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Liebe Gemeinderatsmitglieder,
liebe Ensdorferinnen und Ensdorfer,
liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
sicherlich erinnern Sie sich noch an die Ereignisse rund um die Verabschiedung des Haushalts 2022. Putin hatte gerade einen Angriffskrieg auf die Ukraine gestartet und es drohten zum damaligen Zeitpunkt noch unabsehbare Folgen für die Menschen dort - aber auch für uns in Deutschland und damit für alle Kommunen in der Republik. Der Krieg ist in den letzten 14 Monaten zu einem ständigen Wegbegleiter geworden und hat unser aller Leben, insbesondere auch im monetären Bereich, bestimmt. Und wer in den letzten Jahren geglaubt hat, das ständige Klagen des Bürgermeisters um die Situation des gemeindlichen Haushalts sei Jammern auf hohem Niveau, dem dürfte spätestens seit der ersten Lesung des Haushaltes im März dieses Jahres klargeworden sein, dass die Situation eher noch schlimmer geworden ist, wie es zu befürchten schien. Bereits mit der im 4. Quartal 2022 eingegangenen Rückzahlungsverpflichtung von Gewerbesteuern in einer Größenordnung von 4 Mio. Euro und dem damit einhergehenden Nachtragshaushalt musste uns allen klar sein, wohin im Haushaltsjahr 2023 die Reise gehen wird:
Im Ergebnishaushalt stehen Erträgen von 10.599.244 € Aufwendungen in Höhe von 13.762.016 € gegenüber. Im Saldo bedeutet dies eine Unterdeckung in Höhe von -3.162.772 €.
Wie kommt ein solches Ergebnis zustande?
Bereits in der Vergangenheit habe ich versucht, Ihnen aufzuzeigen, dass die Gemeinde - wie ganz viele im Saarland - eher ein Einnahme- als ein Ausgabeproblem hat. Alleine gegenüber dem Vorjahr verringert sich die Einnahme aus der Gewerbesteuer um 1.328.300 €. Zwar erzielen wir aus der Zuweisung von Schlüsselzuweisungen um 414.708 € höhere Einnahmen - dies aber auch nur deshalb, weil zeitversetzt die zunehmend schlechtere finanzielle Situation der Gemeinde Ensdorf durch das Land mittels Zuweisungen berücksichtigt wird.
Rückläufig ist auch der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer. Diese hat sich gegenüber dem Vorjahr um rund 227.000 € verringert. Ebenfalls wirkt sich negativ aus, dass das kommunale Schutzgesetz, aus dem die Gemeinde Ensdorf in 2022 noch Ersatzleistungen für Steuerausfälle bei der Gewerbesteuer in Höhe von rund 190.000 € und Ersatzleistungen für den Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer in Höhe von 175.000 € erhalten hat, ersatzlos ausgelaufen ist. Ebenfalls ausgelaufen ist die Zuweisung von KELF-Mitteln (Kommunaler Entlastungsfonds) aus § 12 des Saarland-Pakt-Gesetzes in Höhe von rund 59.000 €. In Summe fehlen an der Stelle auf der Einnahmenseite rund 365.000 €.
Erfreulicherweise konnte bei dem Abschluss des ein oder anderen privatrechtlichen Vertrages eine Steigerung der Ertragspositionen verhandelt werden - in Summe rund 235.000 € - hier handelt es sich allerdings lediglich um Einmaleffekte, die uns für die kommenden Jahre nicht weiterhelfen.
In den Gesamteinnahmen ergibt sich insofern gegenüber dem Vorjahr auf der Einnahmeseite ein Minus von 747.411 €.
Wo liegen die hauptsächlichen Ausgabesteigerungen?
Die Gemeinde hat rund 400.000 € zusätzlich (damit insgesamt 4.585.000 €) an Kreisumlage zu zahlen. Insgesamt erhöht sich der Ansatz für „Zuwendungen, Umlagen und sonstige Transferleistungen“ um knapp 500.000 €.
Bei den Personalkosten steht eine Steigerung von rund 360.000 € gegenüber dem Vorjahr (incl. 5 % Gehaltssteigerung per anno) zu Buche. Wir erwarten hier angesichts des Tarifabschlusses eine Punktlandung. Ungeachtet der Effekte aus Strom und Gaspreisbremse kalkuliert die Gemeinde auch mit Mehrkosten im Energiebereich von rund 221.000 €.
„Sonstige ordentliche Aufwendungen“ (aus allgemeiner Preissteigerung) erhöhen sich gegenüber dem Vorjahr um rund 91.000 €. Alles in allem sind die Gesamtausgaben inkl. der Zinsaufwendungen im Vergleich zum Vorjahr um 1.069.084 € gestiegen.
Überraschenderweise ist es ungeachtet des eben geschilderten Zahlenwerks gelungen, die Defizitobergrenze, die der Saarlandpakt vorgibt, nicht zu reißen. Dies hat zunächst einmal dazu geführt, dass die Verwaltung zur Herstellung der Genehmigungsfähigkeit des Haushaltes durch die Kommunalaufsicht dem Gemeinderat keinerlei schmerzliche Entscheidungen abverlangt hat. Vielmehr hat die Kommunalaufsicht der Verwaltung in Aussicht gestellt, den vorgelegten Haushaltsplan ungeachtet des erneut erheblich gestiegenen Defizits zu genehmigen.
Aber können wir uns jetzt deshalb beruhigt zurücklehnen?
Ich finde - Nein. Leider muss ich wiederholt darauf hinweisen, dass wir uns im freiwilligen Bereich nach wie vor Ausgaben leisten, die an anderer Stelle gegenfinanziert werden müssen. Dies wird nicht unendlich lange möglich sein und von der Kommunalaufsicht toleriert werden. Auch hier werden wir immer wieder darauf hingewiesen, dass es perspektivisch notwendig ist, entweder auf lieb gewonnene Angebote zu verzichten oder für entsprechende ausgleichende Einnahmepositionen zu sorgen. An der Stelle wiederhole ich - wie bei jeder meiner Haushaltsreden der letzten Jahre - die Forderung an den Bund,
Es dürfte nicht sein - und schon dreimal nicht so bleiben -, dass die Gemeinden auf Kosten sitzen bleiben, die der Bund diesen durch Übertragung der Aufgaben auf Gemeindeebene auferlegt (z.B. im Bereich der Flüchtlingsunterbringung - seien es die Kosten der Sachbearbeitung oder seien es die Leistungen des Bauhofes zur Herrichtung der Wohnungen).
Einigermaßen zuversichtlich bin ich zwar dahingehend, dass offenbar Bewegung in die Forderung des SSGT (Saarländischer Städte- und Gemeindetag) zur Übernahme der kommunalen Altschulden kommt, weil aus der Ampelkoalition Botschaften kommen, den Gemeinden diesbezüglich Hilfestellung zu geben.
Ich appelliere erneut an die im Rat vertretenen Fraktionen, sich bei ihren Vertretern in Berlin für eine solche Vorgehensweise einzusetzen, gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Bundesländern zu gewährleisten. Auch hoffe ich darauf, dass die Novellierung des kommunalen Finanzausgleichs die Gemeinde Ensdorf nicht zu einer „Verlierergemeinde“ macht - ein Schicksal, was ihr im Fall der Umsetzung des im vergangenen Jahr gescheiterten Kompromissvorschlages gedroht hätte. Hier wiederhole ich meine Forderung an die Gutachter des Landes, den Finanzausgleich nicht nur horizontal, sondern auch vertikal neu zu überdenken.
Vielleicht mag nun der ein oder andere sagen, dass mit der erfreulicherweise am 1. Februar verkündeten Ansiedlung der Fa. Wolfspeed auf dem ehemaligen Kraftwerksgelände sich ein Silberstreif am Horizont zeigt. Ja, den sehe ich auch - aber alleine über das Prinzip Hoffnung können wir auch in den nächsten Jahren nicht für einen Ausgleich im Haushalt sorgen - und ob und wenn ja in welcher Höhe zusätzliche Gewerbesteuereinnahmen aus dieser oder sich noch im Umfeld weiter ergebenden Ansiedlungen fließen werden, ist zum heutigen Zeitpunkt noch ungewiss.
Zum Beleg der prekären Situation:
Unterstellt, wir fahren in den nächsten Jahren weiterhin ein Defizit in der Größenordnung dieses Jahres, stehen wir in 2026 vor der bilanziellen Überschuldung.
Um nicht unter den Verdacht der Schwarzmalerei zu geraten:
Es besteht glücklicherweise auch die Möglichkeit, im Rahmen des Investitionshaushaltes zu investieren und damit zu gestalten. Erfreulicherweise hat das Innenministerium seine bisherige Lesart bei der Einschätzung von Unterhaltungsmaßnahmen in Abgrenzung zu Investitionsmaßnahmen geändert. Erstmals mit dem Haushaltsjahr 2023 ist es nunmehr auch möglich, energetische Sanierungen über den Investitionshaushalt abzubilden und damit zu finanzieren. Die Verwaltung setzt insofern konsequent ihren in der Vergangenheit eingeschlagenen Weg fort und hat dem Rat eine Vielzahl von nachhaltigen Projekten vorgeschlagen.
Darunter zählen die in zwei Bauabschnitten zu erfolgende Sanierung der Rathausfenster, der weitere Umbau sämtlicher Straßenlaternen auf LED-Technik sowie die energetische Sanierung der Leichenhalle. Darüber hinaus wird auf dem Friedhof erstmals eine Beleuchtung installiert. Ein Projekt, von dem sich viele Ensdorferinnen und Ensdorfer eine wesentlich sicherere Passage des Friedhofs in der Nacht erwarten dürfen.
Ebenfalls verspreche ich mir einen nachhaltigen Effekt durch den Einbau einer Wärmepumpe im Bergmannsheim, für die der Gemeinderat auf Vorschlag der Verwaltung bereits in 2022 die Weichen gestellt hat.
Ganz besonders froh bin ich darüber, dass wir nach entsprechender Rücksprache mit dem Innenministerium grünes Licht dafür bekommen haben, unsere Planungen für die Ertüchtigung der betreuenden Einrichtung (FGTS) und der Schule (Plattenbau) fortzusetzen. Hier stehen im laufenden Haushaltsjahr 250.000 € an Planungsmitteln zur Verfügung, die uns in die Lage versetzen werden, nach Möglichkeit rechtzeitig bis zum Beginn der Umsetzung des Rechtsanspruchs allen Kindern ein Angebot auf Nachmittagsbetreuung im Jahr 2026 machen zu können und darüber hinaus für 12 Klassen ein funktionales und modernes Schulgebäude zu errichten. Hier gehört es aber auch zur Wahrheit, dass zur Finanzierung dieses Projektes in der bislang in Rede stehenden Größenordnung von um die 10 Mio. Euro allein ein zusätzlicher Zins- und Tilgungsaufwand im Ergebnishaushalt von ca. 500.00 € zu stemmen ist, der wiederum im Ergebnishaushalt erwirtschaftet werden muss.
Angesichts der Tatsache, dass einige Maßnahmen (z.B. die Planung rund um Schule, das Thema Straßenbeleuchtung, Teile der Fenstersanierung am Rathaus oder auch der Sanierung des Friedhofsgebäudes) sonderkreditfähig sind, schöpft die Gemeinde den ihr zur Verfügung stehenden Kreditrahmen in Höhe von 579.000 € nicht vollständig aus. Einzahlungen in Höhe von 676.247 € - im Wesentlichen aus Förderprogrammen und mit dem MIBS (Ministerium für Inneres, Bauen und Sport) verhandelten Bedarfszuweisungen - stehen Auszahlungen von 1.284.940 € gegenüber, sodass eine Kreditaufnahme in Höhe von 608.693 € notwendig wird. Sonderkreditfähig sind Maßnahmen in einer Größenordnung von 469.980 €, so dass summa summarum eine freie Investitionsspitze von etwas mehr als 441.000 € besteht.
Dies nicht aus Mangel an Kreativität - wir haben damit vielmehr die Möglichkeit, nicht verausgabte Mittel entweder zur Finanzierung des eben angesprochenen Schulprojektes oder anderer derzeit noch im Frühstadium der Planung befindlichen Projekte zu verwenden. Hierfür möchte ich als Stichwort die mögliche Ertüchtigung des Schwimmbadgebäudes zu einem Dorfgemeinschaftshaus erwähnen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
mit der Vorlage der Haushaltssatzung 2023 schlagen mal wieder zwei Herzen in meiner Brust. Einerseits treibt mich die Sorge um, wie wir es schaffen wollen, die bereits angesprochene Überschuldung in der uns noch zur Verfügung stehenden Zeit abzuwenden - ohne von Ihnen schmerzliche Beschlüsse zu erwarten.
Andererseits erfüllt mich aber die Wolfspeed-Ansiedlung und die sich hieraus resultierenden Möglichkeiten mit Zuversicht.
Wir leben in einer attraktiven Gemeinde, deren Angebote sich auch im Quervergleich durchaus sehen lassen können. Über die Möglichkeiten im Bereich des ehemaligen Kraftwerksgeländes hinaus gilt es ab sofort, den Fokus noch stärker auf die Entwicklung des Duhamel-Geländes zu legen.
Ich hoffe dabei sehr, dass sich - möglicherweise bis Ende dieses Jahres - klärt, in welche Richtung sich der Schwerpunkt künftiger Nutzung entwickelt.
Über die Möglichkeiten, die die Gemeinde Ensdorf darüber hinaus unter dem Stichwort „Tourismus“ rund um die Halde und das Saarpolygon hat, habe ich Sie an anderer Stelle bereits unterrichtet bzw. durch Experten unterrichten lassen. Auch hier besteht die Chance, unter dem Stichwort „Strukturwandel“ ein neues Themenfeld - und damit Wertschöpfung - für die Gemeinde zu generieren.
Zum Abschluss darf ich Ihnen noch ein positives Highlight präsentieren. Wirtschaftsminister Jürgen Barke hat in der Landespressekonferenz am 18. April die „Kulturellen Leuchttürme 2024“ bekanntgegeben. 4 Projekte werden im Rahmen des Förderprogramms „Inwertsetzung kultureller Leuchttürme“ mit insgesamt 1,2 Mio € unterstützt. Ab dem Sommer 2024 und die Folgejahre wird dann über einen Zeitraum von jeweils 4 Wochen die Oper „Die Zauberflöte“ am Fuße des Saarpolygons auf dem Haldenplateau aufgeführt. Inszeniert wird dieses Projekt durch Joachim Arnold, der bereits mit den Veranstaltungen in Merzig im Zeltpalast überregional Aufmerksamkeit erlangt hat.
Bedanken möchte ich bei meinem gesamten Team - in allererster Linie den Mitarbeiterinnen der Kämmerei und deren Fachgebietsleiterin Anke Maurer -, die Ihnen die Ideen aus den Fachbereichen und die Vorstellungen des Bürgermeisters ebenso umfangreich wie detailliert -
aber hoffentlich auch verständlich - aufbereitet haben.
Nur so können wir Ihnen einen
kreativen wie attraktiven
transparenten wie nachhaltigen
vor allem aber einen genehmigungsfähigen Haushaltsplan zur Beschlussfassung vorgelegen.
Bedanken möchte ich mich aber auch bei Ihnen, sehr geehrte Gemeinderatsmitglieder, die Sie - so glaube ich es in den Vorberatungen erkannt zu haben - zumindest in weiten Teilen Haushaltssatzung und Haushaltsplan 2023 mittragen wollen.
Der Fortschritt zwingt uns zu neuen Ideen und zur Weiterentwicklung bestehender Arbeitsweisen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie Führungskräfte können im Jammertal verschwinden oder etwas daraus machen.
Der Management-Papst Peter Drucker hat es auf den Punkt gebracht:
„Wir können die Zukunft nicht voraussagen,
aber wir können sie gestalten.“
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich wünsche Ihnen eine angenehme Woche