Der in diesem Jahr verstorbene Schriftsteller Martin Walser verdeutlichte im Gespräch mit seinem Sohn Jakob Augstein seine Sicht auf das Verhältnis von Religion und Schönheit.
„Religion … (ist) ... Sehnsucht nach Schönheit. … Jakob, es ist doch beinahe alles, was schön ist in unserer Denkgeschichte und Gefühlsgeschichte, von der Religion geprägt. Die Musik, die Malerei - die Welt verdankt ihre Schönheitsgipfel der religiösen Gebundenheit. Wenn ich mich an die erste Schönheit in meinem Leben erinnere, dann war das die Musik in der Kirche in Wasserburg, vom Chor herab. Davon bin ich mein Leben lang abhängig geblieben. Es ist mir unbegreiflich, wie man gegen den Horizont, auf den hin das alles entstanden ist, ausrufen will: Gott gibt es nicht.“
Für die Musik des Barock gilt dies insbesondere. Erlebbar wurde diese Verbindung von Religion und Schönheit am vergangenen Sonntag in der St. Gallus Kirche in Rockenberg. Im Adventskonzert wurde barocke geistliche Musik von Antonio Vivaldi und Giovanni Battista Pergolesi aufgeführt, außerdem ein Klavierkonzert Wolfgang Amadeus Mozarts. Die Langenhainer Sängerinnen und Sänger waren daran beteiligt, gemeinsam mit dem Rockenberger Chor „Kontrapunkt“ und dem Klein- Karbener Kirchenchor, mit dem Universitätsorchester Gießen und zwei Solistinnen.
Das Konzert begann mit dem „Magnificat“ von Pergolesi. Das „Magnificat“ bezieht sich auf einen Text aus dem Lukas- Evangelium, es ist der Lobgesang Marias. Zu Beginn ihrer Schwangerschaft besucht Maria ihre Verwandte Elisabeth, die zu ihr sagt: "Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?" Maria antwortet darauf mit ihrem berühmten Loblied: „Meine Seele preist die Größe des Herrn … Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter … Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen.“
Im Konzert folgte ein Liedvortrag der beiden Solistinnen Cordula Boy und Felicia Brunner, sie wurden vom Chorleiter Martin Bauersfeld am Klavier begleitet.
Im Anschluss kam Mozarts Klavierkonzert Nr. 12 zu Gehör. Am Klavier zeigte wiederum Martin Bauersfeld sein beeindruckendes Können, virtuos und einfühlsam meisterte er auch die schwierigsten Passagen mit Bravour.
Zu guter Letzt ertönte Vivaldis „Gloria“, ein feierlicher Lobpreis Gottes. Dieses Musikstück gilt als eine der bedeutendsten geistlichen Vokalkompositionen des frühen 18. Jahrhunderts.
Alle Sängerinnen und Sänger und auch das Orchester brachten an diesem Adventssonntag all ihr musikalisches Vermögen ein, um die Schönheit dieser Musik erstrahlen zu lassen. Dass es ihnen auch gelang, zeigte sich an der begeisterten Reaktion des Publikums, das mit Standing Ovations und langanhaltendem Applaus auf das Gehörte reagierte.