„Einsamkeit, das ist vor allem ein Problem älterer Menschen“, mag der ein oder die andere vermuten, aber weit gefehlt. Gerade im Zuge der COVID-19-Pandemie wird klar, dass auch bei Jugendlichen Einsamkeit ein Thema ist. Dies mag zunächst verwundern, da gerade die jüngeren Generationen durch „Social Media“ im ständigen Kontakt untereinander stehen. Keiner ist vermeintlich allein. Wie kann man sich da einsam fühlen?
Zunächst stellen wir uns die Frage: Was ist Einsamkeit überhaupt? Einsamkeit beschreibt das subjektive Erleben unzureichender sozialer Einbindung und Unterstützung. Einsamkeit hat keine feste Symptomatik, das Empfinden äußert sich also bei jedem auf unterschiedliche Art und Wiese. Daher lässt sich Einsamkeit auch nicht einfach von außen feststellen, sondern fußt auf der individuellen Wahrnehmung der Betroffenen („Ich fühle mich einsam“). Sich völlig vor dem Gefühl der Einsamkeit zu schützen, ist nicht möglich und auch nicht nötig. Einsamkeit verspürt jeder von uns ab und an, der Umgang damit gehört zu unserer persönlichen Entwicklung. Bereits Kinder im Vorschulalter können das Gefühl der Einsamkeit beschreiben. Problematisch wird es, wenn man sich anhaltend, also chronisch, einsam fühlt. Festzuhalten ist, dass das Einsamkeitserleben in Deutschland, anders als beispielsweise eine Depression, keine amtlich klassifizierte Krankheit darstellt.
Durchschnittlich fühlen sich vier bis fünf Prozent der Jugendlichen in Deutschland einsam. Regelmäßige Freizeitbeschäftigungen und gute Gesundheit reduzieren das Gefühl der Einsamkeit, ein Migrationshintergrund hingegen steht häufiger im Zusammenhang mit gefühlter Einsamkeit.
Von Einsamkeit Betroffene zeigen eine ausgeprägte Sensibilität gegenüber verbalen und nonverbalen Äußerungen Dritter. Oftmals werden neutrale, also eigentlich wertungsfreie, Äußerungen als abweisend oder persönlich abwertend interpretiert. Damit einher geht in vielen Fällen ein als niedrig empfundener Selbstwert. Dadurch wird ein sozialer Rückzug bei Betroffenen ausgelöst, welcher langfristig wiederum die sozialen Kompetenzen verringert. Es entsteht ein Teufelskreis. Zudem geht das Gefühl von Einsamkeit oft mit chronischem Stress und den damit verbundenen Begleiterscheinungen einher.
Allgemein ist die Lebensqualität einsamer Menschen und ihre Fähigkeit, psychischen Belastungen entgegenzuwirken, niedriger als bei nichteinsamen Menschen. Für einsame Jugendliche bedeutet dies beispielsweise in Unterrichtssituationen einen stärker empfundenen sozialen Stress.
Die Ursachen für gefühlte Einsamkeit sind vielfältig und oft schwer zu fassen. Bei Jugendlichen können unter anderem nicht ausreichende soziale Fertigkeiten das Gefühl begünstigen. Studien zeigten interessanterweise, dass dies auch bei Fehleinschätzung der eigenen Kompetenzen zu beobachten ist, d. h. der Betroffene sich selbst als weniger sozial kompetent einstuft, sein Umfeld dies aber bei der Person als deutlich positiver ausgeprägt wahrnimmt. Für das Erwachsenenalter manifestieren sich noch weitere Einflussfaktoren für wahrgenommene Einsamkeit. Beispielsweise fühlen sich Singles häufiger einsam als Menschen in einer Beziehung, ebenso entwickeln Menschen mit einem höheren Bildungsgrad seltener Einsamkeitsgefühle.
Als Erstes ist es wichtig für sich festzustellen, ob das Einsamkeitsempfinden eine wesentliche Rolle im Leben einnimmt und einen dauerhaft in der Lebensqualität beeinflusst. Wenn ja, gibt es verschiedene Ansatzpunkte. Möglich wäre die Verbesserung der sozialen Kompetenzen oder die Veränderung der persönlichen Selbsteinschätzung bezüglich der individuellen Kompetenzen, also der eigenen Stärken und Schwächen. Hierzu ist der Besuch von Seminaren und Coachings empfehlenswert, welche sich den Themenfeldern Kommunikation, Selbstreflexion und persönliche Wünsche beziehungsweise Entwicklungsfeldern widmen. Auch Freizeitaktivitäten können der Einsamkeit entgegenwirken, zum Beispiel im Sportverein oder bei der Ausübung eines anderen Hobbys. Trauen Sie sich wieder öfters unter Menschen, trinken Sie wieder mal einen Tee in Gesellschaft oder reaktivieren Sie Kontakte mit alten Freunden oder Familienangehörigen.
Weitere Informationen finden Sie unter www.das-saarland-lebt-gesund.de oder www.pugis.de.
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Das Saarland lebt gesund
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