Sie informierten über Geothermie (v. l.): Andreas Hofheinz, Susanne Müller, Axel Schömann, Julian Rindte, Andrea Homrighausen (Geo Bohrtechnik) und Marius Reusch
Rund 60 Besucher waren zum Informationsabend über Geothermie gekommen
Axel Schömann zeigt die Stelle, an der die Erdbohrung vor seinem Haus erfolgte. Heute ist die Fläche mit Büschen bewachsen
Langgöns (ikr). Rund 60 Bürger folgten der Einladung zum Informationsabend über Geothermie, zu dem die Gemeinde Langgöns in Zusammenarbeit mit der Landesenergieagentur (LEA) Hessen und der Firma Geo Bohrtechnik GmbH & Co. KG aus Hatzfeld/Eder eingeladen hatte.
Bei Geothermie geht es darum, die in der Erdkruste gespeicherte Wärme zu nutzen. Erdwärme ist eine nachhaltige und umweltfreundliche Energiequelle. Sie ist unerschöpflich und besonders umweltfreundlich. „Es könnte ganz konkret etwas Praktisches und Positives aus diesem Abend entstehen“, sagte der Langgönser Bürgermeister Marius Reusch zu Beginn der dreieinhalbstündigen Veranstaltung. Die Gemeinde ist daran interessiert, dass Langgönser Bürger Erdwärme nutzen. Die bereits durchgeführte Probebohrung im Neubaugebiet Blankweg in Dornholzhausen hat ein sehr positives Wärmenachlieferungspotenzial erbracht. „Wir als Gemeinde wollen selbst für mindestens zwei Liegenschaften Erdwärme erschließen“, sagte der Rathauschef. Die Langgönser Klimaschutzmanagerin Susanne Müller ergänzte, dass die Gemeinde die Daten der Dornholzhäuser Bohrung interessierten Bürgern gerne zur Verfügung stellt, finanzielle Fördermöglichkeiten nennt und auch anbietet, über die Zusammenführung von Interessenten Synergien zu bündeln und beispielsweise Bohrtermine zu koordinieren. Auch der Landkreis Gießen bietet zusätzliche Fördermittel an, die auf der Homepage der Gemeinde Langgöns abruft sind. Für nähere Informationen steht Susanne Müller zur Verfügung.
Axel Schömann aus dem Ortsteil Lang-Göns hat sich bereits vor zehn Jahren für eine Erdwärmeheizung in seinem Altbau entschieden und hat diesen Entschluss nicht bereut. Er saß ebenfalls in der Podiumsrunde und berichtete praxisnah über das Projekt, das ihm als gelerntem Elektroingenieur auch eine Herzensangelegenheit war. In seinem Fachwerkhaus aus dem 19. Jahrhundert in der Obergasse hat er 2013 auf 225 m² beheizter Wohnfläche – ganz ohne Fußbodenheizung – eine Erdwärmeheizung installiert und ist damit hochzufrieden.
„Bis 2013 wurde das Haus auf einen relativ guten energetischen Wärmedämmstandard gebracht und eine Fotovoltaik-Anlage war sowieso geplant, warum also nicht auch eine Wärmepumpe in Betracht ziehen“, berichtete Schömann von seiner Idee zu einer Zeit, als eine solche Heizmöglichkeit in der breiten Öffentlichkeit noch kaum ein Thema war. So begann sein Projekt „Erdwärmepumpe im Altbau“. Detailliert erläuterte er die umfangreichen Vorbereitungen für das Projekt und seine Durchführung. Nach seinen Berechnungen wird sich die Gesamtinvestition nach spätestens knapp 20 Jahren amortisiert haben. Wichtig sei die Heizlastberechnung, die bei ihm eine Heizleistung von 8,9 kW erforderlich machte. Für die Erdwärmebohrung unmittelbar vor seinem Haus, die eine Tiefe von 200 m hat, hatte er seinerzeit die Firma Geo Bohrtechnik ausgewählt, denn nur sie war damals bereit, bis zu dieser Tiefe zu bohren, „es ist Zufall, dass sie auch heute hier vertreten ist“, sagte Schömann. Das Unternehmen holte auch alle erforderlichen Genehmigungen ein, der Hausherr schloss zudem eine Versicherung zur Deckung eventueller Schäden als Folge der Erdwärmebohrung ab. Ab einer Bohrtiefe von mehr als 100 m muss vom Regierungspräsidium eine Genehmigung eingeholt werden. „Das war überhaupt kein Problem, der Mitarbeiter war sogar sehr erfreut, dass endlich mal jemand tiefer als 100 m bohren wollte“, schmunzelte Schömann rückblickend. Die Bohrung selbst dauerte zwei Tage, eine 200 m lange Doppel-U-Sonde wurde eingeführt und verpresst. Die beiden Sondenenden wurden später ins Haus geführt und mit der Sole-Wasser-Wärmepumpe verbunden. Der Großteil der im Haus befindlichen Heizkörper musste gegen leistungsstärkere Varianten ausgetauscht werden, damit die benötigte Heizleistung trotz geringerer Vorlauftemperatur erhalten bleibt. 13 Kompaktheizkörper und eine Wandheizung wärmen das Haus seitdem.
„Alles funktioniert bestens, ich muss nur darauf achten, dass kein Eis im Verdichter entsteht, was bislang nur dreimal in zehn Jahren, immer am Ende des Winters, passiert ist, denn dann schaltet sich das Gerät ab.“ Hätte er 30 m tiefer gebohrt, wäre auch diese Einschränkung kein Thema gewesen, weiß Schömann heute. Vor zehn Jahren kostete ihn die Bohrung noch 50 Euro pro Bohrmeter, 17.000 Euro waren es insgesamt, „das war damals kostengünstiger als heute, dafür ist die Technik heute fortgeschrittener.“ Seine Botschaft an das Publikum lautete: „Auch wenn ein Haus keine Fußbodenheizung oder eine andere Flächenheizung besitzt, ist der Betrieb einer Wärmepumpe möglich und wahrscheinlich auch sinnvoll, weil auch mit einer Vergrößerung von normalen Heizkörpern die Vorlauftemperatur reduziert werden kann.“ Seine Stromkosten sind über die Jahre tendenziell immer weiter gesunken, „auch weil ich weitere wärmedämmende Maßnahmen umgesetzt habe“. Nach seinem Vortrag wurde Axel Schömann von den Zuschauern mit vielen Fragen bestürmt.
Wie eine Bohrung heute durchgeführt wird und worauf dabei alles zu achten ist, referierte zuvor Julian Rindte von Geo Bohrechnik. Die jeweilige Bohrung werde anhand individueller Daten berechnet, ein Kostenangebot könne er nur machen, wenn entsprechende Daten vorliegen würden, sagte er und hielt sich entsprechend bedeckt. Mindestens 15.000 Euro, so war ihm dann doch zu entlocken, koste eine Bohrung mit 100 m Tiefe. Bei einem größeren Zweifamilienhaus müssten auch zwei 100-Meter-Bohrungen erfolgen. Einige Besucher zeigten sich angesichts der zu erwartenden Kosten skeptisch und zweifelten die Wirtschaftlichkeit einer solchen Investition an.
Zu Beginn hatte Andreas Hofheinz von der LEA, Experte für Erneuerbare Energietechnologien und Systemtransformation, anschaulich zu Möglichkeiten der Erdwärmenutzung referiert. Er empfahl, sich weiterführend im Internet beim Geothermie- / Geologieviewer Hessen oder mittels Broschüren der Bundesverbände für Geothermie und Wärmepumpen zu informieren, denn gerade die Fördermöglichkeiten seien „manchmal ein Dschungel“. Die Mitarbeiter der LEA unterstützen hierbei, auch telefonisch, nähere Infos gibt es auf der Homepage www.lea-hessen.de
Hofheinz erklärte die Möglichkeiten der Erdwärmenutzung u. a. mittels Erdwärmekörben, Erdwärmekollektoren und Erdwärmesonden. Die LEA Hessen hat Erkundungsbohrungen in allen Landesteilen durchgeführt. Auch in Dornholzhausen gab es im Baugebiet „Blankweg“ eine Erkundungsbohrung mit vielversprechendem Ergebnis. Ähnlich sehe es auch in den anderen Langgönser Ortsteilen aus: „Fast alle unsere Ortsteile sind im grünen Bereich“, betonte Bürgermeister Marius Reusch. Er würde sich freuen, wenn sich nun viele Bürger eingehender mit dem Thema beschäftigen und sich für diese Art der Energienutzung entscheiden.
Anmerkung: Interessenten können sich bis Ende Oktober 2023 unter s.mueller@langgoens.de bei der Klimaschutzmanagerin melden.