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Ober-Mörler Nachrichten
Ausgabe 19/2023
Aus dem Rathaus wird berichtet
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Wir und unser Wasser

Am Tiefbrunnen "Mautzenwiese" gehen Robert Scheibel, Dr. Matthias Peter und Jens Draheim (v.r.) auf Vegetation, Bodenbeschaffenheit und Brunnentechnik ein

Am neuen Trinkwasser-Hochbehälter "Mautzenwiese" erläutern Bürgermeisterin Kristina Paulenz und Wassermeister Jens Draheim Herkunft, Behandlung und Umsatz des Trinkwassers

Das "Tröppelbrünnchen" am Bottenberg ist eine natürliche Quelle in idyllischer Lage hoch über dem Aitzenbach

Mörler Maigang führt zu Quellen, Brunnen und Hightech-Hochbehälter

Hahn auf, Wasser raus - so selbstverständlich ist das nicht und war es nie. Zum Thema „Wir und unser Wasser“ hatten am Maifeiertag rund 120 Teilnehmer am Mörler Maigang so manches Aha-Erlebnis. Die fünfte Auflage der Streifzüge durch Natur, Kultur und Geschichte von Ober-Mörlen führte heuer bei herrlichem Frühlingswetter „vom historischen Tröppelbrünnchen zum modernen Hochbehälter“ südlich der Ortslage durch Feld und Flur zu Quellen, Brunnen und dem neuen Trinkwasser-Hochbehälter.

Im Namen der veranstaltenden Gemeinde begrüßte Bürgermeisterin Kristina Paulenz die Maigänger am Hightech-Hochbehälter Mautzenwiese. Details zu den beiden Edelstahlkolossen - sie fassen zusammen 1,4 Millionen Liter Trinkwasser - erläuterte der kommunale Wassermeister Jens Draheim. Selbst diese Menge wäre binnen zwei Tagen aufgebraucht, würde kein Nachschub fließen.

Doch Ober-Mörlen ist in der glücklichen Lage, einen Großteil seines Trinkwasserbedarfes aus eigenen Quellen decken zu können: aus dem „Stockborn“ und dem Tiefbrunnen „Mautzenwiese“. Bis zu 30 Prozent werden von der OVAG zugekauft. Je 30 und 60 Meter tief waren die beiden Brunnen auf der Mautzenwiese vor gut 50 Jahren gebohrt worden. Ein weiterer Brunnen soll außerhalb von deren Einzugsgebiet gebohrt werden, um auch nach Vollendung des Neubaugebietes Schießhütte II genügend Trinkwasser vorhalten zu können.

Zu Beginn der Wanderung hatte sich die große Gruppe um ein Kleinod geschart. Der mit Steinen eingefasste „Pfingstborn“ sei als beliebtes Ausflugsziel und als natürliche Quelle zum Wasserschöpfen in die Geschichtsbücher eingegangen, erzählte Robert Scheibel von der Initiativgruppe „WIR für unser Dorf“, die für die Veranstaltungsorganisation verantwortlich zeichnete. Wo früher ein Becken mit Bank zum Verweilen einlud, ist jetzt am Mauerfuß ein unscheinbarer Auslauf geblieben. Laut dem früheren Wassermeister Karlheinz König wird der Pfingstborn durch eine Drainage gespeist - aktuell mit einer Schüttung von 150 Litern Quellwasser pro Stunde, die ungenutzt versickern.

Am Tiefbrunnen Mautzenwiese tauchten die Maigänger mit Scheibel ein in die Vergangenheit des früher geradezu sumpfigen Wiesengeländes und in einen Reichtum seltener Pflanzen, der hier vor dem Bau des Tiefbrunnens 1969 in dem Buch „Pflanzen im Wetteraukreis - einst und jetzt“ dokumentiert wurde. Gut verständlich erläuterte Bodenkundler Dr. Matthias Peter die Bodenbeschaffenheit, die geologische Entwicklungsgeschichte nebst Tektonik von Taunuskamm und Wetterau-Becken und die daraus resultierenden Voraussetzungen für Grundwasser und Quellen.

Spannende Einblicke bot der Besuch vom „Tröppelbrünnchen“. Der urige Quell am Steilhang einer Schlucht sorgte für einen regelrechten „Wow“-Effekt bei allen, die hier am Rand des Bottenberges noch nie durch den Wald gestromert waren. Anhand eines frisch geschnittenen Bodenprofils erläuterte Peter die Erdschichten, ihr Alter, ihre Entstehungsgeschichte und ihre Bedeutung für die Wasserversorgung. Nachdem die Quellfassung im vergangenen Jahr zerstört vorgefunden wurde, hatte der NABU Ober-Mörlen nach Absprache mit dem privaten Waldbesitzer die Fassung wieder in Ordnung gebracht und den idyllischen Ort als natürliche Schöpfquelle am Leben erhalten.

Zur „Viehweide“ am Fuße des Bottenberges wussten Ober-Mörler Landwirte interessante Geschichte(n) zu erzählen. Die ehemalige Genossenschaftsweide mit Stall, Tränke und Umzäunung war bei der Flurbereinigung 1930 auf 16 Hektar für heimische Landwirte angelegt worden, die Anteile zeichnen und dann ihre Jungrinder dort auftreiben durften. Der umgeleitete Aitzenbach bewässerte den saftigen Hang. Nachdem die Weidgenossenschaft 1975 mit der Flurbereinigung aufgelöst worden war, wurde die verkleinerte Viehweide zunächst von drei Landwirten für Rinder und Pferde genutzt.

Die Pferde des einen verbliebenen Nutzers lauschten den historischen Ausführungen und spitzten zur Freude der Besucher auch die Ohren, als Archäologin Dr. Vera Rupp von „Wir für unser Dorf“ von den aufgelassenen kleinen Dörfern wie Hüftersheim oder Aitzebach erzählte, die hier einst standen und bis heute in manch einem Geländenamen weiterleben.