Von links ausgehend: Manuel Esterle (Zuständiger Sachbearbeiter der HessenEnergie für das Repowering), Lukas Becker (Bürgermeister), Dr. Hans-Peter Frank (Geschäftsführer der HessenEnergie)
Einnahmen aus der Windkraft-Stromerzeugung sind im Hohen Vogelsberg, insbesondere im Bereich Ulrichstein und Lautertal wichtige finanzielle Stützen des kommunalen Haushalts. Der neue Lautertaler Bürgermeister Lukas Becker hat sich nun kürzlich mit Vertretern von Hessen-Energie getroffen, um sich über den aktuellen Stand in Sachen Repowering der bestehenden Anlagen und insbesondere die Auswirkungen auf den Lautertaler Haushalt zu informieren. Im Fokus des Interesses: das Gebiet Goldner Steinrück bei Helpershain/Engelrod. Hier werden im Zuge des Repowerings seit kurzem 18 ältere Windkraftanlagen zurückgebaut und durch fünf moderne und leistungsstärkere Windräder ersetzt.
Auf den luftigen Höhen dieser Windkraftbaustelle traf sich der neue Bürgermeister nun mit Dr. Hans-Peter Frank, Geschäftsführer der Hessen-Energie, sowie Manuel Esterle, dem zuständigen Sachbearbeiter bei Hessen-Energie für das Repowering. Hessen-Energie ist ein 100-prozentiges Tochterunternehmen des regionalen Energieversorgers OVAG. 13 der Windenergieanlagen werden von der OVAG betrieben, wobei zehn bereits in den letzten Wochen demontiert wurden und drei „aus naturschutzfachlichen Gründen“ ab Anfang August zurückgebaut werden. Auch die verbleibenden fünf Anlagen werden vom Betreiber dieser Windenergieanlagen zurückgebaut. „Auch hier liegt die Genehmigung bereits vor und der Rückbau wird im August vorgenommen“, teilte Hessen-Energie-Geschäftsführer Frank mit.
Auch wenn vier der neuen Anlagen vom Typ Vestas V-150 mit einer Nabenhöhe von 166 Metern, einem Rotordurchmesser von 150 Metern, einer Gesamthöhe von 241 Metern und einer Nennleistung von 5,6 Megawatt je Anlage, auf Ulrichsteiner Gebiet stehen, ist die Bautätigkeit auf dem Steinrück für Lautertal interessant, denn einer der Repowering-Standorte befindet sich auf dem Gemeindegebiet der Gemeinde Lautertal in der Gemarkung Engelrod. Darüber hinaus stehen noch sechs „alte“ Anlagen auf Lautertaler Gebiet. „Vier davon werden derzeit saniert und instandgesetzt“, informiert Becker.
Auf dem 578,1 Meter hohen Gebirgszug "Goldnen Steinrück“ werden bereits 64 Windenergieanlagen unterschiedlichster Bauart und -größe betrieben. Die Gesamtleistung der abzubauenden Altanlagen beträgt 9,8 Megawatt, die der fünf Neuanlagen 28 Megawatt. Nach Berechnungen der Betreiber werde sich der erzeugte Stromertrag auf circa 80 Millionen Kilowattstunden pro Jahr in etwa verfünffachen. Dies entspreche etwa dem Verbrauch von rund 20.000 Drei-Personen-Haushalten. Der Windpark auf dem Goldnen Steinrück ist der größte und leistungsfähigste Windpark im Gebiet von Ulrichstein. Er erstreckt sich darüber hinaus auf die Lauterttaler Gemarkungen von Dirlammen, Engelrod und Meiches.
„Die Gemeinde Lautertal profitiert von allen Anlagen über die EEG-Vergütung von 0,2 Cent pro Kilowattstunde. Wir gehen davon aus, dass rund 90.000 Euro aus dieser Vergütung, wenn die neuen Anlagen voll in Betrieb gegangen sind, jährlich dem Haushalt zur Verfügung stehen“, rechnet der Lautertaler Bürgermeister. Ab 2026 könnte es soweit sein. Hinzu käme dann noch die Pacht aus der „repowerten“ Anlage auf Engelröder Gebiet – rund 40.000 Euro pro Jahr. Alles in allem rechnet Becker etwa ab 2026/27 mit rund 500.000 Euro Einnahmen jährlich aus Erträgen und Pachten für Lautertal, wenn alles nach Plan verläuft. Diese stolze Summe ist dann von allen Anlagen, die sich in und um Lautertal befinden, gerechnet.
Auch den Naturschutz habe man im Blick, wie die Hessen-Energie-Vertreter betonten. So erfolge der Rückbau der alten Anlagen unter besonderer Beachtung von Natur- und Bodenschutz und „minimal möglichem Eingriff in die Umwelt“. Dies werde zudem durch eine genehmigungsrechtlich verpflichtende bodenkundliche- und naturschutzfachliche externe Baubegleitung sichergestellt. Der Abtransport der Komponenten erfolge, „wo möglich und sinnvoll“, in vollständigen Baugruppen. „Ziel ist es dabei, die Belastung jeglicher Art vor Ort so gering wie möglich zu halten“, so Unternehmensvertreter Esterle. „Sofern möglich“ würden die Bauteile und Rohstoffe im Zuge einer Ersatzteilbevorratung wiederverwendet oder weiter im Wege des Recyclings verwertet.
Eine umfangreiche Umweltverträglichkeitsprüfung war bereits Bestandteil des Genehmigungsverfahrens, die ebenfalls der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde und deren Ergebnisse in das Verfahren eingeflossen sind. Das hatte das Regierungspräsidium Gießen im vergangenen Jahr mitgeteilt. Dabei wurde eine Vielzahl von Umweltbelangen wie zum Beispiel der Schutz von Wasser und Boden, Immissionsschutz (insbesondere Lärm und Schattenwurf), Naturschutz- und Forstrecht, Fragen des Baurechts, des Denkmalschutzes, der Luftverkehrssicherheit und vieles mehr geklärt. Dem Naturschutz kam in diesem Verfahren aufgrund der Lage des Standortes innerhalb des Vogelschutzgebietes "Vogelsberg" eine besondere Bedeutung zu. Um die Gefährdung von Rotmilanen, aber auch anderen Tierarten durch die Windenergieanlagen zu minimieren, wurde ein Maßnahmenkonzept erarbeitet, welches in den Genehmigungsbescheid aufgenommen wurde. Es beinhaltet beispielsweise, dass einzelne Anlagen temporär abgeschaltet werden können.
Nennenswerten Gegenwind aus der Bevölkerung ist durch die Repowering-Pläne nicht zu erwarten. Auch in den letzten Jahren blieb es in dieser Hinsicht ruhig in Lautertal, ebenso wie in Ulrichstein, dass in noch stärkerem Maße von der Windkraft profitiert. „Ohne Windkraft würden wir jedenfalls finanziell schlechter dastehen“, zeigt sich der neue Bürgermeister sicher. Und davon profitiere jeder Bürger Lautertals: „Denn jeder Windkraft-Euro muss nicht durch die Bürger über die Steuer aufgebracht werden“.
Text: Lauterbacher Anzeiger