Heike „Maja“ Körner
Das Gebäude vor der Sanierung
Die ehrenamtlichen Helfer beim Streichen der Fassade
Vor dem frisch sanierten Giebel und der Fassade freuen sich (v. l.): Eva Oberschelp, Andreas Totzauer, Kristine Dietz, Nico Seel, Daniel Will, Heike „Maja“ Körner und Sabine Haas.
Niederkleen (ikr). Sie hat geschafft, was viele für unmöglich hielten: In einer beeindruckenden und außergewöhnlichen Einzelaktion hat Heike „Maja“ Körner aus Niederkleen weit über 7000 Euro gesammelt, um eine Giebel- und Fassadensanierung an einem kleinen Fachwerkhaus im Ortskern Niederkleen für krankheits- und berufsbedingt in finanzielle Not geratene Hausbewohner zu unterstützen.
Viele Niederkleener beteiligten sich mit großzügigen Beträgen. Die Spendensumme wurde dazu genutzt, den maroden Giebel eines rund 400 Jahre alten historischen Fachwerkhauses an der Ecke Bennergasse / Schneiderberg zu sanieren, der seit Jahren nur mit einer provisorischen, zwischenzeitlich zerfetzten Plastikplane bedeckt war und das Straßenbild unästhetisch und massiv störte. Auch die Giebelfassade sowie die maroden Fensterrahmen konnten erneuert werden. Das Geld reichte sogar noch für Spezialfarbe, damit wurden die Holzbalken und Gefache von ehrenamtlichen Helfern aus dem Dorf gestrichen.
Die Geschichte von Kristine Dietz, Andreas Totzauer und ihrem Haus bewegte nicht nur Heike „Maja“ Körner, sondern auch viele andere Bürger in Niederkleen und sogar den Langgönser Bürgermeister Marius Reusch, der ebenfalls seine Privatschatulle öffnete und einen finanziellen Beitrag leistete. „Eine tolle und erstaunliche nachbarschaftliche Aktion“, lobte der Rathauschef. Besonders vor dem Hintergrund der diesjährigen 1250-Jahr-Feier „Cleeheim 774“ der beiden Ortsteile Niederkleen und Oberkleen war es Körner und ihren Unterstützern ein Herzenswunsch, das Haus rechtzeitig wieder in einen ansehnlichen Zustand zu bringen. Denn am 5. Mai lädt Niederkleen im Rahmen des Jubiläums zu einem „Tag der offenen Höfe“ mit großem Rahmenprogramm ein.
„Dank der großzügigen Spendenbereitschaft unserer Dorfgemeinschaft konnte dieses Ziel nun erreicht werden“, freut sich Heike „Maja“ Körner. Von der großartigen Unterstützung und dem Erfolg ihrer Aktion zeigt sie sich überwältigt: „Es ist unglaublich, was wir gemeinsam erreichen können, wenn wir alle an einem Strang ziehen. Ich bin sehr dankbar für die großzügigen Spenden und die tatkräftige Hilfe, die uns ermöglicht haben, dieses Projekt im geplanten Zeitraum zu verwirklichen.“
Heike „Maja“ Körner hat viel Zeit aufgewendet, um das Geld zu sammeln: „Drei Monate lang habe ich jeden Tag mehrere Stunden im Dorf verbracht. Ich komme aus dem Dorf und kenne viele Leute“, schmunzelt die engagierte Niederkleenerin, die von sich selbst sagt, dass sie “sehr überzeugungsfähig sein kann“. Erleichternd hinzu kam, dass die 61-Jährige seit kurzem im Vorruhestand lebt, „sonst hätte ich nicht die Zeit gehabt“, lacht sie.
Kristine Dietz und Andreas Totzauer können es kaum fassen, dass ihr Haus jetzt wieder richtig schön aussieht: „Es ist einfach nur toll. Uns fehlen eigentlich noch die Worte.“ Als die beiden das Haus 2014 gekauft hatten, hätten sie nicht gedacht, dass gesundheitliche Aspekte die bereits begonnene Renovierung und Instandsetzung fast völlig zum Erliegen brachten. „Das war beim Kauf noch nicht absehbar.“ Denn Kristine Dietz war schwer herzkrank und musste immer wieder ins Krankenhaus, bis sie im Dezember 2019 ein Spenderherz bekam. 2020 zogen sie in das Haus. Wegen Corona war Dietz gefährdet und hatte fast drei Jahre kaum eine Möglichkeit, irgendetwas zu machen. Andreas Totzauer verlor 2021 seine Arbeit. Acht Monate später hatte er wieder einen neuen Arbeitsplatz, aber viel Geld war nicht vorhanden. „Wenn wir etwas gespart haben, wurde es ins Haus gesteckt, jedoch der Giebel war mit unseren Mitteln nicht machbar“, erzählen die beiden. Sie bedanken sich ganz ausdrücklich „bei allen, die das nun ermöglicht haben.“
Ohne Heike „Maja“ Körner hätte das aber alles nicht geklappt. Körner, die im Dorf nur unter ihrem Spitznamen Maja bekannt ist, den sie übrigens seit ihrer Schulzeit trägt, weil sie schon damals wie die bekannte Roman- und Fernsehfigur Biene Maja stets bereit war, ihren Freunden zu helfen, erzählt von der erfolgreichen Kampagne: „Der marode Giebel hat jeden gestört, mich selbst auch sehr.“ So kam die Niederkleenerin mit den Hausbewohnern ins Gespräch und fragte, ob sie sich helfen lassen würden. Die beiden gaben ihr „Okay“.
„Ich würde was geben, wenn der Giebel zu und das Häuschen wieder schön wäre, wer macht mit?“ Unter dem Motto „Wir wollen den Ortskern wieder schön machen, das Fachwerkhaus retten und den Leuten helfen“ ging sie los und von Haus zu Haus, „und schnell kamen die Hunderter Euroscheine herein.“ Sie war bei allen, „denen es am Herzen liegt, dass der Ortskern wieder schön wird“. Und weil Maja und ihr Mann ihre eigene Hofreite an der Ecke Schneiderberg / Langgönser Straße auch mit Hilfe von Familie und Freunden umfangreich saniert hatte, kannte sie sehr gute Handwerker wie Daniel Will und Nico Seel von der Dach- und Fassadentechnik Will aus Aßlar. Die beiden machten einen Freundschaftspreis und schafften es auch, rechtzeitig vor dem großen Fest am 5. Mai fertig zu werden. Zunächst stützten die Fachleute die alte Fachwerkkonstruktion mit starken Kanthölzern, damit auch die Fassade gesichert wurde und Schalung und Schiefer angebracht werden konnten. Sogar eine Schmuckraute aus Schiefer platzierten sie im Giebel, passend zu den Rauten im Fachwerk. Außerdem wurden auf der Giebelseite die alten Rollladenkästen und maroden Fensterrahmen abgerissen. Für alle Fenster wurden neue Rahmen und Fensterbänke aus Douglasienholz angefertigt, montiert und mit Zinkblech abgedeckt.
Anschließend strichen die Niederkleener Kevin Höringer, Jürgen Knorz, Eva Oberschelp, Sabine Haas, Gabi Bauer und - natürlich - Heike „Maja“ Körner noch die Fassade ehrenamtlich.
Maja hatte sich im Vorfeld der Spendenaktion auch umgehört, ob es von anderer Seite Zuschüsse für das Vorhaben geben könnte: „Der Ortsbeirat wollte 1500 Euro geben, aber weil das Geld an Privatleute gegangen wäre, hat das leider nicht funktioniert.“ Auch im Rahmen des Dorferneuerungsprogramms IKEK war eine Förderung nicht möglich, und zeitnah schon gar nicht. „Die Mindestsumme für solche Förderungen liegt bei 10.000 Euro netto“, weiß Körner inzwischen. Auch von Denkmalschutzseite konnte keine Hilfe erwartet werden, denn das Haus ist nicht denkmalgeschützt.
Die engagierte Dorfbewohnerin bekennt: „Es war anstrengend, es hat aber auch sehr viel Spaß gemacht, bei all‘ den netten und gastfreundlichen Dorfbewohnern. Dennoch bin ich froh, dass jetzt Schluss ist.“ Die eingenommenen Spendengelder sowie die ausgegebenen Summen für die Sanierung hat Körner akribisch festgehalten, und sie wurden beim Ortsgericht Niederkleen auf sachliche Richtigkeit vom Ortsgerichtschöffen Gerhard Heinz geprüft.
Am Ende der gelungenen Aktion bilanziert die Initiatorin zufrieden: „Es hat genau geklappt und genau gepasst, alle sind glücklich, dass das Häuschen in unserer Ortsmitte jetzt wieder so schön aussieht.“ Der Tag der offenen Höfe am 5. Mai kann kommen.