Das Konzept der Leichten Sprache nutzt Bilder, um Inhalte zu veranschaulichen
Kreisverwaltung Gießen arbeitet zusammen mit Büro für Einfache und Leichte Sprache der Lebenshilfe Gießen
Landkreis Gießen. Ob Behördenschreiben, Verträge, Antragsformulare oder Tageszeitungen: Circa 40 Prozent der Menschen in Deutschland können Texte in Alltagssprache nicht in vollem Umfang verstehen – das zeigen Studien der Universität Hamburg. Für große Teile der Bevölkerung sind Informationen also nicht zugänglich. Dagegen können etwa 80 Prozent die Texte in Einfacher Sprache und bis zu 95 Prozent die Texte in Leichter Sprache vollständig verstehen. Um mehr Menschen den Zugang zu Informationen zu ermöglichen, arbeitet der Landkreis Gießen mit dem Büro für Einfache und Leichte Sprache der Lebenshilfe Gießen zusammen. Ab sofort kann auf der Internetseite der Kreisverwaltung in einem ersten Schritt der Sozialbereich in Leichter Sprache ausgewählt werden.
„Wir beginnen mit dem Bereich des Sozialamts und möchten Schritt für Schritt alle Bereiche der Kreisverwaltung auf unserer Internetseite in Leichter Sprache als zusätzliches Angebot darstellen“, erklärt Landrätin Anita Schneider. „Unser Ziel ist es dabei, mehr Menschen die Möglichkeit zu bieten, selbstbestimmt am sozialen Leben teilnehmen zu können. Auch handelt es sich hierbei um einen gesetzlichen Auftrag, der unter anderem im Behindertengleichstellungsgesetz verankert ist.“
„Und dabei richtet sich Leichte Sprache nicht nur an Menschen mit Behinderung“, weiß Dirk Oßwald, Vorstand der Lebenshilfe Gießen. „Leichte Sprache berücksichtigt die Bedürfnisse vieler Personengruppen: Menschen, die ungeübt im Lesen sind oder nicht Deutsch als Muttersprache haben, Menschen mit Lernbehinderung, Legasthenie oder geistiger Behinderung, Menschen mit Sehbehinderung oder gehörlose Menschen, aber auch Menschen mit Konzentrationsschwierigkeiten zum Beispiel aufgrund einer psychischen Erkrankung oder Demenz.“
Repräsentiert werden diese Gruppen in den Prüfgruppen des Büros für Einfache und Leichte Sprache. Übersetzerin Anja Sandtner erklärt ihr Vorgehen: „Zunächst einmal filtern wir, welche Inhalte für unsere Zielgruppen überhaupt relevant sind. Zur Übersetzung der Inhalte arbeiten wir eng mit Vertretungen der Zielgruppen zusammen. KI-gestützte Übersetzungstools können manchmal zur Unterstützung beitragen.“ Letzteres sei vergleichbar mit dem Blick ins Wörterbuch bei einer Fremdsprache. Die Prüfung auf Verständlichkeit der Texte – die sogenannte Usability Prüfung – erfolge abschließend durch die Prüfgruppen.
Auf der Internetseite des Landkreises Gießen ist der Bereich für Leichte Sprache von nun an ganz oben unter dem entsprechenden Symbol oder direkt unter www.lkgi.de/leichte-sprache zu finden. Aktuell gibt es hier unter „Soziales“ die Informationen der Themen „Geld-Hilfen für Kinder und Jugendliche“, „Pflege und Betreuung“, „Sozial-Hilfe“, „Versicherungs-Amt“ und „Wohngeld“. Beantwortet werden beispielsweise Fragen, wie man Geld für Bildung und Teilhabe bekommt, was Pflege-Grade und Sozial-Hilfe sind, wer bei Sozial-Versicherungen berät oder wie hoch das Wohngeld ist.