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Neues aus Ensdorf
Ausgabe 47/2025
Bürgermeisterecke
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Bürgermeisterecke

Liebe Ensdorferinnen,

liebe Ensdorfer,

Rede zum Volkstrauertag 2025

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

verehrte Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen,

liebe Mitglieder unserer Vereine und Organisationen,

werte Gäste aus Nah und Fern,

wir haben uns heute hier auf dem Friedhof unserer Gemeinde versammelt – an einem Ort der Stille und des Erinnerns.

Am heutigen Volkstrauertag gedenken wir der Opfer von Krieg und Gewalt, der Toten beider Weltkriege, der Opfer von Terror, Flucht und Vertreibung – und auch jener Menschen, die heute - im Jahr 2025 - unter Krieg, Hass und Unrecht leiden.

Vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg – das in der Gewaltgeschichte dieser Welt wohl größte Unglück für die Menschheit.

Rund 3,5 Prozent aller damals lebenden Menschen auf diesem Globus kamen ums Leben. Es bietet sich heutzutage vielleicht die letzte Gelegenheit, gemeinsam mit jenen zu gedenken, die den Mai 1945 noch selbst erlebt haben. Diese Möglichkeit dürfen wir nicht verstreichen lassen.

Nach dem verbrecherischen Angriffs- und Vernichtungskrieg Deutschlands lagen 1945 weite Teile Europas in Trümmern. Aus Büchern und Berichten, aber auch aus persönlichen Gesprächen, erreichen uns Erzählungen von Verlust und Angst – aber auch von zaghafter Hoffnung, über denen meist die Unsicherheit über die Zukunft schwebte.

Zunächst im westlichen Teil und ab 1989/90 in einem wiedervereinten Deutschland haben wir das Geschenk der Freiheit erhalten.

Seit einigen Jahren erleben wir jedoch wieder eine Zeit vermehrter Unsicherheit. Die Aggression des Diktators Putin stellt uns vor nie dagewesene Herausforderungen. Die Nachrichten aus dem Nahen Osten sind weiterhin bedrückend und auch im Verhältnis zu den USA – unserem Verbündeten, der Deutschland nach 1945 so sehr unterstützt hat – erleben wir Spannungen, die wir uns vor einiger Zeit noch nicht hätten vorstellen können.

Diese Unsicherheit pflanzt sich fort in unserer Gesellschaft. Wirtschaftliche und soziale Probleme erzeugen Frustration und verleiten dazu, nicht nach Lösungen und Kompromissen zu suchen, sondern anderen die Schuld zu geben. Wir beobachten dabei nicht nur Konflikte außerhalb unseres Landes – auch im Inneren streitet man sich heftiger als früher.

Doch wenn sich jeder nur auf sich und seine Interessengruppe beschränkt, dann gewinnen die Feinde der Demokratie. Wir alle brauchen einander – und wir brauchen ein Miteinander. Freiheit gelingt nur, wenn sie nicht rücksichtslos ist, sondern im Bewusstsein unserer Verantwortung füreinander gelebt wird.

Der Volkstrauertag ist kein Tag des Triumphs. Er ist ein Tag der Besinnung, des Mitgefühls und der Verantwortung. Er erinnert uns daran, dass Frieden nie selbstverständlich ist.

Und er mahnt uns, das Geschehene nicht zu vergessendenn wer vergisst, öffnet dem Unheil die Tür.

Wenn wir heute in die Welt blicken, sehen wir, wie bedroht der Frieden ist:

Im Gazastreifen leiden Menschen unter einem Konflikt, der kein Ende findet. Im Sudan tobt ein Bürgerkrieg, der Hunderttausende in die Flucht zwingt. Auch in Europa herrscht Krieg – in der Ukraine sterben Tag für Tag Menschen für Freiheit, für ihr Land, für eine friedliche Zukunft.

All das zeigt uns: Frieden ist kein Zustand, den man besitzt – Frieden ist eine tägliche Aufgabe, die unser Handeln, unser Denken und unser Miteinander erfordert.

Gerade in solchen Zeiten wird der Dialog zum Schlüssel. Dialog bedeutet: miteinander reden, einander zuhören, sich verstehen wollen – auch, wenn es schwerfällt.

Er bedeutet, Brücken zu bauen, wo Mauern entstanden sind. Nur durch das Gespräch, durch gegenseitigen Respekt und ehrliche Verständigung kann aus Misstrauen wieder Vertrauen wachsen.

Frieden braucht Worte – und Menschen, die sie mit Überzeugung sprechen.

In Ensdorf dürfen wir an diesem Tag erleben, dass Gedenken lebendig ist – getragen von vielen, die sich mit Herz und Engagement einbringen.

Ich danke dem Fanfarenzug, dem Musikverein, der Chorgemeinschaft, der Feuerwehr, dem Deutschen Roten Kreuz, dem Berg- und Hüttenarbeiterverein, der Marinekameradschaft, den französischen Freunden unserer Marinekameradschaft, dem Sozialverband VdK Saarland - Ortsverband Ensdorf und den Vertreterinnen und Vertretern beider Kirchen. Sie alle geben dieser Gedenkveranstaltung Jahr für Jahr einen würdevollen, feierlichen Rahmen. Ihr Einsatz zeigt: Erinnerung ist keine leere Geste – sie lebt durch das gemeinsame Tun, durch Gemeinschaft und Solidarität.

Gerade hier, auf unserem Friedhof, wo die Namen der Gefallenen in Stein gemeißelt sind, spüren wir, was dieser Tag bedeutet:

Er richtet unseren Blick nicht nur zurück, sondern auch nach vorn.

Er erinnert uns an unsere Verantwortung – für ein friedliches Miteinander in unserer Gemeinde, in unserem Land, in Europa und in der Welt.

Wenn wir heute der Toten gedenken, dann tun wir das im Bewusstsein, dass ihr Leid uns verpflichtet:

Nie wieder Krieg.

Nie wieder Ausgrenzung.

Nie wieder Gleichgültigkeit.

Lassen Sie uns das, was hier in Ensdorf jedes Jahr durch unser gemeinsames Gedenken sichtbar wird, in unseren Alltag tragen:

Den Respekt vor dem Anderen,

den Mut, das Gespräch zu suchen und den Willen, Frieden zu bewahren,

für uns und die kommenden Generationen.

Ich wünsche Ihnen eine angenehme Woche

Ihr

Jörg Wilhelmy