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Neues aus Ensdorf
Ausgabe 3/2025
Bürgermeisterecke
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Neujahrsrede 2025

Im Nachgang zum Jahresrückblick 2024 in der vergangenen Woche finden Sie nachstehend meine Neujahrsrede anlässlich des Neujahrsempfangs am 10. Januar 2025.

Neujahrsrede 2025

„Stellen Sie sich vor, es ist Dienstag, 22. Oktober 2024, 12:10 Uhr. Sie wollen mit dem Deutschlandfunk noch schnell einen Interviewwunsch zur Arbeit unabhängiger Bürgermeister besprechen. In dem Telefonat werden Sie plötzlich gefragt:

„Sie sind doch der Bürgermeister von Ensdorf - was sagen Sie zu der gerade eingehenden Meldung zu den neuesten Entwicklungen rund um Wolfspeed? Und wie stehen Sie zu der Absage von ZF“?

Hätte mich zu dem Zeitpunkt jemand mit der Nadel gepiekst, es wäre vermutlich kein Tropfen Blut geflossen.


Sehr geehrter Herr Minister, lieber Reinhold,

sehr geehrte Landtagsabgeordnete,

sehr geehrte Beigeordnete der Gemeinde,

sehr geehrte Kreis- und Gemeinderatsmitglieder,

liebe Feuerwehrkameradinnen und -kameraden, liebes DRK,

sehr geehrte Unternehmerinnen und Unternehmer,

liebe Vereinsvertreter,

meine sehr verehrten Damen und Herren,


sehen Sie es mir nach, wenn Sie meine Einleitung für eine Neujahrsrede ungewöhnlich finden - aber die Wirkung auf diese Meldung hallt immer noch nach. Auch wenn die Signale in den Wochen zuvor wenig Anlass zu Optimismus gaben, so hat mich diese Nachricht in diesem Moment doch geschockt.

Zahlreiche Menschen, seien es die Menschen in dieser Gemeinde oder aber auch im Kollegenkreis der saarländischen Bürgermeister, sprechen mich immer noch auf diese Meldung an.


Gleichzeitig stelle ich fest, dass im Nachgang dieser für uns alle mehr als enttäuschenden Meldung, ein hoher Aufmerksamkeitsgrad bei überregionalen Medien wie Deutschlandfunk, Zeit Online, die Welt, FAZ oder Handelsblatt entstanden ist und der mühevolle Kampf um den Strukturwandel im Saarland am Beispiel der Gemeinde Ensdorf journalistisch aufgearbeitet wird - Sie können es bei Zeit Online im Laufe dieses Monats lesen. Manchmal kann ich mich insofern nicht des Eindrucks verwehren, dass hier auch ein Stück Mitleid eine Rolle spielen könnte.


Wie sehr sich die Zeiten doch ändern:

Noch vor knapp zwei Jahren waren die Berichte über die geplante Ansiedlung von Wolfspeed geprägt von Optimismus, fast Euphorie. Betrachtet man das gesamte Jahr 2024, so könnte man als verantwortliches Gemeinderatsmitglied oder als Bürgermeister den Eindruck haben, dass das gerade abgelaufene Kalenderjahr unter keinem guten Stern stand. Lassen Sie mich ein weiteres Beispiel nennen:

Hinsichtlich der Tatsache, dass das strukturelle Haushaltsdefizit bei der Gemeinde so hoch war, dass die Ziele des Saarlandpaktes mehr als deutlich gerissen wurden, dauerte es das gesamte erste Halbjahr 2024, bis der Haushalt auf die Beine gestellt werden konnte

Und dieser Haushalt, der erst Anfang Oktober genehmigt wurde, musste über die Sommermonate eine eher zweifelhafte Ehrenrunde über den kommunalen Sanierungsrat nehmen. Nur durch dessen Ausnahmegenehmigung über die Vorschrift des § 8 Abs. 5 des Saarlandpaktgesetzes, wurden Verwaltung und Rat in die Lage versetzt, einen Haushalt vorzulegen und zu beschließen, der es uns erlaubte, unseren Verpflichtungen - insbesondere aber auch unserem Gestaltungswillen - nachzukommen

Angesichts dieser Ausgangslage, die sich nach derzeitigem Stand der Dinge für das Haushaltsjahr 2025 noch weiter verschärfen wird, mögen Sie nachvollziehen können, welch große Enttäuschung mit der Meldung aus dem Oktober einhergeht. Es sind Rückschläge, die weh tun


Doch bei aller Enttäuschung: Aufgeben ist für uns keine Option. Denn eines steht für mich außer Frage:

Der Wirtschaftsstandort Ensdorf hat eine Zukunft. Unsere Gemeinde hat Potenziale, die wir nutzen müssen – und nutzen werden. Warum sollte auch das, was noch vor zwei Jahren gute Entscheidungsgrundlage für Investoren war, heute nicht mehr gelten?


Wir werden mit der zur Jahresmitte hin absehbaren Räumung der sogenannten Nordfläche des ehemaligen Kraftwerksgeländes ein weiteres wichtiges Signal setzen. Diese zusätzliche Fläche macht unseren Standort noch attraktiver für neue Investitionen.

Die Infrastruktur bleibt ein unschlagbares Argument: Ensdorf liegt zentral im Herzen Europas, verkehrstechnisch hervorragend angebunden – ein Standort mit einzigartigen Voraussetzungen für innovative Unternehmen.

Ja - Deutschland befindet sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage. Die Finanzlage der Städte und Gemeinden ist derzeit bundesweit desolat.


Meine sehr verehrten Damen und Herren,

die Herausforderungen, vor denen die Städte und Gemeinden stehen, sind nicht allein durch die Kraft der Kommunen zu bewältigen. Es bedarf einer klaren Unterstützung durch Land und insbesondere Bund.

Gerade die saarländischen Gemeinden benötigen eine grundlegende Verbesserung ihrer finanziellen Ausstattung. Es ist deshalb dringend notwendig, dass wir diese Mittel erhalten, um unsere immer wieder neuen und zusätzlichen Aufgaben erfüllen zu können.


Dabei lebt unsere Demokratie von vitalen Städten und Gemeinden. Hierfür brauchen wir handlungsfähige Kommunen, die mit aller Kraft die kommunale Selbstverwaltung mit Leben erfüllen können.


Neben der Übernahme der Altschulden bedarf es darüber hinaus grundsätzlich verbesserter struktureller Voraussetzungen bei den Kommunalfinanzen, denn der Grundsatz "Wer bestellt, bezahlt" darf nicht geopfert werden. Es kann auch nicht sein, dass diese Altschuldendebatte von einigen als bloßes Wahlkampfgetöse abgetan wird.


Gerade in der gegenwärtigen Zeit ist eine echte Rückbesinnung auf das wirklich Leistbare vor Ort zwingend geboten. Der Bund ist verpflichtet, die Kommunen nicht immer wieder durch neue Gesetze und Aufgaben zu überfordern - weder finanziell noch personell. Wer bestellt, bezahlt!

Gestatten Sie mir an der Stelle auch ein Beispiel in Hinblick auf die Investitionskraft saarländischer Städte und Gemeinden. Während in Bundesländern wie Bayern und Baden-Württemberg für bauliche Maßnahmen 668 Euro je Kopf investiert werden, sind dies beim Schlusslicht der saarländischen Kommunen gerade mal 221 Euro - ein erschreckender Unterschied.


Ministerpräsidentin Anke Rehlinger hat bei der letzten Mitgliederversammlung des saarländischen Städte- und Gemeindetages davon gesprochen, dass Kommunen, Land und Bürger in einer Schicksalsgemeinschaft zusammenstehen und gemeinsam die Riesenherausforderungen der Zukunft angehen müssen.

Wir alle haben dazu unseren Beitrag zu leisten. Ob Turnhallen, Schulen, Betreuungseinrichtungen, marode Straßen oder Schwimmbäder - was wir als Kommunen mit nicht genügend Geld alles machen sollen, ist ebenso reizvoll wie schwierig - und leider viel zu oft unmöglich. Deshalb braucht es einen Kurswechsel in der Finanzausstattung der Städte und Gemeinden in Form einer gerechteren Verteilung der Mittel, um Kommunen wie Ensdorf die Möglichkeit zu geben, ihre Aufgaben zu erfüllen, den immer stärker um sich greifenden Substanzverlust zu stoppen und notwendige Investitionen in die Zukunft voranzutreiben.


Meine Damen und Herren,

wenn Sie in sich hinein hören, geben Sie mir bestimmt recht:

Am Ende des Tages wollen unsere Bürgerinnen und Bürger einfach nur, dass der Laden läuft.


Erlauben Sie mir ob der Kürze der Zeit – und in aller Demut, dass am Ende der Gemeinderat darüber befinden wird, was auf den Weg gebracht werden soll -, eine stichwortartige Auflistung von Maßnahmen und Projekten für dieses und die kommenden Jahre:

Die Erweiterung des Kindergartens wird in diesem Jahr abgeschlossen; Kosten rund 1,4 Mio. Euro

Fortsetzung der energetischen Verbesserungen gemeindlicher Infrastruktur wie Erneuerung der Fenster und des Sonnenschutzes, Frontseite Rathaus, 2. Bauabschnitt

Dazu gehört auch die LED-Beleuchtung in der Sporthalle und die Umsetzung eines hybriden Heizungssystems hier im Bergmannsheim mit dem 2. Schritt – dem Einbau einer Wärmepumpe

Ertüchtigung des Aufzugs im Rathaus

Unterstützung von RKV und FC Ensdorf mit Maßnahmen zur Errichtung einer Boule-Halle auf dem RKV-Gelände bzw. einer Containerlösung für ein Funktionsgebäude am Rasenplatz

Behindertengerechter Ausbau der Bushaltestellen im Bereich der Kirche

Sanierung des Lochbachs im Abschnitt Rathaus in Richtung Saarlouiser Straße in den Jahren 2025 und 2026; Kosten rund 3,4 Mio. Euro (Abwasserwerk)

Natürlich wird die Gemeinde beim schwierigen Thema Bahnhof und der Realisierung der Park- and Ride-Station im Umfeld des Bahnhofs weiter am Ball bleiben

Ich erhoffe mir auch unter dem Stichwort Dorfgemeinschaftshaus in den nächsten Wochen eine richtungsweisende Entscheidung des Gemeinderates, nachdem wir Ende des vergangenen Jahres eine Ehrenrunde in der Entscheidungsfindung einlegen mussten. Hier steht ja nach wie vor die Ministerzusage der Förderung

Das Thema Flächenentwicklung auf der ehemaligen Tagesanlage wird genauso wie die Frage der künftigen Haldenträgerschaft auf der Tagesordnung bleiben

Dieses jetzt aufgerufene Umfeld lässt mich zu einem besonderen Punkt kommen: Die Zauberflöte am Saarpolygon

- Anm.: TRAILER der Zauberflöte wurde an der Stelle eingespielt-

Ich begrüße sehr herzlich den Veranstalter Joachim Arnold.

Sehr geehrter Herr Arnold – ich bedanke mich für Ihr Engagement und das unternehmerische Risiko, das Sie mit den Veranstaltungen eingehen. Sie tragen mit dazu bei, den Bekanntheitsgrad der Gemeinde Ensdorf über die Landesgrenzen hinweg zu steigern. Ich lade alle Anwesenden dazu ein, mit dem Erwerb von Tickets ihre Verbundenheit zu dem Event zum Ausdruck zu bringen – insbesondere bitte ich die anwesenden Unternehmerinnen und Unternehmer zu überlegen, als Werbepartner zu fungieren

Zum Abschluss meiner Aufzählung möchte ich zu der wahrscheinlich größten Kraftanstrengung in diesem Jahr kommen, nämlich unserer Absicht, den Auftrag zur Erstellung einer Genehmigungsplanung für den Ersatzneubau Plattenbau Schule europaweit auszuschreiben und zu vergeben.

Dazu ist es notwendig, das Kultus-, insbesondere aber das Innenministerium, davon zu überzeugen, den seit mehr als 2 Jahren eingeschlagenen Weg weiterhin zu unterstützen


Wie Sie sich vielleicht vorstellen können, reicht das dankenswerter Weise vom Land aufgelegte Schulbauprogramm BAUSTEINE, das Mittel von mehr als 230 Mio. Euro aus dem Transformationsfonds für diese Zwecke ausweist oder auch das Programm, das Mittel zur Umsetzung des Ganztagsbetreuungsanspruchs der Eltern ab 2027 in Aussicht stellt, hinten und vorne nicht. Darum wird natürlich interkommunal gerangelt, weil nahezu flächendeckend Bedarf besteht:


Im Landkreis Saarlouis z.B. kommen für den Ausbau im Betreuungsbereich 7,5 Mio. Euro an – und jetzt kommt es, dieser Betrag ist bereits heute zehnfach überzeichnet!

Sie erinnern sich noch an das, was ich gerade eben gesagt habe?

Genau, wer bestellt, bezahlt!


Sehr geehrter Herr Innenminister,

lieber Reinhold,


ich kann und will es mir nicht vorstellen, dass das Land die Gemeinde Ensdorf - nachdem wir bereits im dritten Jahr in dieser Angelegenheit unterwegs sind und nicht unerhebliche Mittel, aber auch jede Menge personellen Aufwand, in dieses Projekt gesteckt haben - uns nunmehr hängen lässt.


Liebe Gäste,

wenn wir eines aus diesem letzten, schwierigen Jahr mitnehmen, dann ist es der Wert unserer Gemeinschaft.

  • Ich danke unserer Feuerwehr, dem DRK und allen Hilfsorganisationen, die mit ihrem Einsatz das Rückgrat unseres Gemeinwohls bilden. Sie haben insbesondere beim Pfingsthochwasser gezeigt, dass wir uns auf sie verlassen können – rund um die Uhr – bis zur körperlichen Erschöpfung
  • Ich danke den Unternehmerinnen und Unternehmern, die trotz aller wirtschaftlichen Widrigkeiten an unseren Standort glauben und in die Zukunft investieren
  • Danke Ihnen allen, die Sie als Bürgerinnen und Bürger durch Ihre Geduld, Ihren persönlichen Einsatz - damit meine ich insbesondere auch alle Ehrenämtler -, Ihr Interesse und Ihr Vertrauen dazu beitragen, dass Ensdorf lebendig und stark bleibt
  • Und nicht zuletzt geht mein ganz besonderer Dank an diesem Abend an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen einige heute Abend auch für Ihr Wohlbefinden sorgen

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

mir persönlich ist sehr bewusst, dass die Aufgabenfülle und dementsprechend zwangsläufig das für die Aufgabenerfüllung benötigte Tempo hoch ist. Wir alle versuchen gemeinsam, der Erwartungshaltung des Gemeinderats - aber auch der der Bürgerinnen und Bürger - gerecht zu werden. Wenn dies in den Augen der Betrachter nicht immer gelingt, liegt es daran, dass es bislang auch noch niemandem gelungen ist, die Quadratur des Kreises zu beweisen.


Und wenn Sie mir den Hinweis erlauben:

Konstruktive Kritik geht immer. Wir Deutsche sind ja auch als Weltmeister der Sofamoral bekannt. Was allerdings gar nicht geht - und wovor ich mich im Namen der Kolleginnen und Kollegen verwahre - sind Beleidigungen und Verunglimpfungen in den sozialen Medien, meine sehr verehrten Damen und Herren.


Ja, das vergangene Jahr war herausfordernd. Aber mit dem gleichen Engagement und dem gleichen Zusammenhalt, den wir in 2024 gezeigt haben, können wir auch die Zukunft erfolgreich gestalten.


Dazu gehört auch, von einem der vornehmsten demokratischen Rechte Gebrauch zu machen:


Gehen Sie deshalb bitte am 23. Februar zur Wahl – auch wenn vielleicht Ihre Enttäuschung über die ein oder andere Partei groß ist. Und mit Verlaub, helfen Sie mit, dass nicht die politischen Ränder gestärkt werden und unser Land perspektivisch den österreichischen Weg gehen muss.


Lassen Sie uns gemeinsam die Potenziale, insbesondere unserer Gemeinde nutzen. Ensdorf hat nach wie vor – wenn man uns lässt und entsprechende Hilfe von außen vorausgesetzt – die Absicht und die Chance, sich kontinuierlich als attraktiver Lebens- und Wirtschaftsstandort weiterzuentwickeln.


Ich wünsche uns allen ein Jahr 2025 voller Gesundheit, Glück und Erfolg – und vor allem voller Mut und Zuversicht, die Herausforderungen der Zukunft anzupacken.


Glückauf!