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Freisener Nachrichten
Ausgabe 1/2025
Kommunales näher gebracht
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Der Regenschauer

Gar herrlich war der Junitag

der Wald lag still zu Bergesfüßen,

am Bächlein klar zum Glockenschlag

zwei Liebende sich freundlich grüßen.

Gar scheu faßt er des Mädchens Arm,

er führt sie in den Wald hinein,

dem Mädchen wird´s gar wonnig warm,

wie schön kann doch die Liebe sein.

So denkt sie und er fühlt es auch,

doch sagen können sie es nicht,

das ist so hier des Landes Brauch,

man liebt erst heimlich, kommt´s ans Licht,

hat man ja wahrlich noch viel Zeit,

es frei und offen zu gestehen,

denn heimlich Lieb hat nie gereut,

und sie ist auch so himmlich schön.

Und wie so beide in Gedanken

die junge Lieb´ sie selig preisen,

da setzt der Himmel schon die Schranken,

die Wolken öffnen ihre Schleußen.

Doch das kommt just der Maid gelegen,

sie öffnet rasch den Regenschirm.

Vom Himmel kommt herab der Segen,

so lacht sie laut mit heller Stimm.

Gar eng umschlungen steh´n sie nun,

gezwung´nermaßen Wang´ bei Wange,

selbst Amor weiß nicht was sie tun,

der Regenguß, er dauert lange.

Doch viel zu kurz für diese beiden,

die wissen nun: des Lebens Freuden,

muß stets des Himmels naß begießen,

selbst Regenguß bei Sonnenschein,

kann diese Erdenzeit versüßen.

Gedichte von Walter Bier

(Briefbot Walter)

1967-68