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Amtsblatt Blickpunkt Petersberg
Ausgabe 29/2025
Vereine und Verbände
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Heimatverein Petersberg

Nr. 2 / 2025

von

Konrad Neumann

Das Marbacher Pfarrhaus

Nach dem in den zurückliegenden Monaten mehrfach unsere Heimatzeitung über den Verkauf des mittlerweile verwaisten Pfarrhauses berichtet hat, hier nun einige Ergänzungen eines Petersberger Einwohners zu diesem Bauwerk. Insbesondere stört mich schon seit langer Zeit immer wieder das Festhalten an der angeblichen Vorgängernutzung als Wildmeisterei. So habe ich durch den FZ-Redakteur Herrn Ungermann erfahren, daß z. B. bei geschichtlichen Fragen, die die fuldischen Sehenswürdigkeiten etc. betreffen, immer wieder die Bücher von Pfarrer Erwin Sturm zu Rate gezogen werden.

„So wird die Wildmeisterei nie zu den Akten gelegt.“

Wie Pfarrer Erwin Sturm in seinem Buch „Die Bau- und Kunstdenkmale des Fuldaer Landes“ aus dem Jahr 1962 schreibt: „Das Pfarrhaus (ursprünglich Wild-meisterei, d. h. Forsthaus) ist ein stattlicher zwei-geschossiger Barockbau von fünf Fensterachsen mit Mansardendach, Ecklisenen und einfachen Fenster - und Türgewänden aus der Zeit um 1730.“

Wo Sturm diese Informationen erhalten hat lässt sich nicht klären. Die Durchsicht der von Sturm angeführten Quellen hat bisher keine weiteren Informationen geliefert und bedarf weiterer Forschung. Hier liefert die Marbacher Pfarrhausbaurechnung (erstellt für den Zeitraum 1737 - 1743) bessere Informationen zum Bau des Pfarrhauses. So wird die Bauplanung für den Neubau schon etwas früher vonstatten gegangen sein. Der Rechnungszeitraum muss nicht identisch sein mit der Bauzeit, aber die Zeitangabe (um 1730) von Sturm ist doch wohl etwas zu früh. In der Pfarrhausbaurechnung sind auf den Seiten 1 - 21 die Einnahmen für das Bauwerk aufgelistet und von 22 - 30 finden sich die Ausgaben. Im Anschluß folgt danach die Rechnung für den Bau der Pfarrscheune. Beide Rechnungen sind vom Generalvikar Fridericus Ketschau im Jahr 1744 revidiret, calculiret und approbiret worden.

Unter der Empore versteckt fand sich auch ein wunderschön erhaltenes in Stein im Renaissancestil ausgehauenes Wappen, das unten zwei Engelsköpfchen zieren, der Herren von Dalberg. Ein Fürstabt dieses Namens soll die Pfarrei errichtet haben.“

Auszug aus der Kirchbaubeschreibung von Johann Julius Braun, dem Bauherren des Kirchneubaues Sankt Aegidius 1922-1923.

Ich vermute, der Wappenstein wurde nicht mehr benötigt, da Fürstabt Adolph von Dalberg im Juni 1736 schwer erkrankte und am 03.11.1737 in Hammelburg verstorben ist. Das Pfarrhaus wurde aber erst während der Amtszeit von Fürstabt Amand von Buseck vollendet. So wurde der unbrauchbare Wappenstein scheinbar schlichtweg im Kirchenfußboden unter der Empore vergraben, also auf diese Weise „entsorgt“ und erblickte rund 185 Jahre später (beim Kirchbau 1922-23) wieder das Licht der Welt. Heute ist er in der Umfassungsmauer des Pfarrhauses eingebaut.

Laut Quittung Nr. 31 (Seite 29) der Kirchbaurechnung bekommt der Bildhauer zum verfertigen des fürstlichen Wappens 6 Florin.

Auf Seite 26 der Marbacher Pfarrhaus-baurechnung wird als Baumeister des Marbacher Pfarrhauses der „Baumeister Gallus aus fuldt“ genannt, der hier 8 f 25 Xr als Entlohnung für einen Teil seiner Arbeit erhält. Also nicht wie von anderer Stelle behauptet der Baumeister Andrea Gallasini! Der Baumeister, Maurermeister und Steinmetz Diemar Johann Gallus war zwar Mitarbeiter von Gallasini laut dem Hessischen Institut für Landesgeschichte, aber Gallus war der Lohnempfänger beim Marbacher Pfarrhausbau. So war er auch der Baumeister der Kirchen von Schleid, Herbstein-Altenschlirf, Birstein-Unter-reichenbach und dem Jesuitenkolleg in Fulda (1756).

Ein weiteres interessantes Detail findet sich in der Rechnungslegung auf Seite 37. Hier wird als Ausgabe folgendes vermerkt:

10 f 5 Xr Johannes Zieglern zu Marbach [be]zahlt, an Hauszinß die zeith über alß der Herr Pfarr im Schulhauß gewohnet und der Schulmeister eines weilen in sein des Zieglers Hauß wohnen muste, laut quittung No. 51 et 52.

Der damalige Pfarrer, musste also das alte Pfarrhaus verlassen, damit an gleicher Stelle ein neues Gebäude errichtet werden konnte. Das erste Marbacher Schulhaus stand etwa auf dem Platz, den heute das nördliche Seitenschiff der Marbacher Kirche einnimmt. Da scheinbar das Schulhaus dem Pfarrer als würdigere Bleibe gefiel, musste der Lehrer seine Wohnung räumen und ist während der Bauphase bei Johannes Ziegler eingezogen. Das Zieglersche Anwesen hatte später die Haus-Nummer 52, heute die Adresse „Serpentine 1“, stand also in unmittelbarer Nähe zu Kirche und der Pfarrhausbaustelle.

Die Gesamtsumme für die Errichtung des Pfarrhauses ist mit über 1374 Gulden angegeben. Nachfragen im Bistumsarchiv, dem Fuldaer Stadtarchiv und der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde zur Gegenüberstellung der Baukosten einst und jetzt war leider negativ. Es ist deren Angaben nach nicht möglich den Gulden wertmäßig dem Euro gegenüber zu stellen.

Bereits für den Zeitraum 1748 bis 1751 gibt es eine weitere Baurechnung die Einnahmen und Ausgaben für das Pfarrhaus, die Pfarrscheuer, das Schulhaus und das Pfarrbackhaus auflistet. Hier geht es z. B. schon um Fensterreparaturen etc. am eigentlich seinerzeit noch jungen Marbacher Pfarrhaus.

Weitere Umbauten oder Renovierungen bis in die heutige Zeit lasse ich bei diesem Beitrag unberührt.