„The Twiolins“ Marie-Luise Dingler (l.) und Marta Danilkovich spielten in der neuen Besetzung erstmals zusammen in der Öffentlichkeit
Gruppenbild mit Künstlerinnen (v. l.): Christoph Schaaf, Marie-Luise Dingler, Barbara Fandré, Marta Danilkovich, Marius Reusch und Martin Hanika. Es fehlt Christopher Lipp
Oberkleen (ikr). Das war ein Konzert, das man nicht so schnell vergisst: „The Twiolins“, das Duo bestehend aus den Geigenvirtuosinnen Marie-Luise Dingler und Marta Danilkovich, entführten die Zuhörer in der stimmungsvollen St. Michaelis Kirche in Oberkleen auf eine fesselnde Reise durch die Jahreszeiten und Kontinente. Mit ihrem Programm „Eight Seasons by Vivaldi and Piazzolla“ brachten sie barocke Meisterwerke und leidenschaftliche Tangos auf eine Weise zusammen, die eine ganz neue Dimension von Klassik und Weltmusik eröffnete.
Die beiden Künstlerinnen überzeugten nicht nur durch ihre technische Perfektion und ihren unvergleichlichen musikalischen Ausdruck, sondern auch durch ihre sympathische Ausstrahlung und stilvolle Eleganz. Ihr harmonisches Zusammenspiel und ihre Präsenz auf der Bühne machten deutlich, dass Musik hier nicht nur gehört, sondern auch gespürt werden konnte. „Wunderbare, perfekt vorgetragene Musik bereichert heute Abend nicht nur unsere Ohren. Vielmehr erleben wir eine Symbiose aus Klang und Bild. Wir dürfen einen Augen- und Ohrenschmaus - wir dürfen ein Konzert der Spitzenklasse - vorgetragen von zwei hinreißenden Künstlerinnen – genießen“, sagte die Organisatorin Barbara Fandré. Sie hatte zu diesem außergewöhnlichen Konzert gemeinsam mit dem Förderverein der St. Michaeliskirche Oberkleen unter Leitung von Inge Michel eingeladen.
Die beiden Musikerinnen, die gleichermaßen durch ihr musikalisches Können wie durch ihre charismatische Erscheinung beeindrucken, hinterließen beim Publikum bleibende Eindrücke. Schon der Auftakt des Konzerts, Vivaldis berühmtes „La Primavera“, zog das Publikum in seinen Bann: Frisch und leicht, wie ein Frühlingshauch, entfaltete sich die barocke Eleganz im Kirchenschiff. Doch kaum war man von der Anmut Vivaldis umfangen, wurde die Szenerie durch Piazzollas „Milonga del Angel“ in ein wehmütiges, sehnsüchtiges Buenos Aires katapultiert. Dieses Wechselspiel aus Klangwelten zog sich wie ein roter Faden durch den Abend: barocke Brillanz traf auf die pulsierende Emotionalität des Tangos. Nicht nur die „Resurrección del Ángel“ von Piazzolla ließ das Publikum innehalten und staunen – es war nur einer von vielen Momenten, die noch lange nachhallten. Mit ihrem Sommerblock schufen die Twiolins eine Atmosphäre, die das Publikum förmlich in einen Bann aus flimmernder Hitze und drängender Sehnsucht zog. In einer spektakulären Darbietung u. a. der „Fuga y Misterio“ führten die Musikerinnen mit technischer Brillanz und emotionaler Tiefe durch ein Wechselspiel aus Virtuosität und Mystik.
Nach der Pause ging es mit herbstlicher Stimmung weiter. Vivaldis „L’Autunno“ und Piazzollas spannungsgeladene „Buenos Aires Hora Cero“ schufen zusammen ein Klanggemälde, das sowohl die melancholischen Töne des Barocks als auch die leidenschaftliche Dramatik des Tangos einfing. Besonders beeindruckte der Winterblock, der in Piazzollas „Milonga en re“ und Vivaldis abschließendem Allegro mit einer solch emotionalen Wucht endete, dass das Publikum atemlos verharrte, bevor es in frenetischen Applaus ausbrach.
Die technische Brillanz der Twiolins zeigte sich nicht nur in ihrer atemberaubenden Fingerfertigkeit, sondern auch in ihrer Fähigkeit, die unterschiedlichen Stile zu einer harmonischen Einheit zu verschmelzen. Dass dies die erste öffentliche Aufführung mit der neuen Besetzung war – Marta Danilkovich hat erst vor einem halben Jahr den Platz von Christoph Dingler, dem Bruder von Marie-Luise, übernommen – war kaum zu glauben. Ihre Interpretationen wirkten wie aus einem Guss.
Das Konzert wurde vom Publikum mit tosendem Applaus und stehenden Ovationen gefeiert. Der Langgönser Bürgermeister Marius Reusch, Parlamentspräsident Martin Hanika und der Erste Kreisbeigeordnete Christopher Lipp, allesamt aus Oberkleen, als auch Pfarrer Christoph Schaaf als „Hausherr“ ließen es sich nicht nehmen, den Twiolins persönlich für diesen außergewöhnlichen Abend zu danken. „Mit Vivaldi ist selbst der Winter schön“, scherzte Hanika bei der Übergabe eines Blumenstraußes und fügte hinzu: „Ein solches Konzert auf diesem Niveau hat es in der über 250-jährigen Geschichte dieser Kirche noch nie gegeben.“ Dass dieser Abend in einer kleinen Gemeinde wie Oberkleen stattfand und nicht in einem der großen Konzertsäle der Welt, machte ihn umso besonderer. Barbara Fandré brachte es auf den Punkt: „Ich bin stolz, dass wir diese Premiere hier bei uns erleben durften.“ Mit „Eight Seasons“ haben die Twiolins nicht nur die Grenzen der Klassik neu definiert, sondern auch gezeigt, wie Musik Kulturen und Emotionen verbinden kann. Ein Abend, der unvergesslich bleibt – für die Ohren, das Herz und die Seele.