Laufen kann doch jeder, oder? Klar! Es ist die natürlichste Art der Fortbewegung und die meisten Menschen laufen bereits, bevor sie sprechen können. Es funktioniert völlig automatisch. Außerdem, so finden wir, ist ein entscheidender Vorteil des Laufsports, dass man völlig flexibel und unabhängig von Zeit und Ort etwas für seine Gesundheit tun kann.
Nichtsdestotrotz haben gerade Einsteiger bei diesem Gesundheitssport ein recht hohes Überforderungs- und Verletzungsrisiko. Wenn Sie zum Beispiel nach einer Erkrankung bei null starten, ist es empfehlenswert, mit Walking, Radfahren oder Schwimmen anzufangen. Grundsätzlich gilt bei Vorerkrankungen, wie bei jedem anderen Sport auch, im Vorfeld eine Abklärung mit dem Arzt vorzunehmen.
Im Bewegungsapparat werden Muskeln, Sehnen und Bänder gestärkt, man wird insgesamt stabiler und so werden die Gelenke nachhaltig geschont und entlastet. Da viele Muskelgruppen beteiligt sind, verbraucht man ziemlich viel Energie. Eine Stunde Laufen bei 10 bis 12 km/h schlägt mit ca. 600 verbrauchten Kalorien zu Buche. Das Herz-Kreislauf-System wird intensiv trainiert und die Ausdauer verbessert sich, so dass man weniger schnell aus der Puste gerät. Durch die verbesserte Durchblutung kann die Denkfähigkeit des Gehirns positiv beeinflusst werden. Außerdem wird die Ausschüttung verschiedener Botenstoffe, wie zum Beispiel Endorphinen (Glückshormone), verstärkt, und Stresshormone werden bei regelmäßigem Training schneller abgebaut. Zudem kann sich die Schlafqualität durch leichtes Ausdauertraining verbessern. Aber nicht nur der Körper profitiert vom Laufen, auch die seelische Gesundheit wird gestärkt. Untersuchungen haben ergeben, dass Menschen, die regelmäßig körperlich aktiv sind, im Durchschnitt weniger mit Depressionen und Angststörungen zu kämpfen haben. Ein körperlich verbesserter Fitnesszustand beeinflusst zudem positiv das Selbstwertgefühl, das Selbstbewusstsein und die Selbstwirksamkeit.
Jetzt haben wir eindrücklich erläutert, warum Laufen so gesund ist. Aber wie macht man den Anfang? Das haben wir Martin Schedler gefragt, saarländischer Ultra-Läufer und deutscher Meister im Ultratrail 2015. Er ist sich sicher: wenn man einige Dinge beachtet, ist der Einstieg beim Laufen ganz simpel: „Einfach Schuhe anziehen und los geht´s! Ganz langsam starten, gerade zu Beginn nicht zu ehrgeizig sein, locker Traben, nicht zu viel Nachdenken und immer wieder Gehpausen einlegen. Die Erfolgserlebnisse stellen sich dann fast von alleine ein.“
Vom Walking unterscheidet sich Laufen durch eine kurze Flugphase. Bei jedem Schritt hebt der Laufende ab und beide Beine sind in der Luft. Durch diese Flugphase resultiert die höhere Fortbewegungsgeschwindigkeit, aber auch eine höhere Druck - und Stoßbelastung auf Füße und Gelenke. Auf die Frage nach der richtigen Lauftechnik gibt es allerdings keine allgemein gültige Antwort. Denn jeder Mensch läuft anders und das hängt stark von der körperlichen Veranlagung ab, etwa von Faktoren wie Körpergröße, Gewicht, Beinlänge, Fußstellung, kurz: der Körperstatik. Auch Martin Schedler sieht das mit der Technik entspannt: „Einfach locker los laufen. Gar nicht groß über Technik nachdenken. Meiner Erfahrung nach passt sich der Körper sowieso an, je öfter man läuft.“
Auch wenn sich eine grundlegende Lauftechnik mit der Zeit von alleine herausbilden sollte, haben wir hier ein paar Anhaltspunkte für Sie zusammengestellt:
Setzen Sie den Fuß auf und rollen Sie ihn von da aus komplett ab. Der letzte Impuls für den neuen Schritt kommt aus dem großen Zeh. Ihre Schrittlänge hängt von Ihrer Konstitution und Ihrem Körperbau ab. Der eine läuft mit großen Schritten, der nächste macht viel kürzere, schnellere Schritte. Beide können das gleiche Tempo mit der gleichen Anstrengung laufen. Sie werden schnell herausfinden, welche Kombination aus Schrittlänge und -frequenz für Sie optimal und angenehm ist.
Sie laufen aufrecht. Brust raus, Schultern zurück. Vermeiden Sie ein Hohlkreuz genauso wie eine zu starke Vorlage. Das Allerwichtigste ist aber: Bleiben Sie locker, denn Ihr Oberkörper leistet beim Laufen nicht die Hauptarbeit, das überlässt er Beinen und Armen. Den Kopf halten Sie gerade und der Blick geht ungefähr in 30 Metern Entfernung auf den Boden.
Die Arme schwingen locker mit, ohne dabei eine gedachte Linie vom Kinn zum Bauchnabel zu überqueren und sind im Ellenbogen nicht mehr als 90 Grad gebeugt. Die meisten Läufer empfinden es als angenehm, die Hände ganz locker und entspannt zu lassen. Ausgehend von den Händen entspannt sich Ihr ganzer Körper.
Hier braucht es gar nicht viel: Es reichen gute Schuhe. Aber dann auch wirklich gute Schuhe. Daran sollte man auf gar keinen Fall sparen, weiß Martin Schedler. Und er muss es wissen. Denn der Ultraläufer aus dem Saarland läuft und läuft und läuft. Und das zwischen 70 und 80 Kilometer in der Woche, wenn er es ruhig angehen lässt. Am besten, so empfiehlt er, lässt man sich in einem Fachgeschäft beraten, macht eventuell eine Laufanalyse und setzt auch als Anfänger auf Markenprodukte. Mit dem individuell passenden Laufschuh (gerne auch das Modell aus dem Vorjahr, das ist in der Regel ein paar Euro günstiger als das aktuellste Modell) lassen sich Knie- und Hüftproblemen, die beim Laufen recht häufig auftreten können, relativ gut vorbeugen. Die restliche Laufbekleidung ist vergleichsweise egal. Hauptsache ist, man fühlt sich wohl und es kneift nichts.
Bei Ihrem Lauftraining sollten Sie sich wohlfühlen und gerade noch unterhalten können. Falls Sie mit einer Pulsuhr laufen, können Sie sich hier an der Herzfrequenz-Faustformel orientieren: 200 minus Lebensalter. Sind Sie zum Beispiel 45 Jahre alt, so gilt für den oberen Intensitätsbereich eine Herzfrequenz von 155 Schlägen pro Minute. Falls bei diesem Tempo keine Unterhaltung mehr möglich ist, peilen Sie einen geringeren Puls an und laufen etwas langsamer.
Zu Beginn sind drei Trainingseinheiten pro Woche mit einer Dauer von 10 bis 15 Minuten ausreichend. Starten Sie zunächst mit ein bis zwei Minutenintervallen. Das heißt, Sie laufen ein bis zwei Minuten und machen dann eine Minute Gehpause, die Sie für Lockerungsübungen der Schultern, Arme und Beine nutzen können. In Woche drei und vier sollten Sie sich allmählich von 15 auf 20 Minuten und in Woche fünf und sechs auf 30 Minuten steigern. Ziel ist es, nach sieben bis acht Wochen drei Mal die Woche ca. 30 Minuten kontinuierlich zu laufen. Und damit haben Sie die Empfehlung der WHO, sich in der Woche mindestens 75 Minuten zu bewegen, bereits übertroffen. Gratulation!
Am Ende des Trainings sollten Sie mit reduziertem Tempo einige Minuten austraben und die besonders beanspruchten Muskeln lockern und nachdehnen.
Am effektivsten helfen Erfolgserlebnisse dabei, am Ball zu bleiben. Dazu kann man Fitnesstracker oder auch Lauf-Apps einsetzen. So behält man die eigene Leistung und den Fortschritt im Blick und kann sich auch über die kleineren Erfolge freuen. Außerdem darf der Spaß nicht zu kurz kommen. Denn nur wenn etwas Freude macht, wird man es öfter machen. Um den Spaß zu erhalten, ist es wichtig, sich nicht zu überfordern und nicht bis weit über seine Grenzen zu gehen. Das weiß der saarländische Ultra-Läufer aus eigener Erfahrung nur zu gut: „Man muss nach dem Training nicht völlig platt sein. Genießen Sie die Natur während Ihres Laufs. Suchen Sie sich eine schöne und abwechslungsreiche Strecke. Und gönnen Sie sich im Anschluss genügend Zeit bis zum nächsten Lauf. Der Körper muss genug Zeit haben, das Training zu verarbeiten und zu regenerieren.“
Für diesen Gesundheitstipp stand uns Martin Schedler mit seiner Expertise zur Verfügung. Das DSLG-Team dankt herzlich.
Mehr Informationen über den Langläufer vom Salomon Team Germany gibt es auf seinen Social-Media-Kanälen (Instagram @martinschedler; Facebook @martinschedlertrailrunner).
Weitere Informationen zum saarlandweiten Netzwerk „Das Saarland lebt gesund!“ (DSLG) finden Sie unter www.pugis.de oder www.das-saarland-lebt-gesund.de
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Das Saarland lebt gesund
Quellen:
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Nitz, P., Mibs, M. & Hoffmann, V. (2022). Gesünder leben mit Bewegung. Zugriff am 12.07.2023. Verfügbar unter https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/wissen/gesuender-leben-mit-bewegung/warum-ist-bewegung-wichtig
Nitz, P., Mibs, M. & Hoffmann, V. (2022). Mehr Bewegung - aber wie?. Zugriff am 12.07.2023. Verfügbar unter https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/wissen/mehr-bewegung-aber-wie/motiviert-bleiben
Ermet, C. (2018). Dein Weg zur Top-Lauftechnik. Zugriff am 12.07.2023. Verfügbar unter https://www.laufen.de/d/dein-weg-zur-top-lauftechnik
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Mockenhaupt, S. (2020). Tipps für einen effektiven und gesunden Laufstil. Zugriff am 12.07.2023. Verfügbar unter https://www.leichtathletik.de/training/trueathletes-at-home/training-drinnen-draussen/laufen/tipps-fuer-den-laufstil
Schwarz, L., & Schwarz., M. (2003). Herz-Kreislauf-Training. München: BLV Verlagsgesellschaft mbH
Bilder:
https://de.depositphotos.com/17699883/stock-photo-running-marathon.html
Ultraläufer Martin Schedler © Martin Reinicke