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Neues aus Ensdorf
Ausgabe 45/2024
Kultur
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Mundarttext des Monats: Wenn Gräber an Krieg erinnern

Das Gedicht „Jedes Johr im Herbschd“ der in Kaiserslautern lebenden Autorin Helga Schneider ist Mundarttext des Monats im November 2024, darauf hat sich das Kolloquium der Bosener Gruppe verständigt. Der Text wurde ausgesucht, so Karin Klee, Autorin und Sprecherin der Gruppe, weil er präzise und schnörkellos aus der Zeit gefallen zu sein scheint und doch sich punktgenau im Jetzt einpasst.

Über den ausgewählten Text schreibt die saarländische Autorin Hildegard Driesch:

Man stellt sich vor: Es klingelt. Zwei junge Leute in der Ausgehuniform der Soldaten stehen vor der Tür, halten die Sammelbüchse hoch und bitten höflich um eine Spende. Ein Gedankenblitz: Sind denen die Panzer alle auseinandergefallen, oder muss man jetzt für Raketen oder sonstiges Kriegsmaterial spenden? Wie weit sind wir gekommen? Nein, es ist die alljährliche Sammlung der Kriegsgräberfürsorge. Soldatenfriedhöfe, große und kleinere, dort braucht niemand Panzer und Waffen, keinen Raketenlärm, dort hat kein unheiliger Kriegstreiber mehr das Sagen, dort finden sich, aufgereiht unter Kreuzen und Denkmälern, die Opfer der Größenwahnsinnigen, die ausgelöschten Leben. Dort gibt es nicht mehr Freund und Feind. Die Friedhöfe, sie werden oft gepflegt von jungen Menschen aus aller Herren Länder, die ihre Ferien, ihren Urlaub opfern für den Erhalt der Gräber. Soldatengräber, Soldatenfriedhöfe, sie werden nie ein Ende nehmen.

Jedes Johr im Herbschd

Jetzt rabbeln se wirrer

wie jedes Johr im Herbschd

die Sammelbichse

net

fer die Panzer

net

fer die Rakete

net

fer die Bombe

net

fers Giftgas

bloß

fer die Gräwer

bloß

fer die Gräwer

Helga Schneider