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Heimatblatt Langgöns
Ausgabe 17/2025
Gestaltung Innenteil Seite 2
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Neues Friedhofstor in Lang-Göns feierlich eingeweiht - Ein würdiger Eingang mit bewegter Geschichte

Planskizze der Neuanfertigung 2025

Bei der offiziellen Einweihung des Tores (v. l.): Wilfried Herrlich, Martin Hanika, Dirk Nagel (Faber& Schnepp), Sigrid Herrlich, Marius Reusch, Georg Damrath (Faber& Schnepp) und Achim Keßler.

Wilfried Herrlich präsentiert den ursprünglichen Entwurf seines Meisterstücks von 1964

Eine Plakette verweist auf den Namen des Tores und seinen Erschaffer

Mit sichtlichem Stolz präsentiert Wilfried Herrlich das neue Tor

Langgöns (ikr). Unter großer Anteilnahme der Bürgerschaft wurde am Dienstagnachmittag das neue Eingangstor zum Langgönser Friedhof eingeweiht. Rund 50 Personen, darunter auch ein Fernsehteam des Hessischen Rundfunks, wohnten der feierlichen Zeremonie bei – ein besonderer Moment, der nicht nur ein neues Tor, sondern auch das Schaffen eines herausragenden Handwerkskünstlers würdigt: Wilfried Herrlich aus Lang-Göns, 84 Jahre alt, hat das kunstvoll geschmiedete Tor selbst gefertigt. Es trägt den Namen „Golgatha“ – und mit seiner Entstehungsgeschichte steht es sinnbildlich für Ausdauer, Versöhnung und Hoffnung, gerade in der Karwoche vor Ostern.

Denn dieses Tor ist weit mehr als nur ein neuer Zugang zum Friedhof. Es ist eine Neuanfertigung des Meisterstücks, das Herrlich bereits 1964 für die Gemeinde geschaffen hatte – in Absprache mit dem damaligen Bürgermeister Heinz Ulm und mit dessen Zusage, es würde bei der damals geplanten Erweiterung des Friedhofs Verwendung finden. Doch das Tor wurde nie eingebaut – stattdessen verbaute man einfache Zugangstore. Ein Schock für den Schmied, der auf Nachfrage bei der Gemeinde erfuhr, man habe sich für eine schlüsselfertige und kostengünstigere Lösung entschieden. Er solle sich jedoch keine Sorgen machen, bei der nächsten Friedhofserweiterung in einem der Ortsteile würde das Tor sicherlich Verwendung finden. Viele Jahre lagerte das ursprüngliche Werk dann sicher in der Scheune der Familie Herrlich, bis es von Bauhofmitarbeitern abgeholt und eingelagert wurde - denn die Gemeinde hatte seinerzeit das Material bezahlt, das Tor gehörte ihr demnach.

Die Zeit verging, das Tor wurde nirgendwo eingebaut, und erst viele Jahre später erfuhr Wilfried Herrlich durch Zufall, wo sein Meisterstück verblieben war: „Ein Gemeindemitarbeiter berichtete mir, dass er ‚irgendwelche Stahlrahmen‘ als Abdeckung über einer Müllgrube im Hof des ehemaligen Faselstalls in der Wiesenstraße gesehen hätte.“ Umgehend sprach Herrlich den dortigen Leiter an, seine Antwort machte ihn fassungslos: „Wir haben alle Stahlteile von der Grube zum Schrott gegeben. Ich kann nicht sagen, was da alles dabei war.“ Damit war klar: Das Originaltor war unwiederbringlich verloren. Eine unbedachte, vielleicht achtlose Entscheidung hatte ein handwerkliches Unikat zunichtegemacht. Für Herrlich war es ein schwerer Schlag: „Ich war bestürzt und wütend über diese unbedachte Handlung der Gemeindearbeiter, die damit mein Meisterstück vernichtet hatten“, sagt er rückblickend.

Doch das Schicksal der Schmiedearbeit sollte sich noch einmal wenden. Im vergangenen Jahr erzählte Wilfried Herrlich dem heutigen Bürgermeister Marius Reusch die Geschichte – von der Entstehung des Tores, von der langen Lagerung, von der enttäuschenden Nichtverwendung und schließlich vom Verlust. Reusch war sofort angetan und bestürzt zugleich – und so entstand ein neuer Plan: Die Gemeinde stellte erneut, wie 1964, das Material zur Verfügung, und Herrlich erklärte sich bereit, das Tor noch einmal zu schmieden – dieses Mal als Geschenk an die Gemeinde und als Ausdruck seiner ungebrochenen Leidenschaft für sein Handwerk.

Da auf dem eigenen Grundstück keine Möglichkeit mehr zum Schmieden bestand, fand sich durch die Vermittlung eines Sangesbruders ein geeigneter Ort: In der ehemaligen Schmiede des Ehepaars Ivan und Mira Strok in Großen-Linden durfte Herrlich wieder zu Hammer und Amboss greifen. Dort begann er im Januar mit der Arbeit – rund 150 Stunden investierte er, völlig unfallfrei, mit Hingabe und Präzision.

Das neue Tor ist etwas leichter als das ursprüngliche, aber ebenso kunstvoll gestaltet – modern interpretiert und reich an christlicher Symbolik: Es zeigt auf der linken Seite den gekreuzigten Christus auf dem Berg Golgatha. Gegenüber trauern Maria und Maria Magdalena. Eine aufgehende Sonne symbolisiert die Auferstehung, während drei Vögel für Glaube, Liebe und Hoffnung stehen. Palmen und Gräser vervollständigen das Bild. Das Tor soll, so Herrlich, „ein einladender Eingang für Besucher unseres Friedhofs sein und ein Gefühl der Ruhe und des Friedens vermitteln“. Eine kleine Plakette in einer der Stelen verweist auf den Namen und den Erbauer des Tores.

Bürgermeister Marius Reusch fand bei der Einweihung lobende Worte: „Es ist ein wunderschönes Friedhofstor, das eine lange, 61-jährige Geschichte hinter sich hat. Man kann es auch als Lebenswerk von Wilfried Herrlich ansehen. Hut ab, so eine Handwerkskunst im hohen Alter noch einmal anzufertigen.“ Auch die Unterstützung der Firmen Faber & Schnepp, die die Stelen unentgeltlich anfertigten und Ulm (Pflasterarbeiten) wurde von ihm gewürdigt, ebenso wie der Einsatz des Bauhofs. Martin Hanika, Vorsitzender der Gemeindevertretung, hob die Bedeutung des Ortes hervor: „Friedhöfe als Erinnerungsstätten haben eine identitätsstiftende und gemeinschaftsfördernde Wirkung – ähnlich wie Kirchen oder Bürgerhäuser. Daher ist es wichtig, sie würdevoll zu erhalten und zu gestalten.“ Pfarrer Achim Keßler brachte es schließlich auf den Punkt: „Vielen Dank für dieses wunderbare Tor und Kunstwerk, das zu einer christlichen Predigt wird.“

Am Ende bleibt ein Werk, das Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander verbindet. Ein Tor, das nicht nur öffnet, sondern auch erinnert – an das, was war, was ist und was kommen kann.