Liebe Bücherfreunde und -freundinnen,
Folge 4
„Die letzten werden die Ersten sein“ v. Shriver
„Ich habe beschlossen, einen Marathon zu laufen“, verkündet Remington Alabaster, noch bevor er auch nur ein einziges Mal joggen war. Seine Frau Serenata dagegen hat fast alle Sportarten dieser Welt ausprobiert, bis eine Arthrose in den Knien sie zur Untätigkeit verdammte. Bleiben ihrem Mann nur deswegen so viel Kraft und Elan, weil er sie sich 64 Jahre lang aufgespart hat? Serenatas Belustigung weicht bald dem puren Entsetzen.
Scharfzüngig und beschwingt schildert Lionel Shriver den Verfall unserer Körper und entwirft ein herrlich eigensinniges Paar, dessen Ehe durch einen aberwitzigen Entschluss ins Wanken gerät.
„Lionel Shrivers Roman enthält die zärtlichsten Zeilen darüber, was es heißt, in einer langen Ehe alt zu werden.“ The Times
„Die Hebamme“ v. Hoem
Marta Kristine Andersdatter Nesje, die Ururgroßmutter des Autors, ging 1821 zu Fuß 600 km von der Westküste Norwegens nach Christiania, um Hebamme zu werden. Danach übte sie ihren Beruf fünfzig Jahre lang am Romsdalfjord aus und verfolgte beharrlich ihr Ziel, Frauen zu helfen - wobei sie lange gegen Misstrauen und Armut ankämpfen musste.
Edvard Hoem lässt Marta Kristine mit enormer dichterischer Kraft hervortreten. Er erzählt feinfühlig von ihrer tiefen Liebe zu Hans, ihrem Lebensalltag mit elf Kindern und von den unzähligen Hebammenfahrten über den Fjord. Das Bild einer ganzen Epoche, einer Landschaft - und insbesondere des Hebammenberufs vor 200 Jahren - tritt atmosphärisch und detailgetreu hervor. Das Einfache dieses Lebens und die Zuversicht der Charaktere vermögen uns gerade heute besonders zu berühren.
„Lichtungen“ v. Wolff
Als der elfjährige Lev über Wochen ans Bett gefesselt ist, wird ausgerechnet die schlaue, aber von allen gemiedene Kato geschickt, um ihm die Hausaufgaben zu bringen. Zwischen dem ungleichen Paar entsteht eine unverbrüchliche Verbindung, die den beiden Heranwachsenden im kommunistischen Vielvölkerstaat Rumänien Halt bietet. Ein halbes Leben später läuft Lev noch immer die Pfade ihrer Kindheit ab, während Kato schon vor Jahren in den Westen aufgebrochen ist. Geblieben sind Lev nur ihre gezeichneten Postkarten aus ganz Europa. Bis ihn eines Tages eine Karte aus Zürich erreicht, darauf nur ein einziger Satz: „Wann kommst du?“
„Welten auseinander“ v. Franck
Julia wird in Ostberlin geboren. Sie ist acht, als ihre Mutter sie und die Schwestern in den Westen, erst ins Notaufnahmelager Marienfelde und dann nach Schleswig-Holstein mitnimmt. In dem chaotischen Bauernhaus kann die Dreizehnjährige nicht länger bleiben und zieht aus, nach Westberlin. Neben der Sozialhilfe verdient die Schülerin Geld mit Putzen, sie lernt ihren Vater kennen und verliert ihn unmittelbar, macht ihr Abitur und begegnet Stephan, ihrer großen Liebe.
Für „Die Mittagsfrau“ erhielt Franck den dt. Literaturpreis