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Ober-Mörler Nachrichten
Ausgabe 18/2025
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​​​​​​​Damals in Ober-Mörlen

Wintereinbruch am Maiberg Kreuzung Kirschenberg / Erzborn 1960er Jahre, rechts das alte Anwesen von Hans und Irmgard Reitschky. Fotoarchiv Fam. Kerhac

Blick über die Erzbornbrücke zum östlichen Teil mit den Maibergterrassen und der ersten Hütte im Hintergrund 1940er Jahre. Fotoarchiv Robert Scheibel.

Blick zum westlichen Teil des Maibergs in den 1940er Jahren, auf dem Fuhrwerk sitzt Josef Scheibel, Fotoarchiv Robert Scheibel

Blick vom Maiberg durch die Kirschenbäume nach Ober-Mörlen in den 1960er Jahren. Fotoarchiv Fam. Kerhac

Frühling am Maiberg mit blühenden Kirschbäumen Kreuzung Kirschenberg / Erzborn 1960er Jahre. Fotoarchiv Fam. Kerhac

„Der Maiberg über dem Usatal“

erzählt von Kai Schraub

Beschaulich und idyllisch an der Nordseite des Usatals gelegen, befindet sich die kleine Siedlung Maiberg. Mit etwa 200 Meter über NN ist der Ober-Mörler Maiberg bei weitem kein Berg, eher eine Hügelerhebung von wo man einen schönen Blick auf die Usaauen und die Landschaft hat. Woher hat der Maiberg eigentlich seinen Namen? Durch die sonnige Lage des Südhangs erblüht die Natur schon früher als in der Umgebung. Bereits im Monat Mai stand alles in einem frischen Grün, was dem Gebiet seinen Namen gab. Der Maiberg oberhalb der Steinwiesen, die schon 1786 erwähnt werden, ist erst seit den 1960er Jahren bebaut worden. Anfangs wurden Wochenendhäuser errichtet, später wurde das Gelände zu einem Baugebiet.

Terrassenförmig angelegt

Noch heute die Hangterrassen erkennen, die einst den Maiberg ausmachten. Zum einen um ihn vor dem Abrutschen zu sichern aber auch um die sonnige Lage für den Anbau von Obstbäumen zu ermöglichen. Davor war der Hang mit Gehölzen überwuchert. Noch heute deuten die Straßennamen „Schlehenweg“, „Weißdornweg“, „Hagebuttenweg“, „Ginsterweg“ oder „Im Hafergarten“ darauf hin. Der Flurname Hafergarten, vor 1932 Habergarten genannt deutet auf die Haberschlehe hin. Als die Abholzung erfolgte wurden große Teile der Gehölze nach Bad Nauheim gebracht und fanden als Füllmaterial der Gradierbauten einen Nutzen. Auf halber Höhe des Maiberg entspringt die bekannte Erzborn-Quelle, die eine Brunneneinfassung besitzt, Quellwasser ist somit auch vorhanden. Unmittelbar unterhalb des Maiberg verläuft die Usa, die sich hier idyllisch durch die Aue schlängelt. Sie ist heute Heimat vieler Tiere, darunter Eisvogel und Bieber. Vor dem südwestlichen Teil des Maiberg befand sich einst die Ölemühle die schon 1784 erwähnt wird. Nachdem sie im Jahre 1895 bis auf die Grundmauern abbrannte, wurde diese nicht wieder aufgebaut. Das Gewann trägt heute noch den Namen „Bei der Oelmühle“.

Obstbau im großen Stil

Um die geografisch gute Lage optimal zu nutzen, wurden im Herbst 1928 auf den beiden Fluren „Am Maiberg“ und „Im Hafergarten“ vom Obst- und Gartenbauverein 424 Obstbäume gesetzt, fast ausschließlich Kirschbäume, die zu Beginn der Frühlings den ganzen Hang in ein schneeweiß blühendes Bild verwandelten - so wie heute der weithin bekannte Ockstädter Kirschenberg. Beide Fluren bestanden aus 54 einzelnen Parzellen von etwa 600 bis 800 Quadratmeter Größe. Die vielen Baumgruben zum pflanzen der Obstsetzlinge wurden damals mittels Sprengpatronen angelegt. Am 27.Dezember 1928 erfolgte dann im Schloss die Verlosung der Gemeindeeigenen Parzellen an die Bewerber. Im November 1929 ist die Kirschbaum-Anlage um weitere 15.000 Quadratmeter für 250 neue Bäume erweitert worden. Die Hauptstraße am Maiberg heißt dementsprechend heute noch „Am Kirschenberg“. Im Oktober 1949 wird vom Schutz der Obstbäume im Hafergarten durch eine Entfrostung berichtet. Einige wenige alte Kirschbäume aus dieser Zeit sind noch vorhanden. Irgendwann wurde dann der Kirschenanbau auf den Plantagen nach und nach aufgegeben, es fanden keine oder kaum Neupflanzungen von Obstbäumen mehr am Maiberg statt. Schließlich entstand eine neue Gemeinschaftsobstanlage an der verlängerten Friedberger Straße unterhalb des Flugplatzes.

Ausbau zum Wohngebiet

Als 1971 die neue Brücke über die Usa an der Hüftersheimer Mühle in Richtung Sportplatz gebaut wurde, die die alte marode Holzbrücke ersetzte, konnte man nun den Maiberg bequem erreichen. Die steinerne Usabrücke am Erzborn, die über 100 Jahren bestand und den Maiberg mit der Bundesstraße verbindet, wurde im Jahr 2018 durch einen Betonneubau ersetzt. Vielen älteren Ober-Mörlern sind die Worte vom damaligen Bürgermeister Fritz Bell noch geläufig, der während seiner Amtszeit bis 1962 gesagt haben soll: „Glaubt nicht, dass ihr da oben einmal Anschlüsse bekommt“. Trotzdem entwickelte sich der Maiberg zum begehrten Wohngebiet. Zuerst standen spärlich verteilt von „Goldloch“ bis „Kirschenberg“ nur wenige Häuser im damaligen Wochenendgebiet doch ab den 1970er bis 1990er Jahren wuchs dies rasch an. Heutzutage ist das Gebiet fast vollständig bebaut und viele Neubürger haben dort ein zu Hause gefunden. Seit dem Glasfaserausbau zieht es auch Bauinteressenten aus der Region Rhein-Main auf den Maiberg, wie Anwohner berichten. Wo einst Kirschbäume blühten, befindet sich heute ein beliebtes Wohngebiet, besonders durch die ausgebaute Anbindung zur Bundesstraße mit neuem Zubringer, neuer Bushaltestelle und der Weganbindung nach Langenhain übers Feld.

Kein eigener Ortsteil

Zwar mag man öfters die Aussage „Ortsteil Maiberg“ vernehmen, aber dem ist nicht so, es handelt sich beim Maiberg um eine Siedlung die zu Ober-Mörlen gehört und keinen selbstständigen Ortsteil. Als Einheimischer kannte man früher nur wenige Bewohner vom Maiberg, denn anfangs stammten die meisten nicht aus der Kerngemeinde. Das hat sich über die Jahrzehnte geändert und einige Familien wohnen nun schon in vierter Generation dort.