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Amtsblatt Blickpunkt Petersberg
Ausgabe 25/2023
Vereine und Verbände
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Fenster zur Heimat Nr. 5 / 2023

Petersberg gesamt

Ausschnitt Siedlung

Das Luftbild entstand 1965.

Luftbild aus den 1980er-Jahren

von Bruno Dehler

Vom Bauerndorf zur Wohngemeinde

Die Veränderungen in Petersberg in den letzten 90 Jahren

Als Josef Petri (1923-2022) im Jahr 1959 seine Amtszeit als Bürgermeister antrat, hatte er sich zur Aufgabe gestellt, aus dem Bauerndorf Petersberg eine Arbeiterwohnstätte zu machen. Eigentlich begann diese Entwicklung schon in 1930 als Petersberg dringend Bauland benötigte, jedoch waren die heimischen Landwirte nicht zu bewegen, Land für Wohnbauzwecke abzugeben.

Südwestlich des Dorfes lagen aber große Sandsteinbrüche. Diese waren u.a. durch die Erbauung der Stadtpfarrkirche in Fulda entstanden. Das Gelände war für die landwirtschaftliche Nutzung nicht mehr brauchbar. Es lag unmittelbar an der Gemarkungsgrenze (heute Petersberger Straße) und ergab Bauland für vier Straßenzüge. Nun machte sich Konrektor Johannes Hack, damals Mitglied des Gemeindevorstandes, verdient und führte Verhandlungen mit der Landesregierung, um die brachliegenden Steinbrüche zu erwerben. Das Ansinnen wurde von Erfolg gekrönt, die Steinbrüche gekauft und als Bauland ausgewiesen. Nun konnten viele Petersberger und auch Auswärtige Bauland erwerben, um ein Eigenheim zu errichten. Hinzu kam, wie Heimatforscher Josef Schwarz (1910-1997) in seinem 1980 veröffentlichten Buch "Petersberg, von den Anfängen bis zur Großgemeinde“ schreibt, dass die Gemeinde 1922 elf ha Ackerland von der früheren Domäne Ziehers erworben hatte, um damit eine bauliche Ausweitung einzuleiten.

So konnten bis zum Kriegsbeginn 1939 die Häuser in der „SIEDLUNG“, wie sie von den Petersbergern genannt wurde, zügig errichtet werden. Alle Straßenzüge waren bis Kriegsbeginn fertig mit Häusern bebaut. Nur ein Bauvorhaben am unteren Ende der Bastheimstraße wurde erst nach dem Krieg fertiggestellt. Die Siedlung umfasste die Fuldaer (heute Petersberger) Straße, die Bastheimstraße, die Hövelstraße, die Straße Über dem Steinbruch, den Siedlungsweg, den Ulmenweg, die Hoheneckstraße und die Winfriedstraße. Die Hövelstraße reichte nur bis zur heutigen Bahnersiedlung, die erst später entstand. Die Verbindung zum Ziegelberg wurde erst in den 50er-Jahren realisiert. Zwei Luftbilder, aus großer Höhe von einem amerikanischen Aufklärungsflugzeug aufgenommen, zeigen nicht nur die vielen Bombentrichter, sondern auch die Bebauung Petersbergs mit seiner SIEDLUNG im Jahre 1944 / 45.

Während des Krieges ruhte von Amts wegen jegliche Bautätigkeit. Nur durch Bombardierung beschädigte Häuser durften wiederhergestellt werden, sofern eine Bewilligung vorlag und Baumaterial zu Verfügung stand.

Auch direkt nach dem Krieg wurde an privates Bauen zunächst nicht gedacht. Erst nach der Währungsreform 1948 lebte die Bautätigkeit wieder auf. Die ersten größeren Bauvorhaben waren die Bahnersiedlung in der Straße Am Ziegelberg und die Reihenhäuser der Hessischen Heimstätte am Stiffollerweg bzw. Rabanus-Maurus-Straße. Es folgten weitere Baugebiete Am Ziegelberg, An der Liede, Im Dillenroth, der Hövelstraße, An der Röthe und Am Sand. Ein Baugebiet nach dem anderen wurde erschlossen.

Nicht zuletzt wegen dieser starken Bautätigkeit gaben viele Kleinlandwirte ihre Betriebe auf und konnten sich durch die wirtschaftliche Entwicklung („Wirtschaftswunder“) den Wunsch von einem eigenen Haus erfüllen. Es gab plötzlich für die breite Masse der arbeitenden Bevölkerung von Petersberg die Möglichkeit, in ihrem Heimatort ein Eigenheim zu errichten. Das Wachstum der Einwohnerzahl brachte jedoch auch Probleme mit sich. Schulen und Kirchen waren zu klein. Eine neue Schule wurde 1954 eingeweiht, eine neue Evangelische Kirche an St. Johann 1955 und die neue katholische Kirche, Am Ziegelberg, im Jahre 1957. Das Marianum wurde 1962 eingeweiht.

Als Bürgermeister Petri 1959 sein Amt antrat, waren die Voraussetzungen, aus Petersberg eine Wohngemeinde zu machen, gegeben. Von den 60 Bauern mit 250 Stück Milchvieh im Jahre 1948 waren nur die wirtschaftlichen, größeren Betriebe übriggeblieben. Bei den Kleinbauern stand der wirtschaftliche Ertrag in keinem Verhältnis zur aufgewendeten Arbeit. Der Verkauf ihrer Felder als Baugrundstücke war da wesentlich lukrativer. Die ersten großen Aufgaben für Bürgermeister Petri waren dann die Erneuerung und der Neubau der Infrastruktur. Wasser-, Abwasser- Kanal- und Straßenbau hatten bei dem rasanten Wachstum nicht mitgehalten können. Doch schon bald investierte die Gemeinde in Gemeinschaftsprojekte für die Bürger, Vereine und Verwaltung. Der Ortskern musste umgestaltet werden, auch wenn dabei das alte, barocke, doch sehr marode Propsteigebäude aus dem 18. Jahrundert der Spitzhacke zum Opfer fiel, was heute wohl nicht mehr passieren würde. Das Propsteihaus entstand auf den Fundamenten der alten Turnhalle, eine neue Turnhalle wurde an die Johannes-Hack-Schule angebaut. Kindergärten, Sportstätten wie Stadion im Waidesgrund, Schwimmbad, Schießsportanlage, Tennisplätze, Minigolfanlage, die Naherholungsgebiete im Waidesgrund und am Rauschenberg, Feuerwache und Bauhof entstanden in den 60er- und 70er-Jahren.

Das neue Rathaus entstand 1980 auf dem Gelände des alten „Boaste-Hofes“, dessen landwirtschaftlicher Betrieb sich schon 1960 am Löhnchen an der Straße nach Horwieden angesiedelt hatte. Auch das erste Gewerbegebiet wurde in dieser Zeit ausgewiesen. Weitere Baugebiete am Stockacker und am Igelstück wurden erschlossen.

1990 wurde eine altengerechte Wohnanlage, der Propsteihof, in der Propsteistraße errichtet und die dadurch verlorenen Parkfläche durch eine zweigeschossige Tiefgarage darunter ersetzt. Die letzten größeren Baugebiete wurden an der Stöckelser Straße / Am Roßrain, am Roten Rain, Am Gehausküppel, der alten Ziegelei und der Hutweide erschlossen.

Wenn auch die letztgenannten Bautätigkeiten nicht mehr in die Amtszeit (1959-1986) von Josef Petri fielen, so kann man doch davon sprechen, dass sein Ziel, aus einem „Kuhdorf“ eine Wohngemeinde für die arbeitende Bevölkerung zu machen, verwirklicht wurde. Noch 4 Bauernhöfe werden am Rande oder außerhalb des Dorfes betrieben.