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Rosbacher Nachrichten
Ausgabe 36/2022
Gestaltung Innenteil Seite 3
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Interview mit Juan Moreno

Redaktion: Glück ist kein Ort - Warum dieser Titel, bzw. wie kamen Sie auf diesen Titel?

Juan Moreno: Ich habe vor einigen Jahren eine Weltreise gemacht. Ein ganzes Jahr lang. 12 Monate, 14 Länder. Und ich habe in der Zeit wirklich viele tolle Menschen kennengelernt. Darunter auch Mitreisende, die unbedingt „Deutschland“ verlassen wollten, weil ihrer Meinung nach Deutschland so furchtbar ist. Es waren meist genau die Mitreisenden, die auch das jeweilige Reiseland „genervt“ hat. Wenn man freiwillig verreist, weil man glaubt, dass es irgendwo anders alles viel besser, wird man vermutlich enttäuscht. Glück hat keine Postleitzahl.

Redaktion: Ist die Sorge um unsere Welt berechtigt? Klimawandel, Krieg, Diktatoren! Oder ist dies nur aus unserer sehr behüteten und im Wohlstand lebenden Sicht ein Thema?

Juan Moreno: Nein, die Sorgen sind berechtigt. Gerade in Sachen Klimawandel. Aber man darf nicht übersehen, gerade, wenn man im Journalismus arbeitet, dass vieles auf der Welt in den letzten Jahrzehnten besser geworden ist. Wir leben heute in einer Welt mit weniger Armut, steigendem Wohlstand und sinkender Sterblichkeit. Vielleicht nicht überall, aber doch in der sehr großen Mehrheit der Länder. Auch das gehört zur wahrhaftigen Beschreibung dieser Welt.

Redaktion: Ist unsere westliche Wahrnehmung der Welt die richtige Wahrnehmung oder sind wir alle durch die täglichen Medien zu stark beeinflusst? Nur noch schlechte Nachrichten!

Juan Moreno: Sprechen Sie mit jemandem, der im Internet veröffentlicht und fragen Sie ihn: Was klickt sich besser: Familie X streitet sich wie die Kesselflicker - Die Hintergründe. Oder: Familie Y hat mal wieder ein super harmonisches Frühstück - eine Rekonstruktion. Menschen interessieren sich in der Tendenz mehr für negative Nachrichten. Und darum ist es meine Aufgabe als Reporter, das Negative zu beschreiben - ohne das Positive zu vergessen.

Redaktion: Sie haben selbst Kinder, was geben Sie jungen Menschen mit auf den Weg beim Reisen?

Juan Moreno: Jemand hat mal gesagt, dass Reisen, die Hebamme neuer Gedanken sei. Und darum geht es doch im Leben - neue Gedanke, neue Einflüsse. Wer glaubt alles gesehen oder alles gedacht zu haben, den nehme ich nicht ernst.

Redaktion: Wie stolz sind Sie, dass Ihr Buch „1000 Zeilen Lüge“ von Bully Herbig verfilmt wurde und nun in die Kinos kommt?

Juan Moreno: Ich freu mich, dass dieser Film nach allen Reaktionen, die ich mitbekomme, sehr gut ankommt. Und ganz unabhängig von meiner Einschätzung, es geht in diesem Film um unser Verhältnis zur Presse - das ist gerade in unserer Zeit eine wichtige Frage.

Redaktion: Hat es Vertrauen verspielt und müssen wir generell skeptischer werden?

Juan Moreno: Ich glaube nicht, dass der Journalismus sein Vertrauen verspielt hat - aber ich glaube, dass Relotius den Medien einen riesigen Schaden zugefügt hat. Ohne Vertrauen erodiert eine Gesellschaft. All jene, die fälschlicherweise behaupten, dass die Presse lügt, haben dank ihm ein grandioses Beispiel für ihre These.

Redaktion: Wer sollte Ihr Buch „Glück ist kein Ort“ lesen und was erwartet die Leser bei Ihrer Lesung?

Juan Moreno: Wer kommt und nicht ein einziges Mal lacht und darüber hinaus glaubhaft versichern kann, dass er alles, was ich da erzähle schon wusste, bekommt von mir sein Geld zurück. Wer sich aber ein bisschen für fremde Länder, für Tratsch aus dem Regierungsviertel und für meine Einschätzung für die weltweit besten YouTube-Handwerkervideos, der sollte kommen. Wird lustig.