gesundheitswesen oder wo auch immer, einen wertvollen Beitrag zum Wohle unserer Gesellschaft und der Gemeinde Bous leisten. Ich danke auch meinen Fraktionskollegen Peter Becka und Jörg Raubuch, die gezeigt haben, dass die Linke Liste und Bündnis 90/Die Grünen in Bous auf lokaler Ebene gut zusammenarbeiten können.
Ich schließe mit einem mahnenden Satz von Dietrich Bonhoeffer, der gestern vor genau 80 Jahren am 9. April 1945 im KZ Flossenbürg erschossen wurde:
Wenn man nicht mehr weiß, was man sich und anderen schuldig ist, wo das Gefühl für menschliche Qualität und die Kraft, Distanz zu halten, erlischt, dort ist das Chaos vor der Tür.
Herzlichen Dank!