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Poppenhausener Nachrichten
Ausgabe 4/2025
Aus dem Rathaus wird berichtet
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Ansprache zur Begrüßung zum Jahresempfang

der Gemeinde Poppenhausen / Wasserkuppe am 15: Januar 2025 im Von-Steinrück-Haus

Alexandra Ballweg, Vorsitzende der Gemeindevertretung

Wieder ist ein Jahr voller Ereignisse vorbei.

Ein Jahr, in dem wir viel Faszinierendes und Gutes erleben konnten - etwa, wie weltoffen und familiär die Menschen sein können. Denken wir zurück an die Fußball-Europameisterschaft oder an die olympischen Spiele: Wie leicht sich das Leben in diesen Wochen anfühlte und wie sehr sich Menschen über alle Kontinente hinweg verbunden gefühlt haben.

Ich selbst habe das in Berlin bei der EM erlebt: Szenen in einer Schlange, jeder wollte die anderen vorlassen. Freude, Freundlichkeit, Empathie.

Später in England auf einer Sprachreise habe ich eine Französin getroffen, die zum Organisationsteam der olympischen Spiele gehörte. In schillernden Farben erzählte sie, welch großartige Szenen sich in Paris abspielten. Wie freundlich das gesamte Helferteam war und wie Gäste aus aller Welt gut gelaunt und dankbar waren. Szenen der Verbundenheit. Als es vorbei war, gab es im Organisationsteam einiges an Tränen. Sie sagte, das Problem ist: Was kommt danach? Wenn man so etwas Schönes erlebt hat, was soll dann noch kommen?

Und wir waren uns einig:

Dieses Gefühl ist es wert, weitergetragen und weiterentwickelt zu werden.

Gleichzeitig gab es schon lange nicht mehr so viele Personen, Gruppen, Staaten, die ein „Ich zuerst“ - oder - „wir zuerst

lauthals in die Welt rufen, wie im letzten Jahr.

Ich dachte immer, wir sind eine stabile Demokratie, aber im letzten Jahr hatte ich erstmals Zweifel.

Nicht nur wegen Amerika und Teilen Europas. Nein, leider auch bei uns.

Überzogene Abgrenzungen und politische Entgleisungen nehmen zu.

Dem Wirtschaftsstandort Deutschland fehlte oft der Mut zu Veränderungen.

Nun wird er zumindest in den Köpfen und medial zu Grabe getragen.

In einem Land, in dem Leute hunderte von Metern anstehen, um zuerst an eine Dubai-Schokolade für bald 20 Euro heranzukommen. Ich weiß nicht, wie da die Stimmung war, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man in dieser Schlange gerne jemanden vorgelassen hat.

Was können wir dagegensetzen?

1.

Die Blickrichtung ändern und Stärken stärken. Da können wir z.B. von Antonius lernen. Im Bereich der Behindertenhilfe wurde Jahrzehnte lang versucht, gezielt die Schwächen eines Menschen zu therapieren. Irgendwann hat man erkannt, dass es viel förderlicher und für die Menschen auch würdevoller ist, wenn man darauf schaut, was jemand kann, wo seine Talente liegen. Dass es besser ist, Stärken zu stärken als Schwächen zu schwächen. Das hat viel Positives bewirkt und ist so ein Beispiel für eine gelungene Blickumkehr. Vielleicht kommen wir auch insgesamt weiter, wenn wir anfangen, weniger nach Fehlern zu suchen und versuchen, uns die Dinge zu vergegenwärtigen, die gut funktionieren.

Ich war im letzten Jahr fünfmal mit dem Zug in Berlin. Alle Züge waren pünktlich.

2.

Eine andere Form ist nicht die Blickumkehr, sondern gleichsam die Ohr-Umkehr: Es scheint unwichtiger geworden, zu hören, was der andere sagt. Meist bereitet man schon, bevor der andere den Satz beendet hat, die eigene Antwort vor. Zu hören, was ein anderer sagt - zuhören! Die meisten Menschen halten sich für gute Zuhörer. Tatsächlich aber kann ein Großteil der Erwachsenen nicht richtig zuhören. Hier scheint eine systematische Selbstüberschätzung vorzuliegen - ähnlich wie beim Autofahren, wo sich auch die Mehrheit für überdurchschnittlich kompetent hält. Wo man aber denkt, man sei bereits kompetent, versäumt man, sich wirkliche Kompetenz anzueignen. Da nehme ich mich nicht aus.

3.

Gehe hundert Schritte in den Schuhen eines anderen, wenn Du ihn verstehen willst, besagt ein indianisches Sprichwort.

4.

Kann es vielleicht sein, dass beide „Recht haben“ Was wir hören, ist immer eine Meinung, kein Fakt. Was wir sehen, ist immer eine Perspektive, nicht die Wahrheit.

Das sind nur vier Möglichkeiten, einer Orientierungsumkehr und Erweiterung, die uns weiterbringen können.

Was kommt auf uns zu in diesem Jahr?

Eine gescheiterte Koalition verursacht Neuwahlen schon im Februar statt im September.

Wer Zukunft gestalten will, muss kooperieren und zusammenarbeiten. Die Zeit der Dominanz großer Parteien ist vorbei.

Nur gemeinsam sind die besten Lösungen für das Land zu entwickeln.

Doch wieso sollte es nach der Wahl besser werden, solange Umfragewerte der eigenen Partei wichtiger sind als die gemeinsamen Lösungen?

Der ständige Profilierungsdrang von Parteien und der Egoismus von Persönlichkeiten der Politik ermüdet die Menschen - und das schadet der Demokratie.

Was der Demokratie noch schadet:

Misstrauen, Kontrollbedürfnis, Intransparenz und Ignoranz.

Eine Politik, die auf ihre Wählerschaft herabblickt und ihr das Gefühl gibt: „Wir können das am besten, Du musst uns nur wählen“, erzeugt wenig Zuspruch.

Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb der Anteil der Nichtwählerinnen und -wähler so hoch ist.

Gäbe es dafür eine Partei, hätte sie die Dominanz.

Doch Demokratie vermag mehr. Demokratie ist stark.

Gute demokratische Prozesse können ein „entweder oder“ in ein „Sowohl als auch“ verwandeln. Viele verschiedene Aspekte, Gesichtspunkte und Interessen müssen nicht gegeneinander ausgespielt werden, sie können einander ergänzen und miteinander verwoben werden.

Wenn man das will.

Hier ein paar Gedanken dazu:

Wer die Demokratie wirklich stärken will, der muss:

  • In der Sache entscheiden, nicht aus Machtinteressen und
  • an echter Mitwirkung interessiert sein
  • Auch mal dem politischen Gegner in der Sache zustimmen
  • Die Menschen miteinbeziehen bei den großen Reformen, die anstehen
  • Mehr zuhören als widersprechen - oder zuhören- denken - und erst dann wieder sprechen
  • Wege für Gemeinsamkeiten aufzeigen - statt Gründe für Trennendes
Doch was hat das alles mit Poppenhausen zu tun?

Auch in Poppenhausen steht in diesem Jahr eine Wahl an.

Wir werden unseren aktuellen Bürgermeister heute bei seiner letzten Ansprache zum Jahresempfang erleben.

Dann haben wir - dann haben Sie am 29. Juni die Wahl:

Wer soll die Geschicke unserer Gemeinde leiten? Welchen Regierungsstil wünschen wir uns? Was ist gut für die wirtschaftliche und auch für die kulturelle und soziale Entwicklung des Dorfes?

In der näheren Zukunft werden sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ändern.

Der Wegzug der Fa. Pappert konnte leider nicht verhindert werden. Wir wünschen der Firma von Herzen einen guten Neustart und weiteres Wachstum. Poppenhausen bleibt immer mit diesem Unternehmen verbunden, welches hier seine Wurzeln hat. Aber der Wegzug führt vermutlich zu weniger Wachstum in Poppenhausen, die Zahl der Arbeitsplätze vor Ort sinkt.

Einige Firmen in unserer Gemeinde bekommen die Konjunkturflaute derzeit zu spüren. Das wird mit etwas Verzögerung auch Einbußen für unsere Gemeindekasse bedeuten.

Zusätzlich werden wir in diesem Jahr einen hohen Betrag an den kommunalen Finanzausgleich abgeben, weil die Gewerbesteuer-Einnahmen in den letzten beiden Jahren hoch waren.

Das sind nur Beispiele, die ahnen lassen, dass wir den Cent in Zukunft einmal mehr herumdrehen müssen, bevor er ausgegeben wird.

Hier ist verstärkt Augenmaß gefragt.

Doch wie kann Poppenhausen dennoch weiterwachsen?

Gibt man die Frage ein, „Was ist Wachstum?“, so erscheinen die ersten 10 Definitionen von Wirtschaftswachstum, nicht von Wachstum. Auch interessant.

Wachsen kann man nicht nur im Sinne der Ausdehnung, sondern auch innerlich - und zwar im wörtlichen sowie im übertragenen Sinne.

Innerlich wachsen, qualitativ wachsen, besser werden, zusammenwachsen. Der Wohlfühlfaktor ist in Poppenhausen sehr hoch unserer Umfrage zufolge.

Zusammenwachsen vielleicht auch in der Form, zu prüfen, wo interkommunale Zusammenarbeit sinnvoll und wirtschaftlich ist.

Das Ehrenamt stärken, wo wir schon richtig gut sind, d.h. ihm mehr zutrauen, ihm mehr Verantwortung übertragen - auch so kann ein Dorf wachsen.

Auch im Dorf und auch in unserem aktiven Dorf sind die Überlegungen zu mehr Beteiligung und Teilnahme angebracht und sinnvoll.

Veränderungen stehen an.

Wie soll sich Poppenhausen weiterentwickeln?

Wie soll es sich anfühlen, hier zu leben?

Wie ist Poppenhausen für den zukünftigen Wandel aufgestellt?

Im Zuge der anstehenden Wahlen stehen mehr Dialog und ein stärkeres Miteinander weit oben.

Wir müssen Mut aufbringen und unterschiedliche Perspektiven zulassen.

Einander zuhören und konstruktiv diskutieren.

Wenn wir uns nicht abriegeln, sondern uns dem Neuen öffnen, kommt automatisch auch die Kraft und Innovationsfreude, die unsere Gesellschaft dringend braucht.

Poppenhausen hat so viel Potenzial, lassen Sie es uns gemeinsam für eine gute Zukunft nutzen.

Mit Energie, Entschlossenheit und Zuversicht

Auf geht’s!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.