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Ausgabe 1/2025
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Aktuelles

Gut für die Psyche

Quelle: www.sportbuzzer.de

Kann Schwimmen glücklich machen? Wir haben einen Sportwissenschaftler zu der Wirkung auf die Psyche befragt.

„Bleibe fröhlich, frisch und munter, wie ein Fisch und geh nicht unter.“ Den Spruch haben mir früher, irgendwann in der Grundschule, meine Freundinnen ins Poesiealbum geschrieben. Fische scheinen sehr fröhliche Tiere zu sein. Ich glaube das gern!

Für mich persönlich gibt es fast kein größeres Glück, als im Becken meine gleichmäßigen Bahnen zu treiben, den Kopf auszuschalten und mit jedem Zug näher den Alltag um mich herum zu vergessen. Damit bin ich anscheinend nicht allein, wie Studien zeigen und mir ein Sportwissenschaftler und Personal Trainer verraten hat.

Schwimmen hat Effekte auf die Psyche

Dass Sport glücklich macht, haben mittlerweile schon die meisten gehört. Beim Joggen werden Endorphine ausgeschüttet, deshalb kommt körperliche Aktivität auch zunehmend in der Behandlung von Depressionen zum Einsatz.

Wie Studien belegen, hat regelmäßiges Laufen ähnliche positive Effekte wie Antidepressiva. Das gilt aber nicht nur für das Laufen. Auch Schwimmen macht glücklich, fit und trägt zur Reduktion von Stress und Angstgefühlen bei, wie Studien zeigen. Darüber hinaus hat der Sport weitere verblüffende Vorteile für die mentale Gesundheit.

Schwimmen macht schlau

Sport hält nicht nur den Körper fit, sondern auch das Gehirn. Das gilt besonders für Ausdauersportarten, verrät Sportwissenschaftler und Personal Trainer Andreas Heumann aus Berlin: „Schwimmen, wie grundsätzlich alle Ausdauersportarten, fördert den ‚Brain-Derived Neurotrophic Factor, kurz BDNF.“ Was das ist?

BDNF ist ein Wachstumsfaktor, der die Neubildung von Nervenzellen unterstützt und somit die kognitive Leistungsfähigkeit verbessert.

Eine Studie der University of Western Australia zeigt diesen Effekt: Kinder im Alter von drei bis fünf Jahren, die regelmäßig schwimmen, weisen im Durchschnitt bessere geistige Fähigkeiten in Bereichen wie Lesen, Schreiben und Mathematik auf als Kinder, die nicht schwimmen.

Ab ins Wasser! Kinder, die regelmäßig schwimmen, weisen im Durchschnitt bessere geistige Fähigkeiten auf.

Erwachsene profitieren ebenfalls von dem Effekt: In einer Studie der Universität von Illinois wurde festgestellt, dass regelmäßiges Schwimmen bei älteren Erwachsenen mit einer besseren kognitiven Flexibilität und Gedächtnisleistung zusammenhängt. Die Teilnehmenden zeigten eine schnellere Reaktionszeit und eine höhere Genauigkeit im Vergleich zu der nicht-schwimmenden Kontrollgruppe.

Entspannung durch Schwimmen

Schwimmen reduziert zudem Angstgefühle. Das zeigt die Studie, „The Effect of Swimming on Anxiety-Like Behaviors and Corticosterone in Stressed and Unstressed Rats“. Hier wurden die Auswirkungen von Schwimmtraining auf Angstverhalten und den Stresshormonspiegel bei Ratten untersucht. Ratten zeigten offenbar positive Effekte auf Schwimmtraining. „Der Entspannungseffekt stellt sich durch mehrere Gründe ein“, sagt Andreas Heumann. Wasser sei allgemein beruhigend für uns - allein schon wegen der Erfahrung als Embryo im Mutterleib.

„Dort war man ja auch im Prinzip in so einer Wasserblase eingeschlossen“, sagt der Berliner Sportwissenschaftler, „dazu entspannt auch die rhythmische Bewegung.“ Durch den gleichbleibenden Bewegungsablauf kann der Kopf abschalten, die rhythmische Atmung und der Umgebungswechsel tragen weiter zur Entspannung bei.

„Bei allen rhythmischen Sportarten - also wann immer man dieselbe, gleichförmige Bewegung über einen langen Zeitraum ausübt, kann man diese Zustände sehr gut erreichen“, sagt Andreas Heumann. Schwimmen sei deswegen prädestiniert dafür.

„Beim Schwimmen kommen noch eine Reizänderung und eine sensorische Änderung hinzu, weil die Ohren weniger hören“, sagt Andreas Heumann. Auch das habe sicherlich einen Einfluss.

Schwimmen gegen Stress: Die Macht sensorischer Reize

Die Fähigkeit des Schwimmens, Stress zu mindern, ist mit dem Umgebungswechsel ins andere Element verbunden. Vergleichbar mit dem Besuch einer Sauna (Exposition gegenüber großer Hitze) oder dem Erleben von Kälte (sofern diese nicht lebensgefährlich ist), führen solche Änderungen zum intensiven Wahrnehmen des eigenen Körpers.

Ein weiterer entscheidender Faktor ist das einzigartige Schwebegefühl im Wasser. Dieses Gefühl der reduzierten Schwerkraft hat bei vielen Menschen einen stimulierenden und gleichzeitig beruhigenden Effekt. Die extremen Ausprägungen dieses Prinzips finden sich im „Floating“ wieder, bei dem Personen in speziellen Tanks mit hochkonzentriertem Salzwasser schwerelos an der Oberfläche schweben.

Dieses Gefühl des Getragenwerdens kann tiefgreifende Entspannungszustände hervorrufen und Stresshormone reduzieren.

Schwimmen reduziert zudem Angstgefühle, wie eine Studie zeigt.

Schwimmen und der Flow-Effekt: Meditieren in Bewegung

„Ich hatte beim Schwimmen mal ein richtiges Flow-Erlebnis“, sagt Andreas Heumann. „Irgendwie hatte ich nach so einer Stunde Quälerei das Gefühl, dass sich das Wasser plötzlich anders anfühlt. Ich hatte so richtig ein Zeitänderungsgefühl und konnte einfach schwimmen, ohne dass es sich irgendwie anstrengend angefühlt hat.“

Dieser Zustand, den man auch als „Flow Effect“ bezeichnet, ist ein zentrales Konzept der Positiven Psychologie. Die Positive Psychologie ist ein Forschungszweig innerhalb der Psychologie, der sich nicht primär mit psychischen Dysfunktionen oder Störungen befasst, sondern stattdessen die Stärken, Tugenden und positiven Emotionen des Menschen in den Vordergrund rückt und untersucht, wie das Wohlbefinden gesteigert wird.

Ein bekannter Flow-Zustand ist das Runner’s High, ein euphorischer Zustand, der bei Ausdauersportarten wie dem Laufen auftritt und durch Schmerzfreiheit, Angstlösung und ein Gefühl der Schwerelosigkeit gekennzeichnet ist.

Um in einen Flow zu geraten, braucht es allerdings bestimmte Voraussetzungen, sagt Andreas Heumann. Diese fallen ins sogenannte „Flow-Anforderungsfenster“, einen Bereich, in dem die Anforderungen einer Tätigkeit und die Fähigkeiten einer Person im Gleichgewicht sind, was das Eintreten in den Flow-Zustand ermöglicht. Der Flow-Zustand tritt typischerweise auf, wenn die Herausforderung einer Aktivität optimal auf die Fähigkeiten der ausführenden Person abgestimmt ist. Ist die Herausforderung zu gering im Verhältnis zu den Fähigkeiten, entsteht Langeweile. Ist sie zu hoch, führt dies zu Angst oder Frustration. Nur im optimalen „Flow-Kanal“ - einem Bereich, in dem die Anforderung hoch ist, aber den eigenen Fähigkeiten entspricht - kann der Flow-Zustand erreicht werden.

Schwimmen und Selbstwirksamkeit

Schwimmen schult laut Andreas Heumann auch die Achtsamkeit. „Im Wasser spürt man den Körper anders.“ Daneben sei auch die Förderung des Herz-Kreislauf-Systems ein wichtiger Faktor für das psychische Wohlbefinden. „Das Gehirn muss durchblutet werden, damit es gut funktioniert“, sagt der Sportwissenschaftler. Wie bei allen Sportarten kann Schwimmen auch die Selbstwirksamkeit stärken. Die Tatsache, dass man, eben weil man regelmäßig schwimmen geht, besser wird, zahlt positiv auf das Selbstbild und die eigene Handlungsfähigkeit ein.

Fazit

Eignet sich Schwimmen zur Steigerung der mentalen Gesundheit? Die Antwort ist ein klares Ja. Schwimmen macht glücklich. Es ist eine ganzheitliche Aktivität, die sowohl den Körper als auch den Geist positiv beeinflusst. Wenn die Welt mal nicht so rosig aussieht wie damals in den Zweizeilern in meinem Poesiealbum, lohnt es sich, einmal kurz ins Schwimmbad zu fahren, um wieder frisch und munter zu werden.

Bewegung im Allgemeinen setzt wichtige körpereigene Hormone und Neurotransmitter frei, die die Stimmung aufhellen und Stress reduzieren. Schwimmen im Besonderen bietet durch seine einzigartigen sensorischen und psychologischen Merkmale eine herausragende Möglichkeit, die mentale Resilienz zu stärken und ein Gefühl des Wohlbefindens zu fördern.

Sportbuzzer