Titel Logo
Selterser Kurier
Ausgabe 19/2023
Kirchliche Nachrichten
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

SIGIL. ECCL. S. NICOLAI. HEYNCHEN

Ein besonderer Fund aus dem Standesamt der Gemeinde Haintchen

In einer alten Dokumentenmappe aus dem Standesamt der Gemeinde Haintchen sind die Aufgebote aus dem Jahre 1886 zu finden mit verschiedenen anderen Schriftstücken, wie der Verhandlung eines Aufgebotes am 4. April 1886: „Vor dem Bürgermeister Johann Kalteborn (Bürgermeister von 1882 bis 1907) erschienen der Tüncher Georg Noll, wohnhaft und geboren in Haintchen am 22. August 1861, Sohn des verstorbenen Taglöhners Wilhelm Noll und dessen Ehefrau Elisabeth, geb. Mollier, sowie die Katharina Jeanjour, ohne besonderes Gewerbe, wohnhaft und geboren am 5. Dezember 1856, Tochter des verstorbenen Schneiders Phillip Jeanjour und dessen Ehefrau Katharina, geb. Meißner. Dieselben erklärten, dass sie die Ehe miteinander eingehen wollen und zunächst den Erlass des hierzu erforderlichen Aufgebots beantragen.“

Da der Bräutigam sich in den letzten 6 Monaten nicht nur in Haintchen aufgehalten, sondern auch in Wiesbaden und Frankfurt gewohnt hatte, musste das Aufgebot nicht nur in Haintchen, sondern auch in den beiden Städten bekannt gemacht werden; bei den Dokumenten befinden sich auch die drei Aufgebote, unterzeichnet von den Bürgermeistern aus Haintchen, Frankfurt und Wiesbaden, mit dem Hinweis, dass die Aufgebote 16 Tage lang dort öffentlich bekannt gemacht wurden. In einem weiteren Dokument bescheinigt die Mutter des Bräutigams ihre Zustimmung zu dieser Ehe, da ihr Sohn Georg Noll das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte.

Ein weiteres Dokument ist ein Schreiben von Georg Noll, der als Soldat nach dem Krieg 1870/71 gedient hatte, an den Kgl. Lazarettfeldwebel zu Homburg vor der Höhe: „Ich bin nun 25 Jahre alt und wurde in meinem 22. Lebensjahr zum Militär eingezogen und dann nach 2 Jahren Dienst im Herbst 1885 beurlaubt worden….“ Grund war die Unterstützung seiner Mutter, seit 30 Jahren Witwe und 60 Jahre alt, die er bei der Arbeit in der Landwirtschaft unterstützen musste. In diesem Schreiben bittet er deswegen um eine weitere Beurlaubung vom Militärdienst.

Auch die Kath. Kirchengemeinde Haintchen hat zu diesem Aufgebot drei Dokumente beigefügt – es sind die Abschriften bzw. die Auszüge aus dem Taufregister der Kirchengemeinde St, Nikolaus Haintchen für Catharina Jeanjour, geboren in Haintchen, Amt Usingen, Obertaunuskreis, Tochter des Schneiders Phillipp Jeanjour und dessen Ehefrau Catharina geb. Meißner. Taufzeugin Katharina Höhn aus Haintchen – unterschrieben von Joseph Ohaus, Pfarrer in Haintchen (von 1832 bis 1858). Die beiden anderen Taufbescheinigungen sind unterschrieben von Joseph Hillebrand, Pfarrer in Haintchen (von 1858 bis 1874) und ausgestellt für Georg Noll, Sohn des Wilhelm Noll und seiner Ehefrau Elisabeth, geb. Mollier. (Taufzeugen Georg Weimer und Anna Maria Seuker, beide aus Haintchen) und die Urkunde für den Vater des Bräutigams Wilhelm Noll, der in Obertiefenbach geboren wurde – Eltern waren der Taglöhner Wilhelm Noll und seine Ehefrau Anna Maria, geb. Löw, beide aus Obertiefenbach.

Alle drei Taufdokumente sind mit je einem roten Schelllacksiegelabdruck versehen, mit einem Durchmesser von 2,5 cm und zeigen im Siegelfeld den heiligen Nikolaus, den Patron der Pfarrgemeinde Haintchen mit Mitra und Bischofsstab, auf der Umschrift ist zu lesen: SIGIl. ECCL. S. NICOLAI. HEYNCHEN (Siegel der Kirche St Nikolaus Haintchen). Wie lange dieses Siegel Verwendung gefunden hat, ist nicht bekannt – bisher ist dieser Siegelabdruck auf kirchlichen Dokumenten nicht gefunden worden. Nach der Schreibweise des Ortes „Heynchen“ ist anzunehmen, dass dieses Siegel möglicherweise seit der Bistumsgründung verwendet wurde, dann hätte schon Pfarrer Johann Ludwig Ruckes (Pfarrer in Haintchen von 1819 bis 1831) damit kirchliche Dokumente bestätigt. Dieses alte Siegel wurde wohl bis um 1900 verwendet, danach wurde es von dem heutigen Kirchensiegel abgelöst. Auf allen Siegeln von Standesamt, Gemeindeverwaltung und Kirche ist der Hl. Nikolaus im Siegelfeld zu finden. Das alte Pfarrsiegel ist vielleicht noch im Diozösanmuseum oder im Hess. Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden zu finden.

Die Eheschließung fand durch Pfarrer Peter Josef Hoffmann am 26. April 1886 in der St, Nikolauskirche statt. Das Ehepaar wohnte in der Mittelstraße, hatte zwei Söhne - Georg und Wilhelm Noll. Georg wurde im I. Weltkrieg als vermisst erklärt.

(rf)