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Heimatblatt Langgöns
Ausgabe 26/2025
Heimatblatt
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Hoch hinaus mit 93 – Wilhelmine Hoffmann erfüllt sich beim Gemeindefest einen besonderen Geburtstagswunsch

Daumen hoch vor dem Abflug: Katharina, Wilhelmine und Hans-Peter Hoffmann starten zum Hubschrauberflug

Mutig und neugierig: Wilhelmine Hoffmann genießt mit 93 Jahren ihren ersten Rundflug aus der Vogelperspektive.

Langgöns (ikr). Die Rotoren kreisen, ein lautes Surren erfüllt den Sportplatz des TSV Lang-Göns. Menschen schauen gebannt zum Himmel, Kinder winken, Kameras klicken. Inmitten des Trubels sitzt Wilhelmine Hoffmann ruhig und aufrecht auf ihrem Rollator – bereit für ihr großes Abenteuer. Als sich die Tür des postgelben Helikopters öffnet und sie an der Reihe ist, steht sie auf und geht entschlossen Richtung Einstieg. Kurz darauf hebt sie ab – zum ersten Mal in ihrem Leben im Hubschrauber, mit 93 Jahren.

„Ich wollte einfach noch mal etwas ganz Neues erleben“, sagt die Langgönserin später, noch immer erfüllt von diesem besonderen Erlebnis. Gemeinsam mit Sohn Hans Peter und Enkelin Katharina hatte sie sich auf einen der Rundflüge begeben, die im Rahmen des Langgönser Gemeindefests erstmalig angeboten wurden – organisiert vom Unternehmen Heli-Flight aus Reichelsheim.

Schon am späten Vormittag hatten sich zahlreiche Besucherinnen und Besucher auf dem Festgelände im Niederhofen eingefunden. Der Rasenplatz des TSV war kurzerhand zum Hubschrauberlandeplatz umfunktioniert worden. Viele hatten sich ihren Flug im Vorfeld gesichert – und die Nachfrage war groß. Der gelbe Helikopter startete im Zehnminutentakt und schenkte den Passagieren eindrucksvolle Blicke über Langgöns und Umgebung.

Für Wilhelmine Hoffmann war es mehr als ein schöner Ausblick – es war ein besonderer Wunsch, der kurz vor ihrem 93. Geburtstag Anfang des Jahres Gestalt annahm. „Im Langgönser Heimatblatt hatten wir die Anzeige für die Rundflüge entdeckt“, erzählt Sohn Hans Peter. „Da sagte meine Mutter ganz spontan: Das würde ich gern mal machen.“

Dass sie bis dahin nur in großen Verkehrsflugzeugen gesessen hatte – etwa bei Reisen in die USA – tat ihrer Abenteuerlust keinen Abbruch. Vielmehr wollte sie die Gelegenheit nutzen, „Langgöns einmal von oben“ zu sehen. Seit ihrer Hochzeit Anfang der Fünfzigerjahre wohnt die gebürtige Wuppertalerin in Langgöns. 1945 war sie nach Hessen gekommen, weil ihre Mutter aus Londorf stammte.

Angst vor dem Rundflug? Keine Spur. „Ich war zwar gespannt, aber nicht nervös. Ich habe mich einfach darauf gefreut“, erzählt Wilhelmine ganz gelassen und mit einem Lächeln. Ähnliche Erfahrungen wie beispielsweise Achterbahnfahren im Erlebnispark hat sie in ihrem langen Leben nicht gesammelt. Umso gespannter waren auch Sohn und Enkelin, wie die sympathische alte Dame den Flug wohl erleben würde.

Beim fünften Flug an diesem Tag war es dann soweit: Die drei Generationen der Familie Hoffmann bestiegen gemeinsam den Helikopter und Wilhelmine Hoffmann zeigte keinerlei Angst, „nicht einmal beim Einsteigen unter den rotierenden Rotorblättern“, erzählt ihr Sohn. Enkelin Katharina durfte vorne beim Piloten Platz nehmen, während Mutter und Sohn auf der Rückbank saßen. Über Kopfhörer waren alle miteinander verbunden. „Aber meine Mutter war während des Flugs ganz still“, berichtet Hans Peter lachend. „Sie hat einfach geschaut – und gestaunt.“

Ihr ging es während des Flugs sehr gut, sie sagte danach mit sichtlicher Begeisterung: „Ich war ziemlich relaxt und muss sagen, es war eine ganz tolle Sache.“ Auf Wunsch seiner Passagiere flog der Pilot auch über die Holzheimer Straße – Wilhelmine Hoffmanns Wohnort seit Jahrzehnten. Von oben konnte sie ihr Haus erkennen. „Das war ein bewegender Moment“, sagt sie. „Alles sah so klein aus – aber so vertraut.“ Die Sicht war klar, das Wetter spielte mit – und zum Schluss machte der Pilot, nachdem er vorher seine Fluggäste gefragt hatte, noch mal extra zwei scharfe Kehrwenden, was für zusätzlichen Nervenkitzel sorgte.

Nach der sicheren Landung genoss die Familie noch das bunte Treiben auf der Festmeile. Für Wilhelmine war der Tag ein voller Erfolg. „Es war wunderschön. Ich bin so froh, dass ich das gemacht habe“, sagt sie. Auch am nächsten Morgen, so berichtet ihr Sohn, sei sie am Telefon noch voller Begeisterung gewesen.

Der Mut der 93-Jährigen hat viele beeindruckt – und zeigt, dass es nie zu spät ist für neue Perspektiven. „Man muss die Dinge einfach machen, solange man kann“, sagt sie zum Abschied – und lacht dabei so, wie nur Menschen lachen, die noch lange nicht müde sind, das Leben zu entdecken.