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Landkreisausgabe Treffpunkt Unstrut-Hainich
Ausgabe 11/2025
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Nicht alle Praxen bereit, Kliniken noch weniger

Quelle: https://www.heise.de

Ärzte in Praxen und Kliniken müssen bald Millionen elektronischer Patientenakten befüllen. Doch vor allem die Mehrheit der Kliniken ist dafür nicht gewappnet

Ab dem 1. Oktober sind Ärzte verpflichtet, die elektronische Patientenakte mit Informationen zu befüllen, und auch Apotheken müssen sie nutzen. Sanktionen bei Nichtbefüllung gibt es ab 2026. Allerdings verfügen bisher noch nicht alle Praxen über das Modul in ihrem Praxisverwaltungssystem (PVS). Inzwischen können laut Gematik rund 80 Prozent der Praxen die elektronische Patientenakte (ePA) befüllen. "Dass etwa ein Fünftel der Praxen noch nicht mit der ePA arbeiten können, sehen wir sehr kritisch", sagte Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Sibylle Steiner, der Deutschen Presse-Agentur. Zudem sagte Steiner, dass einige Software-Hersteller das ePA-Modul im vierten Quartal nachliefern wollen. Das wird jedoch nicht bei allen Herstellern der Fall sein. "Wir werden weiter darauf drängen, dass so schnell wie möglich alle Praxen in die Lage versetzt werden, die ePA in den Arbeitsalltag zu integrieren", so Steiner gegenüber der dpa.

Drohende Sanktionen

Ab 2026 erwarten Vertragsärzte und Psychotherapeuten laut Steiner "drakonische Strafen", wie sie auf einer KBV-Vertreterversammlung Mitte September sagte. Zudem seien die Erfahrungen mit der ePA nach wie vor gemischt. "Einige Praxen, besonders aus dem hausärztlichen Bereich, berichten von positiven Erfahrungen und sehen bereits jetzt einen hohen Nutzen für die Versorgung. Insbesondere bei den psychotherapeutischen und kinderärztlichen Praxen überwiegt nach wie vor die Sorge vor möglichen Nachteilen für die Patienten", so Steiner. Daher begrüße die KBV den Entwurf für das Pflegekompetenzgesetz, in dem Ärzte und Psychotherapeuten die ePA nicht befüllen müssen, wenn "erhebliche therapeutische Gründe dagegensprechen. Bislang hatten wir eine solche Regelung nur für unter 15-Jährige in einer mit dem BMG abgestimmten Richtlinie der KBV vorsehen können", so Steiner.

Steiner: Abrechnungsdaten nicht für alle sichtbar machen

Dazu im Widerspruch stehe allerdings noch, "dass die Krankenkassen ihre Abrechnungsdaten nach wie vor für alle Zugriffsberechtigten sichtbar in die ePA einstellen. Dieser kritische Tatbestand wurde vom Gesetzgeber bislang nicht adressiert", bemängelt Steiner. Daher fordert die KBV, dass ausschließlich Versicherte die von den Krankenkassen automatisch in die ePA eingestellten Abrechnungsdaten einsehen können. Vom BMG gebe es Steiner zufolge bereits Signale, dass es sich darum kümmert. Ebenso brauche es noch eine gesonderte Regelung für Minderjährige, die das 15. Lebensjahr noch nicht erreicht haben. Minderjährige ab 15 Jahren dürfen selbst über ihre ePA entscheiden.

Laut Steiner sei es unverhältnismäßig, Praxen zu bestrafen. "Der 'Tipp' der Gematik, eine Praxis ohne rechtzeitig zertifiziertes ePA-Modul müsse eben ihr PVS wechseln, mutet angesichts dessen fast schon zynisch an. Und das nicht nur wegen des finanziellen und organisatorischen Aufwands, der damit einhergeht. Sondern es müsste auch sichergestellt sein, dass die Hersteller eine einfache, sichere, vollständige und kostenfreie Datenübertragung gewährleisten", monierte Steiner. Es seien vor allem die Praxen, die die ePA nutzen. "Viele Praxen berichten, dass sie nach wie vor Faxgeräte vorhalten müssen, damit die Kommunikation mit den Krankenhäusern und der Pflege läuft. Gerade im Austausch von Informationen mit dem stationären Bereich, wie zum Beispiel über den Krankenhaus-Entlassbrief, sehen die Praxen jedoch den größten Mehrwert der ePA", so Steiner.

"Ohne Betriebsstabilität geht es nicht"

Grundsätzlich blickt auch die Vorständin der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, Anke Richter-Scheer, dem Start der ePA optimistisch entgegen: "Die Pilotierungsphase hat sehr deutlich gezeigt, welchen Mehrwert die elektronische Patientenakte haben kann. [...] Wir haben die Praxisteams in Westfalen-Lippe bestmöglich auf die verpflichtende Nutzung am 1. Oktober vorbereitet. Mitentscheidend für die erfolgreiche Einführung der ePA wird jetzt auch die Betriebsstabilität der Telematikinfrastruktur sein. Nur wenn die Technik stabil läuft, kann die ePA nach und nach ihre Wirkung entfalten. Technische Prozesse und digitale Tools dürfen nicht zu einer Mehrbelastung im Arbeitsalltag der Praxisteams führen. Allerdings sollten nun auch die Krankenhäuser mit der elektronischen Patientenakte arbeiten. So wäre der Entlassbrief in der ePA für die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen ein spürbarer Mehrwert."

Regelmäßig wird vonseiten der Hausärzte kritisiert, dass die Krankenhäuser noch nicht bereit für die elektronische Patientenakte sind. Immer wieder werden daher Stimmen laut, die ein härteres Durchgreifen verlangen. Ende August hatte die Deutsche Krankenhäuser gegenüber heise online auf Anfrage mitgeteilt, dass die Forderungen, auch die Krankenhäuser zur ePA-Nutzung ins Leere laufen, da die Krankenhäuser bereits "zum Anschluss an die TI (Telematikinfrastruktur) und Nutzung der ePA verpflichtet (§ 341 Abs. 7 SGB V, § 348 SGB V) [sind]". Daher wird auch bei Krankenhäusern die TI-Pauschale gekürzt, wenn die Anwendungen nicht umgesetzt werden - allerdings frühestens ab dem zweiten Quartal 2026, wie Steiner anmerkt.