Der Petersberger Rathaussaal war bei Daniela Petersens Lesung voll besetzt.
Autorin Daniela Petersen (von links) mit den Gemeinde-Mitarbeitern Sebastian Kircher, Sonja Haase und Nicole Gaßmann.
In unserer Region geht es beschaulich zu – glaubt man. Die FZ-Journalistin Daniela Petersen hat aber so viele Kriminalfälle gesammelt, dass sie damit bereits zwei Bücher füllen konnte. Im Petersberger Rathaus stellte sie nun bei einer Lesung einige Verbrechen vor, die die Gäste sprachlos machten.
Wie in einem schlechten Horrorfilm klang der Fall von Anneliese Michel. Die 21-Jährige starb 1976 in Klingenberg in Unterfranken an den Folgen einer extremen Unterernährung. Der Fall erregte bundesweites Aufsehen, weil die Studentin keine medizinische Hilfe bekommen hatte, sondern zwei Priester insgesamt 67-mal den großen Exorzismus an ihr vollzogen hatten. Daniela Petersen hat für ihre Recherchen unter anderem mit einer ehemaligen Schulfreundin von Anneliese Michel und einem Exorzismusbeauftragten, den es im Bistum Würzburg bis heute gibt, gesprochen. „Der tragische Tod der jungen Frau hat in der katholischen Kirche damals zu einem Umdenken geführt. Heute werden in Deutschland eigentlich keine Exorzismen mehr vollzogen“, erklärt die Autorin.
Sie hat nun schon zwei Bücher geschrieben mit echten Kriminalfällen, die sich in der Region Fulda ereignet haben. „Osthessen ist krimineller, als ich gedacht hätte“, antwortet Daniela Petersen mit einem Lachen auf die Frage, was sie durch ihre Arbeit über die Region gelernt habe. Mord, Totschlag, Brandstiftung, Einbruch, Körperverletzung – all diese Delikte kommen in Petersens Büchern vor. In dem Ende 2022 erschienenen zweiten Band von „Tatort Osthessen“ nimmt auch das Thema Femizid eine besondere Rolle ein. „Femizid bedeutet, dass eine Frau wegen ihres Geschlecht umgebracht wird“, erläutert die Autorin. Statistisch gesehen geschehe dies in Deutschland jeden dritten Tag. Traurigerweise auch in Osthessen, wie Petersen in Erinnerung ruft und zum Beispiel den Mord an einer Ärztin im Jahr 2020 oder an einer Künzellerin 2019 nennt. In der Lesung stellt sie zwei Fälle vor: Eine schwangere Fuldaerin, die von ihrem Freund ermordet, und eine Rhönerin, die einen Messerangriff ihres Mannes überlebt hat. „Die körperlichen Schäden sind schnell verheilt, aber die seelischen Narben bleiben für immer“, sagt Petersen. Sprachlosigkeit herrscht auch, als die Journalistin von dem bis heute ungeklärten Mord am Küster von Dietges und von einem US-Soldaten, der sich auf grausigste Weise am Geliebten seiner Frau rächt, berichtet.
Dennoch hat sie zum Ende ihrer Lesung eine positive Botschaft: Durch die moderne Technik falle es der Polizei mittlerweile leichter, Täter zu schnappen: „Ein Gewaltverbrecher kann heutzutage nicht mehr ungesühnt davonkommen.“ Und: Die Zahl der Straftaten in Osthessen nehme seit Jahren ab, während gleichzeitig die Aufklärungsquote steige. „Wir leben in einer grundsätzlich sicheren Gegend.“
Zuvor hatte Sebastian Kircher von der Gemeinde Petersberg die Gäste im ausgebuchten Rathaussaal begrüßt. Kircher kündigte an, dass aufgrund der guten Resonanz künftig weitere solcher Veranstaltungen geplant seien. Die Gemeinde betreibe vier Büchereien in den Ortsteilen Petersberg, Marbach, Steinau sowie Almendorf und unterstütze zudem die kirchlichen Bibliotheken in Margretenhaun und Steinhaus. „Unsere Einrichtungen bieten Zehntausende Medien – neben Büchern auch Hörbücher, CDs, DVD und Tonie-Boxen. Wir investieren aktiv in das Kulturgut Lesen“, betonte Kircher.
Die Rathausbücherei lud anschließend zu einem Late-Night-Opening ein, bei dem die Besucherinnen und Besucher die Bibliothek erkunden und mit den Mitarbeiterinnen sowie der Autorin ins Gespräch kommen konnten.
Tatort Osthessen – Band 1 und Band 2 sind in Parzellers Buchverlag, Fulda, erschienen und sind im Buchhandel erhältlich.