Titel Logo
Mitteilungsblatt Heringen
Ausgabe 5/2023
Vereine und Verbände
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Heimat- und Verkehrsverein Kleinensee

Bericht aus der K+S Werkzeitschrift Kali und Salz AG vom August 1975

In der Rubrik: In der Erinnerungskiste gekramt...

wurde auch mein Großvater Adam Schäfer erwähnt.

>>> In seinen jungen Jahren war Adam Schäfer aus Kleinensee als „Ziegelbäcker‘‘ in die Fremde gewandert, weil es daheim für ihn keine Arbeit gab. Später verdingte er sich als Streckenarbeiter bei der Bahn, und schließlich kam er in den Rangierdienst auf der 1904 eröffneten Strecke Gerstungen-Heringen. Auf diese Weise lernte er auch das im Aufbau begriffene Werk Wintershall kennen, an das er zuweilen von der Bahn ‚‚ausgeliehen‘ wurde. 1909 wechselte er als Rangierer ganz zur Werksbahn über, nicht zuletzt wegen des besseren Verdienstes.

(Die Staatsbahn zahlte 1,70 Mark pro Schicht, beim Kaliwerk kam er auf 2,20 Mark.) Bis zum 1.Weltkrieg, den er von Anfang bis Ende

als Soldat mitmachte, blieb er Rangierer.1919 wurde er Heizer und schließlich Lokomotivführer. Heinz Rosterg,

der Sohn des Firmenherrschers, wurde sein gelehriger Schüler; Adam

Schäfer brachte ihm das Lokfahren bei, damit er die Prüfung als Hobby-Lokomotivführer ablegen konnte.

Schäfer hatte einen langen Arbeitstag. Um 6 Uhr wollte das Kesselhaus

seine Kohlen haben; da mußte er um 5 Uhr 30 mit dem Rangieren beginnen. Der Fußweg von Kleinensee bis zum Werk, über den Berg und durch den Wald, war anderthalb Stunden weit.

Das hieß: um 4 Uhr zu Hause aufbrechen. Und erst am Abend war

er wieder daheim. Da er sich stets vor den übrigen aus Kleinensee auf die Beine machen mußte, mußte er im Winter oft erst eine Spur durch den Schneetreten.

Die Werkslokomotive, die er anfangs zu fahren hatte, war nur zweiachsig und schon 40 Jahre alt. Kein Wunder, daß sie öfter

streikte. 1912 wurde bei Borsig in Berlin-Tegel eine neue dreiachsige Lok bestellt, und Adam Schäfer, zusammen mit einem Kollegen, durfte sie abholen. Diese erste Reise nach Berlin war für ihn ein großes Erlebnis.

Es ist heute kaum noch vorstellbar unter welchen schwierigen Bedingungen damals gearbeitet wurde. Schon allein der Fußmarsch nach Heringen!