25.Juni 1964
Eine Dauerkarte für die Saison 1964 war schon vorher bestellt worden und konnte nun abgeholt werden. Hier meine Dauerkarte von damals.
„Röebb“ Odenwald war ein echtes Petersberger Original, einen besseren Bademeister konnte man gar nicht haben.
Fotos: Peter Schramm
Aus der FZ
Das Petersberger Schwimmbad wurde damals sehnsüchtig erwartet, denn im Rosenbad in Fulda wurde es immer voller. Schließlich waren die großen Nachkriegsjahrgänge nun im „schwimmfähigen Alter“, und manchmal war es schon gar nicht so einfach zu schwimmen, ohne „angerempelt“ zu werden. Und natürlich war der Anreiseweg nach Fulda doch länger, und war man gelaufen oder mit dem Rad gefahren, war man bei der Heimkehr meist schon wieder geschwitzt.
Wie sehnte man sich da nach einem Freibad vor der Haustür.
Doch so ein Schwimmbad kostete auch damals schon viel Geld, und es war vor allem in jedem Jahr mit Folgekosten zu rechnen.
Die Gemeinde Petersberg, die zu der Zeit schon durch den Bau des Propsteihauses finanzielle Anstrengungen getätigt hatte, entschloss sich aber für die Baumaßnahme. 1960 beschloss man noch, zusammen mit der Gemeinde Künzell auf dem Gelände des „Ratzegrabens“ ein Schwimmbad zu bauen, und trat einem „Zweckverband zum Bau eines gemeinsamen Schwimmbads“ bei. Als aber die Stadt Fulda zu der Zeit den Stadtteil Ziehers Nord plante, fiel plötzlich auf, dass 4,5 ha. des Zieherser Landes nicht in Fulda, sondern in der Gemarkung von Petersberg lagen. Petersberg erklärte sich mit einer Verschiebung der Gemarkungsgrenze einverstanden und erhielt dafür 100.000 DM. Nun war der Weg frei für ein Petersberger Schwimmbad im Waidesgrund, welches ja auch für die Fuldaer Bürger von Ziehers Nord viel attraktiver war.
Bewundernswert der Pioniergeist der damaligen Verantwortlichen, man dachte nur nach vorne und scheute nicht das Risiko. So entstand nach dem Bau des neuen Sportplatzes und des Propsteihauses nun wieder eine Einrichtung zum Nutzen und Segen für die Bürger. Heute können sich die Bürger an einer weiter ausgebauten und immer wieder renovierten Freizeitanlage erfreuen und nehmen das auch wie selbstverständlich gerne an. Doch ohne den damaligen Mut zur Modernisierung und positiver Veränderung Petersbergs sähe wohl manches anders aus.
Im Herbst des Jahres 1962 begannen die Bauarbeiten zum neuen Schwimmbad im Waidesgrund. Die größte Hürde für die Gemeinde war zunächst der Erwerb des Grundstückes aus Privatbesitz.
„Erst durch die Einleitung eines Enteignungsverfahrens konnte nach langen Verhandlungen eine Einigung mit dem Grundstückseigentümer erzielt werden.“ (FZ 25.06.1964)
Zwei strenge Winter, 1962/63 und 1963/64, sorgten für längere Phasen, in denen der Bau ruhen musste. Letztendlich betrug die Bauzeit insgesamt nur ein gutes Jahr. So konnte der Bürgermeister am Vortag der Eröffnung (25. Juni 1964) der FZ ein Interview geben, aus dem ich nun mehrfach zitieren möchte. „Das Gespräch mit dem Bürgermeister fand auf nagelneuen Gartenstühlen und Tischen unter bunten Sonnenschirmen [...] statt.“ Von dem „geräumigen, säuberlich mit Platten ausgelegten Erfrischungsplatz“ ist die Rede.
Die Geländegröße des Bades wird mit 18.000 m² angegeben, die 3 Becken (inkl.Planschbecken) hatten eine Wasserfläche von 1100 m².
„Die Petersberger können für sich in Anspruch nehmen, dass ihr Bad das einzige im Landkreis Fulda ist, das getrennte Becken für Schwimmer und Nichtschwimmer hat“, heißt es in der FZ.
Stolz verwies man auch auf die je 20 Wechselkabinen, Sammelkabinen und die modernen sanitären Anlagen, auf zwei Etagen, hin. Ganz besonders ausführlich wurden die vielen Parkmöglichkeiten für bis zu 400 Kraftfahrzeuge ringsum erwähnt.
Auch der angrenzende Bolzplatz, später B-Platz, war damals noch für die Benutzung der Schwimmbadbesucher frei gegeben.
Zwar war die Außenanlage noch nicht fertig, aber:
„Es ging uns zunächst einmal darum, dass die Petersberger noch in diesem Sommer ins Wasser kommen“, so Josef Petri in der FZ.
Die Gesamtkosten des Schwimmbadbaus betrugen 850.000 DM.
Dafür bekommt man heute, mit etwas Glück, ein Zweifamilienhaus in Petersberg.
Am 26.06.1964 berichtete die FZ unter der Überschrift: „Badefreuden jetzt vor der Haustür“ von den Eröffnungsfeierlichkeiten.
4000 Menschen sollen den Eröffnungsfeierlichkeiten am 25.06.1964, innerhalb des Schwimmbads beigewohnt haben und nochmals 1000 standen rund um den Zaun der Anlage. Zitat FZ: „Fast war die zum Betreten freigegebene Fläche zu klein, um die Menschenmenge zu fassen!“ Der offizielle Teil der Eröffnung begann gegen 18 Uhr, nachdem Pfarrer Weigand das Bad schon am Vortag gesegnet hatte.
Unter anderem konnte der Bürgermeister folgende Ehrengäste begrüßen: Landrat Dr. Eduard Stieler, Oberbürgermeister Dr. Alfred Dregger, Kreisbaurat Göschel, Pfarrer Weigand, Oberstleutnant La Mar von den amerikanischen Streitkräften (die Pioniere des 14.US-Panzerregimentes hatten mit ihrem schweren Gerät sehr geholfen), Sportbezirksvorsitzender Ferdi Hofmann, Rektor Kleine und die Mitglieder der Gemeindevertretung mit ihrem Vorsitzenden Dr. Leo Stock.
Nun, einen Tag vor seinem Geburtstag, war Josef Petri am Ziel seiner Wünsche. Er begann seine Rede mit den Worten: „Ein lange gehegter Wunsch ist endlich in Erfüllung gegangen.“ Er bezog sich dabei vor allem auf die Mitbürger, die bisher ausgiebig auf Beine, Bus oder Fahrrad angewiesen waren, um im Rosenbad Erleichterung von der Sommerhitze zu erlangen. Außerdem hoffte er: „Dass nun die Zahl der Schwimmer in der Gemeinde erheblich ansteige.“ In seiner Rede hob er hervor: „ Dass Petersberg gerne ein noch größeres Bad gebaut hätte, was aber durch die finanziellen Belastungen beim Bau des Propsteihauses nicht möglich gewesen sei.“ Des Bürgermeisters Dank galt besonders den verschiedenen Institutionen von Bund, Land, Regierungspräsidium, dem Landkreis und der Gemeinde, sowie den Architekten Klaus Karnartz (Trier), Erich Archui (Lauterbach,Gartenbau), Kreisbaurat Göschel und den amerikanischen Freunden.
Landrat Stieler überbrachte Grüße und Glückwünsche des Innenministeriums des Regierungspräsidenten und vom Kreisauschuss. Auch er wünschte sich, dass die Nichtschwimmer am Petersberg in Zukunft in der Minderheit sind. Sein besonderer Dank galt Bürgermeister Petri, „der durch seinen persönlichen Einsatz das Projekt erst ermöglicht habe“. Stieler stellte auch fest, „dass die Zeit der Eifersucht zwischen den Gemeinden nun endlich vorbei sein müsse“, und sprach von einer großen Partnerschaft zwischen Fulda und der Gemeinde Petersberg. „Denn das Bad stehe ja Bürgern aus Fulda und allen Gemeinden zu Verfügung, besonders auch für den Sportunterricht der Schulen.“ Von Schwimmunterricht in der Schule konnte man bis dahin nur träumen.
Auch der Fuldaer Oberbürgermeister Dr. Dregger schlug sehr moderate Töne bezüglich zukünftiger Partnerschaft zwischen Fulda und Petersberg an, weil: „Mehr und mehr Fuldaer die Attraktionen der Nachbargemeinde zu schätzen wissen.“ Er wünschte den Petersbergern viel Sonne und volle Kassen.
Für die Sportvereine der Gemeinde dankte der unvergessene Paul Axt vom Turnverein 1909 Petersberg.
Schließlich dankte noch Rektor Kleine von der Johannes-Hack-Schule im Namen aller Schulkinder und betonte: „Das Baden auch die Tugenden Mut Selbstvertrauen und Überwindung fördert.“
Besonders mit der „Überwindung“ hatte er recht. Das Wasser war damals noch nicht geheizt, und ich schätzte die Temperatur auf 16-18 Grad. Bademeister „Röebb“ Odenwald hatte den Daumen ins Wasser gehalten und dann die Anweisung gegeben: „Schreib 20 Grad auf die Tafel.“
Wir sprangen trotzdem hinein und waren auch nicht aus dem Becken zu bekommen, als die Männer von DLRG und BGS ihre Vorführungen präsentierten. Unter anderem sprangen dabei junge „Damen“ in alter Badekleidung ins feuchte Nass.
Die Blaskapelle des Musikvereins Petersberg und die Sängervereinigung Petersberg sorgten für eine würdigen Rahmen der Eröffnungsfeier.
Bald schon hatten sich verschiedene Gruppen gefunden, die beizeiten ihre Stammplätze im neuen Schwimmbad hatten. Dann wurden manche Kunststückchen von den selbsternannten „Eliten“ vorgeführt, die nicht immer allen Badegästen gefallen haben. Denn es ging laut zu, wenn sich ca. 20 Halbwüchsige in Reihe an den Beckenrand stellten, um dann kurz nacheinander in das Wasser zu kippen.
Doch unser Röebb nahm uns gleich in die Verantwortung. Nachdem einige von uns, unter der Leitung vom DLRG, unseren „Grundschein“ abgelegt hatten, (unvergessen Prüfer Amann, ein Hühne bei dem man die „Umklammerung des Ertrinkenden“ nur durch faule Tricks lösen konnte), wurden wir als „Hilfsbademeister“ eingesetzt.
Jetzt flanierten wir stolz, mit weißer Turnhose und Trillerpfeife, um die Schwimmbecken. Oder man lag einfach nur auf dem 3 Meter-Sprungbrett und kontrollierte das Schwimmbecken. Zur Belohnung gab es ein Mohrenkopfbrötchen. Uns hat es genügt, wir hätten den Ehrendienst auch umsonst versehen.
Jede freie Minute wurde nun, bei entsprechendem Badewetter, im neuen Schwimmbad verbracht. Musik aus Kofferradios war erlaubt, wenn sie nicht zu laut war. Damals war gerade die hohe Zeit der Beatmusik und wo Jugendliche waren erklangen auch die Songs von Beatles, Stones, Kinks, Beach Boys usw. Natürlich gab es auch kaum eine bessere Gelegenheit, um sich den schönen Mädchen zu präsentieren und mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Besonders gern gingen einige Jungs auch gleich nach dem Fußballtraining oder Spiel in das kühle Nass.
Eine besonders lustige Gruppe war ein Freundeskreis, der sich vorwiegend vor dem kleinen Verkaufskiosk aufhielt und sich dort so manches Tischtennisduell lieferte und manches Bierchen schmecken ließ - später die „Weiherfrösche“!
Gegen Abend, wenn es im Becken nicht mehr so voll war, führten die Männer dann ihre Sprungkünste vor. Da wurde manchmal mit einem Stuhl, einem Sonnenschirm, oder sogar mit dem Fahrrad oder einem Dreirädchen vom „Dreier“ gesprungen.
Der Applaus der zahlreichen Zuschauer war ihnen gewiss, und natürlich versuchten wir, ihnen nachzueifern. Peter Schramm, Helmut Thiel, Gerald Bug, Uwe Mühlbach, Hartmut Hasse sind ein paar Namen, die ich noch recherchieren konnte, und als Verstärkung waren hier und da die Bademeister „Stobbe“ und Willi Hochgreef aus Fulda dabei.
Und natürlich mischte „Röebb Odenwald“ immer kräftig mit.
Besonders schön waren auch die Feste zum sogenannten Abschwimmen, wo sogar einmal eine komplette original englische Beatband zu Gast war und u.a. auf dem „Dreier“ das unvergessene „Don't Ha Ha“ von Casey Jones & the Governess durch den abendlichen Waidesgrund erschallte. Natürlich mit anschließendem Sprung inkl. Gitarre in das Schwimmbecken (1965).
Eine Zeit lang, als die Winter noch Winter waren, wurde das große Becken sogar an den Rändern mit Holz verkleidet. So konnte, auf der gefrorenen Eisfläche, Schlittschuh gelaufen und Eishockey gespielt werden.
Ja, unser Petersberger Schwimmbad war und ist, bis heute, eine Pracht und ist, im Gegensatz zu uns, immer jung geblieben. Heute schwimmen schon unsere Enkel im Waidesgrund, und man fragt sich, wo denn die Zeit geblieben ist.
Möge man sich in weiteren 60 Jahren wieder so gerne an unser Petersberger Schwimmbad erinnern.