Selters-Niederselters (uk). Um eine Rarität reicher ist das Museum im Niederselterser Mineralbrunnen. Der Kultur- und Geschichtsverein konnte fünf 250 Jahre alte Tonkrüge aus kurtrierischer Zeit erwerben, die nun die Krug- und Flaschensammlung des Brunnenmuseums ergänzen. Angefertigt wurden die Krüge im Kannenbäckerland, wie die noch deutlich erkennbaren Aufdrucke beweisen.
Die Krüge stammen aus der Zeit, als der Seltersbrunnen 1753 zum kurtrierischen Regiebetrieb umgewandelt wurde, wie der Vorsitzende des Kultur- und Geschichtsvereins, Dr. Norbert Zabel, erläuterte. Zuvor hatten Niederselterser Bürger wie Johann Engel Weylach, Johann Adam Kilian, Johann Adam Rauch und Johann Adam Bullmann den Brunnen gepachtet und zwischen 1700 und 1753 das auch von Ärzten sehr geschätzte Heilwasser erfolgreich deutschlandweit vertrieben. Zwar gibt es für diese Zeit keine genauen Verkaufszahlen, doch wurden schätzungsweise jährlich 200 000 bis 300 000 gefüllte Krüge verkauft, was einen Jahresgewinn von über 5000 Gulden ausmachte.
Nach 1753, als die kurtrierische Hofkammer in eigene Regie übernommen hatte, stieg der Umsatz steil an. 1754 beispielsweise wurden pro Jahr über 600 000 Krüge verkauft, 1766 waren es bereits mehr als eine Million. In diesen Jahren füllten sechs Brunnenmädchen meist in den Frühlings- und Sommermonaten die etwa 1,5 Liter fassenden Krüge mit dem Selterswasser. Insgesamt waren rund 50 Personen am Brunnen beschäftigt, während es 100 Jahre später bereits über 100 Beschäftigte waren. Wie nicht vergessen werden darf, besuchten in der kurtrierischen Zeit bereits Kurgäste Niederselters, die zumeist in den Hotels „Zum doppelten Adler“ und „Zum römischen Kaiser“ logierten.
Mit der Übernahme des Brunnens in kurtrierische Regie wurden auch die Wasserkrüge entsprechend gekennzeichnet. Die Krüge wurden mit dem Selters-Stempel versehen. Dazu wurden das kurtrierischen Kreuz sowie die Buchstaben CT - Chur Trier - aufgebracht. Zusätzliche Buchstaben wie zum Beispiel B für Baumbach oder M für Mogendorf verraten die Herkunft aus den jeweiligen Produktionsorten im Kannenbäckerland. Die letzten Krüge mit der kurtrierischen Aufschrift kamen 1801 auf den Markt, denn während der napoleonischen Kriege verschwand das Kurfürstentum Trier im Zuge des Reichsdeputationshauptschlusses 1802 von der politischen Landkarte.
Die kurtrierischen Krüge, die sich nun im Brunnenmuseum befinden, sind damit weitaus älter als diejenigen, die kürzlich in einem untergegangenen Schiff in der Ostsee gefunden worden waren. Diese stammen aus der herzoglich-nassauischen Epoche (1806 bis 1866), die wiederum von der königlich-preußischen abgelöst wurde.
In der Tracht eines Brunnenmädchens führt jetzt die Niederselterserin Julia Westendorff interessierte Besucher durch das Brunnenmuseum. Die studierte Gymnasiallehrerin, die zur Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt tätig ist, wo sie auch promoviert, ist schon lange im Kultur- und Geschichtsverein sowie im Ortsausschuss der katholischen Kirchengemeinde engagiert. Darüber hinaus hat sie auch private Verbindungen zum Brunnen, denn ihr Großvater, ein Schlossermeister, war seinerzeit am Brunnen tätig, dessen Betrieb er nach dem Krieg wieder mit aufbaute, ehe er später Wassermeister der Gemeinde wurde.
Führungen durch das Brunnenmuseum können direkt mit Julia Westendorff per E-Mail unter westendorffjulia@aol.com vereinbart werden. Das Brunnenmuseum ist ansonsten samstags von 9 bis 13 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet. Dort sind auch diverse Veröffentlichungen zur Brunnengeschichte und zum Selterswasser erhältlich.
Selters-Stempel, Kurtrierer Kreuz und die Buchstaben CT kennzeichnen die 250 Jahre alten Selterswasserkrüge aus kurtrierischer Zeit, die als Neuerwerbung des Kultur- und Geschichtsvereins jetzt die Krug- und Flaschensammlung im Niederselterser Brunnenmuseum ergänzen. Foto: Königstein
Als jüngste Mitglieder des Kultur- und Geschichtsvereins durften die Freunde Nevio und Tom (von links) die neu erworbenen Selterswasserkrüge in einer Vitrine des Niederselterser Brunnenmuseums platzieren. Foto: Königstein
In der Tracht eines Brunnenmädchens führt jetzt Julia Westendorff die Besuchergruppen durch das Brunnenmuseum in Niederselters. Nicht zuletzt durch ihren Großvater, der seinerzeit am Brunnen arbeitete, und als Aktive im Kultur- und Geschichtsverein ist sie mit der Geschichte von Brunnen und Selterswasser bestens vertraut. Foto: Königstein