Thomas Kieß erläutert das Frühwarnsystem und zeigt u. a. einen Regensensor.
Zahlreiche Besucher verfolgten die Vorstellung des Frühwarnsystems zum Starkregen- und Hochwasserschutz in Langgöns
Vor Hochwasserereignissen wie diesem im Januar 2021 in Niederkleen soll zukünftig früher gewarnt werden
Langgöns (ikr). Sechs Pegelsensoren am Kleebach und seinen Nebenbächen sowie neun Regensensoren messen in Langgöns seit wenigen Wochen die Wasserstände und Niederschläge in Echtzeit. Diese Geräte sind Teil eines innovativen Frühwarnsystems zum Starkregen- und Hochwasserschutz innerhalb der Gemeinde Langgöns. Bürgermeister Marius Reusch stellte es gemeinsam mit Thomas Kieß, Geschäftsführer der ausführenden Firma „kwmsys – Environment Monitoring Solutions“ und Fabian Fischer vom Kooperationspartner Stadtwerke Gießen (SWG) vor.
Der Rathauschef freute sich, dass auch Vertreter benachbarter Kommunen gekommen waren: „Denn wir wollen den gesamten Einzugsbereich des Kleebachs als Aufgabe sehen und zukünftig zusammenarbeiten. Dann können alle voneinander profitieren.“ Dazu brauche es jedoch ein „Grundlagennetz, um die Daten zusammenzuführen“.
Ausgangspunkt dieser gemeindlichen Aktivitäten sind die immer wiederkehrenden Starkregenereignisse, die zuletzt insbesondere im Frühjahr und Frühsommer 2020 „beträchtliche Schäden und große Verunsicherung“ verursacht hatten. „Glücklicherweise haben wir in Langgöns nicht eine Dimension wie im Ahrtal, das ist beim beschaulichen Kleebach auch nicht zu erwarten, aber die Vorwarnzeit ist sehr kurz“, führte Reusch aus. Wenn in Espa 100 Liter Regen fallen würden, sei der „Scheitelpunkt nach ein bis zwei Stunden im Niederkleen“. Die Gemeinde hat nun auf ein technisches System gesetzt, um die Bevölkerung frühzeitig warnen zu können, „das ist ganz entscheidend“, betonte der Rathauschef. Die erhobenen und ausgewerteten Daten bilden künftig die Grundlage für Entscheidungen über Starkregen-/Hochwasserwarnungen, Alarme oder das Ergreifen von Notfallmaßnahmen und dienen damit dem Schutz von Menschenleben und Eigentumswerten. Wichtig sei die Einbindung der örtlichen Feuerwehren, von denen der Bürgermeister an diesem Abend auch zahlreiche Vertreter begrüßen konnte. Sein Dank galt der Langgönser Klimaschutzmanagerin Susanne Müller, die den Informationsabend vorbereitet hatte.
Fabian Fischer referierte über das Netzwerk LoRaWAN, das die über die Sensoren gewonnenen Daten über fünf sogenannte „gateways“, die im Gemeindegebiet auf Dächern montiert wurden, weiterleitet. Thomas Kieß, der 2020 sein Startup-Unternehmen in Remseck bei Ludwigsburg gegründet hat und bei über 30 Kommunen unter Vertrag steht, informierte über die Einrichtung und Funktionsweise des Frühwarnsystems, die Datenbeschaffung, die Verarbeitung der gewonnenen Daten und deren Übertragung. Grundlage der ausgewählten Meßstandorte im Gemeindegebiet ist die bereits vorhandene Starkregenanalysenkarte. Messstationen am Kleebach befinden sich unter anderem in Cleeberg in der Forsthausstraße, in Oberkleen in der Brückenstraße, in Niederkleen am Schneiderberg und in Dornholzhausen. Am Bombach zwischen Cleeberg und Oberkleen gibt es einen Sensor, ebenso am Strauchbach in Dornholzhausen sowie in Lang-Göns am Heerweg und im Bereich der Bahntrasse südlich des Neubaugebietes Süd-Ost. „Wir haben über die Gemeinde ein ganz gutes Netz gelegt“, bilanzierte der Bürgermeister. Die Daten seien auch anders nutzbar, beispielsweise von Forst und Landwirtschaft. So lasse sich beispielsweise durch die Messwerte genau ablesen, wie sich Niederschläge veränderten. „Seit der Installation des Systems Anfang März hat es bei uns 40 mm geregnet“, weiß er nun ganz genau. Ein Starkregenereignis war bis dato (Stand Ende März) noch nicht dabei. Der Bürgermeister sprach auch von einem „Lernprozess, die Grenzwerte einzupegeln, damit das System nicht zu häufig alarmiert“. Bis zu drei Schwellwerte sind einstellbar. Die Alarmierung kann über SMS, Email oder andere Kundensysteme erfolgen. Die Daten sollten auch im Einsatzplan der Feuerwehren hinterlegt sein, Thomas Kieß hilft bei der Vernetzung.
Der Geschäftsführer arbeitet auch mit der App HessenWARN, der neuen offiziellen Warn- und Informations-App des Landes Hessen, zusammen. Gerade werde dort eine Behördenschnittstelle geschaffen. „Die Philosophie ist, dass ein Fachmann die Daten bekommt, der dann Warnungen pushen kann, das vermeidet auch Fehlermeldungen“, erläuterte Kieß. Grundsätzlich sei der „Community-Gedanke entscheidend, denn wenn alle zusammenarbeiten haben alle etwas davon.“ Reusch ergänzte: „Hüttenberg kann zum Beispiel von unseren Daten profitieren.“
Pro Sensor und Jahr zahlt die Gemeinde dem Unternehmen 500 Euro. Einmalig werden 500 Euro fällig, um alles einzurichten. In der Gebühr sind Wartung, Batteriewechsel und gegebenenfalls Vandalismusschäden enthalten.
„Ich bin sehr dankbar und stolz, dass wir so weit sind, auf einem sehr, sehr guten Stand stehen und eine maßgeschneiderte Lösung haben“, bilanzierte Marius Reusch. Es sei ein wesentlicher Einstieg, werde aber auch noch ein Lernprozess sein. Der Link zur Karte des Frühwarnsystems wird in den nächsten Tagen auf der Homepage der Gemeinde (www.langgoens.de) eingestellt.