Was haben George Clooney und das Monster von Loch Ness gemein? Was macht eigentlich eine Grundsatzkommission? Und braucht die Welt in Zeiten von Instagram und Co. noch professionelle Paparazzi? Diese und weitere Fragen behandelt der Schriftsteller Oliver Maria Schmitt in seinem neuen Roman „KomaSee“. In einer äußerst unterhaltsamen Lesung entführte der frühere „Titanic“-Chefredakteur die Gäste an den namensgebenden See in den italienischen Alpen.
Oliver Maria Schmitt kennt den Comer See wie seine Westentasche - der Frankfurter hält sich regelmäßig dort auf. „Bei der Gegend denken alle an die Glitzer- und Promiwelt, an George Clooney, teure Sportwagen und die prächtigen, unbezahlbaren Villen“, erklärt er. „Diese Seite des Sees existiert tatsächlich - aber da wohnen auch ganz normale Menschen, da gibt es Industrie, Kriminalität, Naturkatastrophen, brutal heiße Sommer neben schneebedeckten Bergen und natürlich jede Menge verstopfte Straßen.“ Diese Mischung mache für ihn die Faszination des Lago aus. Für das Buch habe der Henri-Nannen-Preisträger jahrelang recherchiert. „Aber irgendwann hat der Verlag gesagt, ich könne nicht immer nur nach Italien fahren, sondern müsse auch mal etwas abliefern.“
Die Rahmenhandlung von „KomaSee“ ist schnell erzählt: Die Paparazza Elena Barone will einen letzten Coup landen - ein Foto von George Clooney mit einer angeblichen Geliebten. Der Hollywood-Star hat am Comer See bekanntlich ein Feriendomizil. „Clooney am Comer See, das ist ein bisschen wie das Monster von Loch Ness: Jeder behauptet, es gebe ihn wirklich, gesehen hat ihn aber noch keiner.“ Das Buch lebt auch davon, dass es in keine Genre-Schiene passt: Die Handlung klingt nach einer lockeren Promijagd in märchenhafter Kulisse, aber „KomaSee“ ist zudem Familiensaga, Krimi, Gesellschafts- und Politsatire. Vor allem letzteres fällt dem ehemaligen „Titanic“-Chef leicht: Es ist zum Brüllen komisch, wenn Schmitt das Treffen der Grundsatzkommission (oder Grundwerte, so genau weiß das keiner) einer ungenannten deutschen Partei in der Adenauer-Villa in Cadenabbia beschreibt. „Bezüge zu echten CDU-Politikern sind Absicht. Aber die Rechtsabteilung des Verlags war sehr glücklich, als ich dann doch auf die Namensnennung verzichtet habe“, sagt Schmitt mit einem verschmitzten Lächeln.
In Petersberg sind es vor allem die skurrilen Figuren, die die 50 Gäste im vollbesetzten Rathaussaal immer wieder zum laut lachen lassen. Etwa der für Kommunikation zuständige „Kindgreis“ der Grundsatzkommission oder Elenas Mutter, die dem Klischee einer klassischen italienischen Diva entspricht. Und besonders der Gentleman Faustino, der ein Auge auf Elena geworfen hat, einen bizarren Mussolini-Kult pflegt und sich „einen nachhaltigen Faschismus“ wünscht. Schmitts Quintessenz nach der mehr als einstündigen Lesung, die im Rahmen von Leseland Hessen stattfand: „Am Comer See gibt’s eigentlich alles - außer Platz, weil alles gnadenlos zugebaut worden ist.“ Als der Schriftsteller hört, dass ausgerechnet Como die Partnerstadt Fuldas ist, wundert er sich kurz - und kontert dann: „Das mit dem mediterranen Flair verstehe ich ja noch - aber wo ist euer See?“