Die Gemeindevertretung Kalbach hat in ihrer Sitzung am 03.04.2025 nachfolgende Richtlinie für Planung, Errichtung, Betrieb und Rückbau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen in der Gemeinde Kalbach beschlossen:
Vorhabenträger, welche auf dem Gebiet der Gemeinde Kalbach eine FFPV-Anlage errichten wollen, müssen gegenüber der Gemeinde darlegen, inwieweit ihr Vorhaben den nachfolgend formulierten Kriterien entspricht. Dabei sind Vorteile, insbesondere der Beitrag zum Klimaschutz und die Stärkung der regionalen Wirtschaft, gegenüber Nachteilen, wie z. B. Auswirkungen auf das Landschaftsbild, darzustellen und durch die Gemeinde abzuwägen. Grundlage dieser Richtlinie ist die Freiflächen-PV-Potenzialanalyse für die Gemeinde Kalbach.
Im Gegensatz zu Windenergie ist Solarenergie im Außenbereich gem. § 35 BauGB nicht privilegiert. Der Bau von FFPV-Anlagen erfordert daher vorhabenbezogene Bebauungspläne gem. § 12 BauGB mit entsprechender Änderung der Flächennutzungspläne. Dabei ist es der Gemeinde aufgrund ihrer Planungshoheit freigestellt, ob, wo und in welcher Größe sie der Aufstellung von Bebauungsplänen für FFPV-Anlagen zustimmt.
Anhand der Festlegungen im Regionalplan Nordhessen ist zu prüfen, ob eine Freiflächen-Photovoltaikanlage Konflikte mit Zielen der Raumordnung auslöst. Beispielsweise sind Anlagen in Vorranggebieten für die Landwirtschaft häufig nicht mit den Zielen der Regionalplanung vereinbar. Im Falle eines Zielkonflikts besteht daher die Möglichkeit, ein Zielabweichungsverfahren durchzuführen. Dieses wäre seitens der Gemeinde beim Regierungspräsidium Kassel zu beantragen. Ist die gewünschte Fläche aus Sicht der Regionalversammlung geeignet, kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Anlage auch innerhalb solcher Vorranggebiete geplant werden. Die Einstufung einer Fläche als „landwirtschaftlich benachteiligtes Gebiet“ ist für die Beurteilung der planerischen bzw. baurechtlichen Zulässigkeit nicht entscheidend. Mit der im Dezember 2018 verabschiedeten Freiflächensolaranlagenverordnung können Anlagen auch dann nach dem EEG vergütet werden, wenn der Standort auf sogenanntem „landwirtschaftlich benachteiligtem Gebiet“ liegt.
Die Einhaltung dieser Richtlinie ist Voraussetzung für die Eröffnung eines für die Umsetzung erforderlichen Bauleitverfahrens. Ein genereller Anspruch auf die Eröffnung eines Bauleitverfahrens kann aus der Richtlinie nicht abgeleitet werden. Die kommunale Planungshoheit obliegt unabhängig von einem vollständigen Erfüllen aller Kriterien bei der Gemeinde Kalbach.
Vorbehaltlich der Vollständigkeit der Antragsunterlagen werden die kommunalen Gremien über das angestrebte Vorhaben informiert und bei Bedarf hiernach eine Ortsbesichtigung durchgeführt.
Detaillierte Vereinbarungen zu Planung, Bau und Betrieb sowie Rückbau von FFPV-Anlagen werden zwischen dem Vorhabenträger und der Gemeinde Kalbach in einem städtebaulichen Vertrag geregelt.
Der Antrag hat in Schriftform zu erfolgen. Auf die Möglichkeit der telekommunikativen Übermittlung nach § 127 Abs. 2 BGB wird hingewiesen.
Durch den Antragsteller ist nachvollziehbar darzulegen, dass das Vorhaben den aufgeführten Kriterien entspricht und realisierbar ist.
Beeinträchtigungen für die Naherholung oder die jagdliche Ausübung sind zu vermeiden oder andernfalls im Antrag darzulegen.
Ausgeschlossen sind die Errichtung und der Betrieb von FFPV-Anlagen auf Flächen von:
Ein vollständiger Antrag für die Errichtung und den Betrieb von FFPV-Anlagen beinhaltet:
Die Beeinflussung des Landschaftsbilds durch FFPV-Anlagen ist individuell abzuwägen. Erhebliche Störungen des Landschaftsbildes sind zu vermeiden.
Der Abstand zu Ortslagen und Wohngebäuden wird in Abhängigkeit des Einzelfalls, mindestens jedoch auf 150 Meter festgelegt. Grundsätzlich ist durch den Vorhabenträger eine Analyse des Landschaftsbildes sowie ein Blendgutachten zu erstellen.
Die Errichtung von FFPV-Anlagen soll umweltverträglich erfolgen und nicht zu einer Verknappung landwirtschaftlich hochwertiger Flächen führen. Der Bau von FFPV-Anlagen auf landwirtschaftlichen Flächen mit einer Ackerzahl >40 nach dem Bodenrichtwert sind zu vermeiden.
Mit dem EEG 2023 wurde die natur- und artenschutzrechtliche Zulässigkeit von Freiflächensolar- und Windenergieanlagen generell erleichtert: Errichtung und Betrieb von EE-Anlagen liegen seitdem im überragenden öffentlichen Interesse (§ 2 EEG). Das bedeutet, dass bei behördlichen Entscheidungen die erneuerbaren Energien im Abwägungsfall Vorrang genießen, also stärker gewichtet werden als natur- und artenschutzrechtliche Belange. Die Gemeinde Kalbach legt dennoch Wert auf die Sicherstellung des Natur- und Artenschutzes.
Die folgenden Natur- und Artenschutzbelange müssen bei der Planung von FFPV-Anlagen berücksichtigt werden:
Gemäß § 6 Abs. 3 des EEG 2023 ist eine Kommunalabgabe in Höhe von 0,2 Cent pro kWh erzeugter Energie an die Gemeinde Kalbach zu errichten. Betreiber, welche die produzierte Strommenge nicht nach EEG veräußern, müssen die Kommunalabgabe dennoch an die Gemeinde abführen. Ein entsprechender Vertrag ist abzuschließen. Die Gewerbesteuereinnahmen sollen nach Möglichkeit zu 100 % der Gemeinde Kalbach zukommen, d.h. der Betriebssitz soll - soweit möglich - auf dem Gemeindegebiet sein. Sämtliche anfallende Kosten sind durch den Antragsteller zu tragen. Im Falle einer Veräußerung einer FFPV-Anlage behält sich die Gemeinde Kalbach das Vorkaufsrecht vor.
Eine Bürgerbeteiligung an der Finanzierung und am Erlös der FFPV-Anlage ist ausdrücklich gewünscht.
Die Anbindung der FFPV-Anlage an das Stromnetz ist per Erdverkabelung sicherzustellen.
Zur Wiederherstellung des Ist-Zustands nach Stilllegung der Anlage ist ein Rückbaukonzept einzureichen. Der Rückbau der Anlage hat innerhalb eines Jahres nach Stilllegung zu erfolgen. Hierfür ist eine ausreichende Bankbürgschaft zu hinterlegen.
Die Antragsunterlagen werden durch die Gemeinde geprüft und evtl. fehlende Unterlagen nachgefordert. Bei erfolgreicher Prüfung werden die gemeindlichen Gremien in den Entscheidungsprozess eingebunden.
Sofern gemeindliche Interessen im Vordergrund stehen, sind Abweichungen von den Vorgaben dieser Richtlinie möglich.
Die Richtlinie für Planung, Errichtung, Betrieb und Rückbau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen in der Gemeinde Kalbach tritt am Tage nach Vollendung der Bekanntmachung in Kraft.
Kalbach, den 03. April 2025