Im April 2021 schrieb die neue Große Koalition aus CDU und SPD: „Ein wesentlicher Faktor sei für beide Parteien die Erfahrung der vergangenen Jahre gewesen, dass ohne eine breite strukturelle Mehrheit die großen anstehenden Projekte nicht umsetzbar waren.“
Nun hat die GroKo die breite strukturelle Mehrheit und legte in der vergangenen Sitzung der Gemeindevertretung einen Antrag zu einem der großen Projekte, auch bekannt als dicke Bretter, in Ober-Mörlen - die Sport- und Kulturhalle - vor.
Dabei macht Sie eine Kehrtwende um 180 Grad oder besser um 540 Grad: Da kann einem schon schwindelig werden und auch Manches durcheinandergeraten - inhaltlich sowie verfahrenstechnisch.
Die CDU hatte sich seinerzeit, sprich vor gut 10 Jahren, ausdrücklich und vehement gegen den Lekkerkerkplatz als Standort für eine Sport- und Kulturhalle ausgesprochen. Der Bau dieser Hallen war von der Gemeindevertretung bereits beschlossen worden, allein der Widerstand der Bürgermeister Steffens und Wetzstein verhinderte die Umsetzung. So kam es im Februar 2018 zu dem einstimmigen Beschluss in der Gemeindevertretung, dass die Gemeinde Ober-Mörlen am Standort „In den Weiden“ eine neue Sport- und Kulturhalle baut und eigenständig betreibt. Dieser Beschluss gilt bis heute!
Parallel dazu wurde ein Interessenbekundungsverfahren durchgeführt. Dieses hat zum Ziel, den Lekkerkerkplatz zu vermarkten und mit diesem Erlös einen Teil der neuen Sport- und Kulturhalle „In den Weiden“ zu finanzieren. Im Rahmen des Interessenbekundungsverfahrens hatten sich im Sommer 2020 drei Investoren vorgestellt und ihre Konzepte präsentiert. Im Frühjahr 2021 sind dann CDU und SPD angetreten, um „gemeinsam die Usa-Gemeinde zu führen.“
Und seitdem sahen wir gar nichts - bis auf eine Verschleppung des Interessensbekundungsverfahrens sowie unseres Antrags, doch zumindest schon einmal die Wege für eine Investorenlösung formal zu ermöglichen. Und wozu das Ganze? Um offenbar, wie im vorliegenden Antrag der GroKo geschildert, „informelle Gespräche mit einer Reihe interessierter Investoren“ zu führen und nun ohne jegliche Informationen für die Ober-Mörler Bevölkerung und noch nicht mal für die übrigen Fraktionen der Gemeindevertretung eine völlig neue Idee im Alleingang umzusetzen?! Das verstehen wir nicht unter Transparenz und einem vertrauensvollen Umgang mit den Wählerinnen und Wählern.
Die neuen „Ansätze hinsichtlich Nutzung und Gestaltung, aber auch im Hinblick auf die finanzielle Umsetzung des Projekts“ sowie die Absicht neben Sport- und Kulturhallen, einen Vollsortimenter, ein Ärztehaus etc. unterzubringen, muss doch nun wirklich einmal ordentlich erklärt werden, vor allem, wenn dies vor 10 Jahren noch völlig unmöglich war!
Und so nutzt die GroKo scheinbar ohne Scham ihre Mehrheit aus und übergeht ein ganzes Dorf. Doch diese Arroganz der Macht machte auch vor Fehlern im Verfahren blind.
Bereits in der letzten HuF Sitzung am 28.06.2023 wollte die GroKo nebenbei unter dem TOP „Interessenbekundungsverfahren“ aus dem Ausschuss heraus, den Gemeindevorstand beauftragen, tätig zu werden. Lediglich das „Nein“ der Bürgermeisterin veranlasste sie, überhaupt einen öffentlichen Antrag vorzulegen. Warum gehen langjährige und erfahrene Kommunalpolitiker so vor?
Gerade derzeit müssen wir Kommunalpolitiker*innen unser Bestes geben, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zu halten und unsere Demokratie zu schützen!
… so kann man den vorgelegten Antrag zusammenfassen:
Aus diesen Gründen forderten wir, die FWG-Fraktion, die GroKo zum Rückzug des Antrags auf, bis alle formalen Voraussetzungen geschaffen sind und zudem genauere Informationen mit der Öffentlichkeit geteilt wurden. Jedoch wurde mit der Mehrheit der Stimmen von CDU und SPD zuerst der Verweis des Antrages in den HuF abgelehnt und der Antrag danach mit derselben Mehrheit sogar direkt beschlossen.
Man kann nur mit dem Kopf schütteln, dass diese richtungsweisende Entscheidung zur Sport- und Kulturhalle von CDU und SPD gefällt wurde, ohne dass darüber in einem Ausschuss beraten wurde geschweige denn, dass die Öffentlichkeit informiert wurde. Das machen wir als FWG nicht mit und haben den Antrag einstimmig abgelehnt, ebenso wie die Kolleg*innen der Grünen.
Um die Arroganz und Absurdität dieses Vorgehens deutlich zu machen sei gesagt, dass z.B. FWG-Anträge zu Mülleimern an Bänken oder zur Erstellung eines Gehweges in den Mühlwiesen in die Ausschüsse verwiesen werden, um dort monate- bis jahrelang auf ihre Beratung zu warten.
Und dass uns der SPD-Fraktionsvorsitzende unterstellt, wir seien "stinkig", weil wir an den informellen Gesprächen nicht dabei gewesene seien, bestätigt einmal mehr das befremdliche Politikverständnis der Kolleg*innen der GroKo.