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Kirchheimer Nachrichten
Ausgabe 46/2024
Amtliche Bekanntmachungen
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Anlagenrichtlinie

Anlagenrichtlinie

der Gemeinde Kirchheim

§ 1 Ziel der Richtlinie

Ziel der Richtlinie ist die Regelung der sicheren und ertragsbindenden Anlage des kommunalen Vermögens. Mit Erlass dieser Richtlinie erfüllt die Gemeinde Kirchheim ihre Pflicht nach § 108 HGO (ehemals Erlass des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 29.05.2018).

§ 2 Anwendungsbereich

Diese Richtlinie regelt die Geldanlagen durch die Gemeinde Kirchheim sowie durch den Eigenbetrieb der Gemeinde Kirchheim.

§ 3 Begriffsbestimmung

(1)

Geldanlagen im Sinne dieser Richtlinie sind alle Anlagen von Zahlungsmitteln bei Kreditinstituten. Keine Geldanlage im Sinne dieser Richtlinie ist die Weiterleitung flüssiger Mittel von der Gemeinde Kirchheim an ihre Mehrheitsbeteiligungen und umgekehrt (Cashpooling).

(2)

Es wird zwischen folgenden Anlagezeiträumen der Geldanlagen unterschieden:

a)

Kurzfristige Geldanlagen umfassen eine Laufzeit von bis zu einem Jahr.

b)

Mittelfristige Geldanlagen umfassen eine Laufzeit von mehr als 1 und weniger als 5 Jahren.

c) Langfristige Geldanlagen umfassen eine Laufzeit von mehr als 5 Jahren.

(3)

Gesamtanlagensumme ist die Summe aller Geldanlagen der Gemeinde. Bei der Berechnung der Gesamtanlagensumme bleiben die Guthaben auf den Girokonten sowie Tagesgeldkonten unberücksichtigt. Wird in dieser Richtlinie auf einen prozentualen Anteil an der Gesamtanlagensumme abgestellt, so bezieht sich dieser Anteil auf die Gesamtanlagensumme zum Zeitpunkt des letzten Berichts im Sinne des § 15.

(4)

einem Ertrag im Sinne dieser Richtlinie ist auch die Vermeidung oder die Minimierung negativer Zinsen für die Geldanlage zu verstehen.

§ 4 Grundsätzliches

Folgende Regelungen gelten unabhängig von den Festlegungen dieser Richtlinie für alle Geldanlagen:

1.

Die Gemeinde hat finanzielle Risiken zu vermeiden. Spekulative Finanzgeschäfte sind verboten (§ 92 Abs. 2 S. 2 und 3 HGO).

2.

Die Gemeinden haben ihre stetige Zahlungsfähigkeit sicherzustellen (§ 106 Abs. 1 HGO).

3.

Die Gemeinde hat bei der Geldanlage auf eine ausreichende Sicherheit zu achten. Darüber hinaus sollen Geldanlagen einen angemessenen Ertrag bringen (§ 108 Abs. 2 S. 2 HGO).

4.

Beabsichtigt die Gemeinde gemäß Hinweis 9 zu § 108 HGO Anlagen bei Kreditinstituten, die keinen Einlagensicherungs- oder Institutsschutz unterliegen, hat sie sich besonders sorgfältig zu unterrichten. Insbesondere soll das Rating des Kreditinstituts als Orientierungshilfe herangezogen werden.

5.

Die Kommunen haben durch eine bedarfsgerechte und vorausschauende Liquiditätsplanung zu gewährleisten, dass die angelegten Mittel bei Bedarf zur Verfügung stehen (Hinweis 12 zu § 108 HGO).

6.

Die Kommune bewirtschaften die Geldanlagen in eigener Verantwortung. Bei längerfristigen und komplexen Anlagen soll sich die Kommune fachkundig beraten lassen. Die Beratung ist zu dokumentieren. Eine eigenverantwortliche Verwaltung durch Dritte ist ausgeschlossen (Hinweis 6 zu § 108 HGO).

7.

Geldanlagen sind nur in Euro zulässig (Hinweis 7 zu § 108 HGO).

8.

Eine Aufnahme von Fremdmitteln (Liquiditätskrediten oder Krediten) ist zur Geldanlage nicht zulässig (Hinweis 8 zu § 108 HGO).

9.

Die Verfügungsstellung flüssiger Mittel zwischen Kommunen stellt ein unzulässiges Bankgeschäft dar (Hinweis 16 zu § 108 HGO).

§ 5 Ziele der Geldanlage

Ziele der Geldanlage der Gemeinde Kirchheim sind in dieser Reihenfolge:

1.

Die Sicherung des Kapitalstocks,

2.

die Sicherheit des wirtschaftlichen Ertrags sowie

3.

die Angemessenheit des Ertrags.

§ 6 Für die Geldanlage zur Verfügung stehende Zahlungsmittel

(1)

Für die mittel- und langfristige Anlage stehen nur die Mittel zur Verfügung, die innerhalb des jeweiligen Anlagenzeitraums weder für Deckung von Auszahlungen des Finanzhaushalts noch zur Bildung eines Liquiditätspuffers im Sinne des § 106 Abs. 1 S. 2 HGO benötigt werden. Dies schließt die Mittel der Versorgungsrücklage ein, wenn für diese keine abweichende Regelung gilt.

(2)

Für den Liquiditätspuffer gelten die Regelungen dieser Richtlinie entsprechend. Die Mittel des Liquiditätspuffers sind maximal unterjährig anzulegen.

§ 7 Die Sicherheit der Geldanlage

(1)

Bei jeglicher Geldanlage, die auf die Gesamtanlagesumme angerechnet wird, ist ein Rating des Schuldners einzuholen. Dies gilt nicht für die Durchreichung von Zahlungsmitteln an Aufgabenträger der Gemeinde Kirchheim oder Fälle, in denen die Gemeinde als Kreditnehmer auftritt und den Kredit durchreicht (z. B. Förderung des Landes Hessen nach § 48 FAG z. B. für Altenpflegeeinrichtungen).

(2)

Eine Anlage bei einem Schuldner ist – vorbehaltlich der Regelungen der §§ 11 bis 13 – nur zulässig, wenn das Rating des Schuldners mindestens BBB- (Standard & Poor´s) bzw. Baa3 (Moody´s), BBB- (Fitch) aufweist. Das Rating kann sich auf den Emittenten selbst beziehen oder auf die Mutter des Emittenten.

(3)

Wenn das Kreditinstitut Mitglied der Sicherheitseinrichtungen des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) oder des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) oder des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen Thüringen (SGVHT) ist, erfolgt die Bewertung auf Basis des Gruppenratings.

(4)

Unterliegt die Geldanlage keinem Einlagensicherungs- oder Institutsschutz, erfolgt eine besonders sorgfältige Unterrichtung (Prüfung) durch die Gemeinde Kirchheim.

§ 8 Streuung der Geldanlagen

(1)

Es ist auf eine angemessene Mischung und Streuung der Geldanlagen zu achten.

(2)

Sollte der höchste Zinssatz von einem Schuldner geboten werden, dessen höchstzulässiger Anteil an der Streuungsquote bereits überschritten ist, ist das wirtschaftlich an zweiter Stelle stehende Angebot zu prüfen.

§ 9 Anlagenklassen

(1)

Die Geldanlage ist nur in folgende Produkte zulässig:

a)

Einlagen (Tagesgeld, Festgeld, Termineinlagen sowie Sparbriefe)

b)

Inhaberschuldverschreibungen (von öffentlichen Emittenten oder Kreditinstituten) und Namensschuldverschreibungen (von öffentlichen Emittenten oder Kredit-instituten)

c)

Schuldscheindarlehen (von öffentlichen Emittenten oder Kreditinstituten)

d)

Investmentfonds einschließlich Spezialfonds

(2)

Eine Geldanlage in die folgenden Produkte ist nicht zulässig:

a)

Aktieneinzelwerte,

b)

Fremdwährungsanlagen,

c)

Wandel- und Optionsanleihen sowie strukturierte Produkte (z. B. Aktienanleihen),

d)

Beteiligungen an geschlossenen Fonds,

e)

Edelmetalle und sonstige Rohstoffe,

f)

Genussscheine,

g)

Nachranganleihen und Nachrangverbindlichkeiten

h)

sonstige Schuldverschreibungen und Schuldscheindarlehen sowie

i)

Kryptowährungen

Für die Anlage in Investmentfonds gilt Abs. 3.

(3)

Eine Anlage in Investmentfonds nach den §§ 11 und 12 dieser Richtlinie ist nur zulässig, wenn der Investmentfonds im Sinne des Investmentfondsgesetzes die nachfolgenden Bedingungen erfüllt. Die Investmentfonds dürfen:

a)

nur von Investmentgesellschaften mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden,

b)

nur auf Euro lautende und von Emittenten mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgegebene Investmentanteile,

c)

nur Standardwerte in angemessener Streuung und Mischung,

d)

keine Wandel- und Optionsanleihen und

e)

höchstens 30 Prozent Anlagen in Aktien, Aktienfonds und offenen Immobilienfonds, bezogen auf den einzelnen Investmentfonds, enthalten.

§ 10 Besondere Regel für kurzfristige Geldanlagen

(1)

Soll eine ertragsbringende Geldanlage aufgrund der Zinssituation nicht möglich sein, ist die Unterhaltung von Sichteinlagen auf Konten der Deutschen Bundesbank in Betracht zu ziehen.

(2)

Eine kurzfristige Geldanlage in Investmentfonds ist nicht zulässig.

(3)

Die Verwaltung der kurzfristigen Geldanlagen richtet sich nach § 13 Abs. 1.

§ 11 Besondere Regel für mittelfristige Geldanlagen

(1)

Bei mittelfristigen Anlagen ist eine Anlage in Investmentfonds zulässig.

(2)

Um das den Zielen nach § 5 am weitestgehenden entsprechende Angebot zu erhalten, werden mindestens 2 Vergleichsangebote angefragt oder es wird ein Vermittler eingeschaltet.

(3)

Die Verwaltung der mittelfristigen Geldanlagen richtet sich nach § 13 Abs. 2.

§ 12 Besondere Regel für langfristige Geldanlagen

(1)

Bei langfristigen Anlagen ist eine Anlage in Investmentfonds zulässig.

(2)

Um das den Zielen nach § 5 am weitestgehenden entsprechende Angebot zu erhalten, werden drei Vergleichsangebote angefragt oder es wird ein Vermittler eingeschaltet.

(3)

Die Verwaltung der langfristigen Geldanlagen richtet sich nach § 13 Abs. 3.

§ 13 Zuständigkeit für die Verwaltung der Geldanlagen

(1)

Zuständig für die Entscheidung über die kurzfristige Geldanlage ist der Kassenverwalter unter Rücksprache mit dem Kämmerer.

(2)

Zuständig für die Entscheidung über die mittelfristige Geldanlage ist der Bürgermeister.

(3)

Zuständig für die Entscheidung über die langfristige Geldanlage ist im Hinblick auf die Grundsatzentscheidung und die konkrete Anlageentscheidung der Gemeindevorstand.

§ 14 Überwachung der Geldanlage

und Sicherstellung der Liquidität

(1)

Die Geldanlagen werden von der nach den §§ 10 bis 12 für die Verwaltung der Geldanlage zuständigen Stelle kontinuierlich überwacht.

(2)

Sollte das Bonitätsrating während des Zeitraums der Geldanlage unter den in § 7 genannten Mindeststandard dieser Richtlinie absinken oder besteht Liquiditätsbedarf (§ 106 Abs. 1 HGO), können die Geldanlagen zum nächstmöglichen Zeitraum gekündigt werden oder am Sekundärmarkt verkauft werden, wenn dies wirtschaftlich vertretbar ist.

§ 15 Berichte gegenüber der Gemeindevertretung

(1)

Der Gemeindevorstand berichtet der Gemeindevertretung im Rahmen des Berichtswesens gem. § 28 GemHVO über den Stand der Geldanlagen und die Liquiditätsentwicklung.

(2)

Neue Geldanlagen sind im Bericht besonders zu berücksichtigen.

§ 16 Geltung für den Eigenbetrieb

Diese Richtlinie gilt für die Geldanlagen des Eigenbetriebs entsprechend. Dabei ist die Betriebsleitung für die kurzfristigen und mittelfristigen Geldanlagen zuständig, die Betriebskommission für die Grundsatzentscheidungen der langfristigen Geldanlage.

§ 17 Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt mit dem Tag der Veröffentlichung in Kraft. Sie gilt nicht für Geldanlagen die vor ihrem Inkrafttreten bereits bestanden. Diese Geldanlagen unterfallen dieser Richtlinie erst ab dem Zeitpunkt zu dem eine Entscheidung über die Prolongation ansteht.

Ausfertigungsvermerk

Es wird bestätigt, dass der Inhalt dieser Richtlinie mit den hierzu ergangenen Beschlüssen der Gemeindevertretung übereinstimmt und dass die für die Rechtswirksamkeit maßgebenden Verfahrensvorschriften eingehalten wurden.

Kirchheim, 08.11.2024

gez. Axel Schmidt
Axel Schmidt
Bürgermeister