Eine Rebhuhnkette in Niederkleen
Martin Wenisch
Langgöns (ikr). Inmitten der alarmierenden Rückgänge von Rebhuhnbeständen in Deutschland zeigt sich Langgöns als leuchtendes Beispiel für erfolgreichen Artenschutz. Dank der intensiven Bemühungen verschiedener Akteure, darunter die Niederkleener Jägerschaft unter Führung von Jagdpächter Stephan Faber, kooperierende Landwirte und Martin Wenisch, der Vorsitzende des NABU-Ortsvereins Lang-Göns, verzeichnet die Feldflur seit mehreren Jahren eine erfreuliche Stabilisierung der Rebhuhnpopulation.
Martin Wenisch betont die Bedeutung dieser Maßnahmen: "Unsere Arbeit zeigt, dass gezielte Naturschutzprojekte positive Effekte auf bedrohte Arten haben können. Durch die Teilnahme am Feldflurprojekt Gießen Süd und die enge Zusammenarbeit mit lokalen Landwirten und der Jägerschaft schaffen wir Lebensräume, die für das Überleben der Rebhühner essenziell sind."
Das Feldflurprojekt Gießen Süd, gestartet im Jahr 2019, zielt darauf ab, die Bestände von Feldhamster, Rebhuhn und Feldlerche zu schützen und zu stabilisieren. Durch die Schaffung neuer Lebensräume in den Kommunen Langgöns, Pohlheim, Linden, Hüttenberg und der Stadt Gießen werden gefährdete Offenlandarten unterstützt. Wenisch erläutert: "Wir vom Naturschutz sind stets bemüht, die Feldflur ökologisch aufzuwerten." Zum Beispiel in Niederkleen: Dort trat im Frühjahr 2020 die Jagdgenossenschaft um Pächter Stephan Faber dem „Rebhuhn-Hegering Gießen“ bei, einer Kooperation vom Landesjagdverband und dem Landkreis Gießen, der sich die Hege und Förderung des heimischen Rebhuhns als Ziel gesetzt hat. Der Niederkleener Landwirt Florian Eisenhardt nimmt mit seinem landwirtschaftlichen Betrieb ebenfalls seit 2020 am Feldflur-Projekt „Gießen Süd“ teil. Bereits nach nur einem Jahr konnten sich die Akteure schon über eine sichtbare Verbesserung des Rebhuhnbestands freuen: Gab es bis dahin nur eine kleine Population an Rebhühnern von ursprünglich ein bis zwei Ketten, so werden die rund zehn Tiere umfassenden Familien genannt, hatte sich diese Zahl nach kurzer Zeit bereits auf zehn bis zwölf Ketten vervielfacht, Tendenz steigend.
Folgende Maßnahmen wurden u. a. seinerzeit rund um Niederkleen umgesetzt und sind wohl für die erfreuliche Entwicklung der Rebhuhnbestände verantwortlich: Auf rund zehn Hektar Ackerland wurden sogenannte „Rebhuhn-Brutplatz-Komplexe“ angelegt. Das sind entweder einjährige oder mehrjährige Blühflächen, bei denen ein fünf Meter breiter Streifen außenherum „schwarz“ gehalten wird, d.h. frei von Bewuchs. Insbesondere für die Küken ist diese Schwarzbrache sehr wertvoll, sie können sich dort frei bewegen und ihr Gefieder trocknen. Zudem ernähren sich Rebhuhn-Küken fast ausschließlich von Insekten, die hier am Rand der Blühflächen reichlich zu finden sind. Die Blühflächen selbst bieten durch ihre ausgewogene Pflanzenmischung das ganze Jahr ausreichend Schutz vor Fressfeinden, die für fast alle Todesfälle bei Rebhühnern verantwortlich sind. „Deshalb ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Jägern, Biologen und Landwirten unabdingbar“, betont Wenisch. Die Jägerschaft verpflichtete sich, im Rahmen ihrer jagdlichen Aufgaben eine unverhältnismäßige Verbreitung von Fressfeinden einzuschränken, dies sind hauptsächlich Fuchs und Waschbär. Rebhühner sind als Bodenbrütern besonders leichte Beute.
Die Zählungen der Rebhühner finden traditionell während der Balzzeit von Mitte Februar bis Ende März statt – sie sind also momentan im vollen Gange. Der NABU Langgöns beteiligt sich aktuell im Rahmen des Verbundprojektes „Rebhuhn retten -Vielfalt fördern“ um Langgöns herum an diesen Kartierungen. Die Ergebnisse werden weitergeleitet und anschließend zentral ausgewertet. In der zeitigen Frühjahrsphase sind die Vögel besonders aktiv und ihre Rufe leichter zu vernehmen. Um die scheuen Tiere aufzuspüren, setzen die Naturschützer mittlerweile auf innovative Methoden: Mit speziellen Lautsprechern werden Balzrufe abgespielt, die Rebhähne dazu animieren, zu antworten und somit ihre Position preiszugeben. Diese Technik hat sich als äußerst effektiv erwiesen, insbesondere in Gebieten mit hohen Verkehrs- oder Windgeräuschen. Mit Wärmebildgeräten werden die Hühner zusätzlich erfasst.
Diese positiven Entwicklungen in Langgöns verdeutlichen, wie effektiver Naturschutz durch lokales Engagement und innovative Methoden zum Erhalt bedrohter Arten beitragen kann.
Interviewfragen an Martin Wenisch, Vorsitzender des NABU Langgöns:
Herr Wenisch, gibt es Pläne, die erfolgreichen Maßnahmen in Langgöns auf andere Regionen zu übertragen oder ähnliche Projekte zu initiieren?
Diese oder ähnliche Maßnahmen werden bereits auch schon in anderen Regionen praktiziert. Wir arbeiten hier mit Natur- und Artenschützern im deutschlandweiten Verbundprojekt „Rebhuhn retten -Vielfalt schützen“ sehr intensiv und kollegial zusammen.
Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung der Rebhuhnbestände in Mittelhessen, und welche langfristigen Strategien planen Sie, um deren Schutz zu gewährleisten?
Sobald die Lebensgrundlagen für die Feldhühner stimmen, werden sich auch wieder stabile Bestände aufbauen. Wir sollten zusammen mit den Landwirten langfristig für gute Rebhuhnlebensräume sorgen. Die Feldflur muss wieder strukturreicher werden.
Welche Rolle spielen Freiwillige und die lokale Bevölkerung in Naturschutzprojekten, und wie können Interessierte sich engagieren?
Wir von den Naturschutzverbänden NABU und Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) nehmen gerne Interessierte mit und bieten auch Exkursionen an. Gerne nehmen wir aus der Bevölkerung Rebhuhnmeldungen entgegen. Landwirte sind für uns ganz wichtige Projektpartner, denn sie können die Flächenbewirtschaftung für die Feldflurarten gestalten.
Wie wichtig ist die finanzielle Unterstützung durch Fördermittel für Ihre Arbeit, und welche weiteren Ressourcen wären hilfreich, um Ihre Projekte auszubauen?
Die finanzielle Unterstützung ist enorm wichtig, um bestimmte finanzielle Anreize für die Landbewirtschafter zu setzen. Außerdem ist ein intensives Monitoring, um die Bestandsentwicklung zu überwachen und die nötigen Maßnahmen zielgerichtet anzulegen, notwendig. Vielen Offenlandarten geht es schlecht, das Rebhuhn z.B. hat in den letzten Jahrzehnten ein Bestandsrückgang von über 90 Prozent erfahren. Dies muss sich schnell und nachhaltig ändern.
Die Entwicklung der Rebhunhbestände in Langgöns ist sehr positiv.