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Neues aus Ensdorf
Ausgabe 22/2023
Bürgermeisterecke
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Bürgermeisterecke

Liebe Ensdorferinnen,

liebe Ensdorfer,

am vergangenen Pfingstwochenende haben Vertreter*innen des Gemeinderates, des Partnerschaftsvereins und einige interessierte Bürgerinnen und Bürger unsere Partnergemeinden in Wizernes und in Hallines, Frankreich, besucht.

Nachstehend meine Rede anlässlich des Jubiläums zwischen unseren Gemeinden.

Sehr geehrte Frau Kollegin, liebe Christine,

sehr geehrter Herr Kollege, lieber Pierre,

verehrte Ratsmitglieder der Gemeinden,

liebe Mitglieder der Partnerschaftsvereine,

verehrte Anwesende,

als im Jahr 1963 – im Übrigen ein guter Geburtsjahrgang – Staatspräsident Charles de Gaulle und Bundeskanzler Konrad Adenauer mit dem Elysée-Vertrag die Geburtsstunde für die deutsch-französische Aussöhnung geschaffen haben, hat weder in Wizernes-Hallines noch in Ensdorf irgendwer an die Gründung einer Städtepartnerschaft gedacht.

Aber genau diese Begründung von Partnerschaften, das Schaffen von Gelegenheiten für Begegnungen von Menschen dies und jenseits des Rheins – war die Absicht der beiden Staatslenker.

Die zwei „alten“ Männer wussten ganz genau, dass es nur so möglich sein wird, die jahrhundertealte Erbfeindschaft zwischen Frankreich und Deutschland zu beenden.

Knapp 25 Jahre später haben - genau 5 Jahre nach Wiedererlangung der Selbständigkeit der Gemeinde Ensdorf - die damaligen Bürgermeister Jean Simon/Wizernes, Claude Sourdeval/Hallines und Alfons Schorr/Ensdorf eine Partnerschaft auf kommunaler Ebene begründet, die nunmehr bereits 36 Jahre besteht.

Sie alle wissen, dass es uns aufgrund der Corona-Pandemie im vergangenen Jahr nicht möglich war, dieses Jubiläum gebührend zu feiern. Leider sind viele der damaligen Gründungsväter und –mütter nicht mehr unter uns. Umso schöner finde ich, dass die damaligen Mädchen, die 1987 den Text der Partnerschaftsurkunde in ihrer jeweiligen Landessprache vorgelesen haben, heute als erwachsene Frauen den gleichen Text erneut vortragen werden und so den Geist der damaligen Veranstaltung in diese Veranstaltung bringen.

Viele von uns waren im Laufe der Jahre schon mehrfach wechselseitig zu Besuch in der jeweiligen Partnergemeinde, andere unter uns sind zum ersten Mal Gast in Wizernes/Hallines. Jede und jeder der erfahrenen Partnerschaftsvereinsmitglieder verbindet mit den Besuchen besondere Emotionen und Erlebnisse. Es gab viele Anlässe, bei denen gut gegessen, noch mehr getrunken und vor allem aber auch miteinander gefeiert wurde. Jeder einzelne Austausch, jede einzelne Begegnung hat dazu geführt, die Partnerschaft nicht nur in den Köpfen, sondern auch in den Herzen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu verankern.

Aber ich will den heutigen Tag nicht nur zum Anlass nehmen, die Dinge schön zu reden. Grenzschließungen während Corona, der gefühlte zwischenzeitliche Abriss der Kommunikation ging nicht spurlos an uns vorbei.

Hier wie da müssen wir uns insbesondere Gedanken um die Zukunft der Partnerschaftsvereine und dementsprechend um den Fortbestand unserer jumelage machen. Wie in vielen Vereinen fehlt uns der Nachwuchs, fehlen uns insbesondere Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die den Fortbestand garantieren. Ich habe jüngst in meiner Bürgermeisterkolumne vor einigen Wochen geschrieben: Wizernes/Hallines ist nicht Paris - und Ensdorf nicht Berlin.

Madame le maire,

Monsieur le maire,

sehr geehrte Ratsmitglieder auf französischer und deutscher Seite,

liebe Vertreterinnen und Vertreter der Partnerschaftsvereine,

wir müssen ehrlich miteinander sein. Niemand aus unseren Gemeinden besucht seine Partnergemeinde, weil man dort wunderbar Urlaub machen, am Strand liegen oder die hippe Szene einer Großstadt erleben kann. Aber der Charme unserer Gemeinden ist zweifelsohne vorhanden. Deshalb müssen wir insbesondere diejenigen erreichen, die es bislang noch nicht geschafft haben, sich für einen Besuch in der jeweiligen Partnergemeinde zu begeistern.

Mir ist dabei sehr bewusst, dass es aufgrund der durchaus großen Distanz schon schwerfällt, Kinder und Jugendliche - möglicherweise noch dadurch verstärkt, dass die Eltern nicht mitfahren können - für eine solche Reise zu begeistern. Vielleicht kann es hier ja gelingen, über den Weg der sozialen Medien einen Einstieg für unsere Jüngsten zu finden und die Jumelage damit zu revitalisieren.

Und wenn es dann noch bei interessierten Vereinen auf der einen Seite möglicherweise kein Angebot oder gar keine Resonanz auf der jeweils anderen Seite gibt, dann fällt es schwer, einen solchen Einstieg zur aktiven Teilnahme am Ausbau der deutsch-französischen Freundschaft zu schaffen.

Aber dürfen wir jetzt resignieren?

Zeigt uns nicht gerade der aktuelle Krieg in der Ukraine, wie wichtig es ist, dass die Achse zwischen Berlin und Paris funktioniert und als gemeinsames Bollwerk gegen potenzielle Aggressoren zusammensteht? Genau deshalb dürfen wir nicht müde werden, immer und immer wieder dafür zu werben, sich regelmäßig auszutauschen. Sei es auf Ebene der Verwaltungschefs, der Ratsmitglieder und noch viel viel besser auf Vereins- und vor allem privater Ebene.

Ich bin sehr froh, dass ich nach unserem letzten Besuch im November vergangenen Jahres mit dem Kennenlernen von Christine Seillier, Pierre Evrard und Frank Miellot handelnde Personen kennengelernt habe, die für mich glaubhaft dargelegt haben, dass ihnen am Fortbestand unserer langjährigen Partnerschaft sehr viel liegt. Danken möchte ich auch all denen, die in der Vergangenheit die Partnerschaftsvereine geführt und geprägt haben - beginnend mit Robert Koidl über Joseph Rumpler bis hin zu Patrick Voigt - aber auch den französischen Freunden um Alain Lyps, Henri Godard und all den Anderen, die sich verdient gemacht haben.

Für das herzliche Willkommen, die gezeigte Gastfreundschaft und das ausgewählte Programm bedanke ich mich im Namen aller Delegationsteilnehmer*innen mit einem

Herzlichen Glückauf –

es lebe die deutsch-französische Freundschaft!

Ich wünsche Ihnen eine angenehme Woche.

Ihr Jörg Wilhelmy